Katharina Wolf
Ein neuer Klimawächter schwebt im All: Seit Ende November dokumentiert der Satellit Sentinel-6 Michael Freilich aus einer Umlaufbahn in rund 1.300 Kilometern Höhe den globalen Anstieg des Meeresspiegels, den Seegang und die Meeresströmungen in den Ozeanen.
„Durch die Mission wollen wir erfahren, wie sich der Meeresspiegel in Zukunft weiterentwickelt“, sagt Dr. Jörn Hoffmann, Programmleiter für das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Anhand der Satellitendaten lässt sich etwa beurteilen, ob politische Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels Wirkung zeigen und wie gut globale Klimamodelle die Entwicklung des Meeresspiegels vorhersagen.“
Derzeit steigt der Meeresspiegel um 3 Millimeter im Jahr
Aktuell steigt der Meeresspiegel weltweit laut DLR durchschnittlich um etwas mehr als drei Millimeter pro Jahr - Tendenz steigend. Etwa die Hälfte dieses Anstiegs wird auf die Effekte schmelzender Eisschilde und Gletscher zurückgeführt, der Rest durch die Wärmeausdehnung der Ozeane bei steigenden Temperaturen.
Außer dem Meeresspiegel hat Sentinel-6 den Seegang und die Meeresströmungen im Blick, um so Rückschlüsse auf den Wärmetransport in den Ozeanen zu erlauben. Warme Strömungen haben direkten Einfluss auf das globale Klima - so ist etwa der warme Golfstrom verantwortlich für das relativ milde Klima in Nordeuropa. Diese Informationen seien eine wichtige Eingangsgröße für Modellberechnungen zur Klimaentwicklung, heißt es vom DLR. Sämtliche Daten von Sentinel-6 werden für die Nutzer kostenfrei zur Verfügung stehen.
Satellit misst den Meeresspiegel auf wenige Zentimeter genau
Sentinel-6 beobachtet die Erde mit Hilfe von sechs wissenschaftlichen Instrumenten an Bord. Das Radar-Altimeter Poseidon-4, das Hauptinstrument des Satelliten, sei in der Lage, den Meeresspiegelanstieg bis auf wenige Zentimeter genau zu messen, so das DLR. Über längere Zeitreihen wird es so möglich, die langfristigen Änderungsraten im Zehntel-Millimeter-Bereich pro Jahr zu ermitteln.
Ein Mikrowellen-Radiometer, AMR-C, ermittelt den atmosphärischen Wasserdampf zwischen Erde und Satellit, um mit Hilfe dieses Wertes die Höhenmessungen von Poseidon-4 zu präzisieren. Weitere Instrumente dienen dazu, die Satellitenbahn genau zu bestimmen, denn die exakte Bahninformation ermöglicht es erst, die genaue Meeresspiegelhöhe zu erfassen. Ein Star-Tracker ermittelt die Position von Sentinel-6. Mit einem Radio-Okkultations-Empfänger werden Temperatur und Feuchtigkeit in den verschiedenen Atmosphärenschichten bestimmt.
Mission dauert bis 2025
Seit fast 30 Jahren messen laut DLR hochpräzise Satelliten-Altimeter die Höhe des Meeresspiegels als wichtigen Indikator des Klimawandels. Sentinel-6 Michael Freilich hat diese Aufgabe von dem im Januar 2016 gestarteten Jason-3-Satelliten übernommen und wird mindestens fünfeinhalb Jahre lang Umweltdaten sammeln. Der baugleiche Copernicus Sentinel-6B-Satellit soll im Jahr 2025 starten und die Messreihe ins nächste Jahrzehnt fortsetzen. Den Beinamen „Michael Freilich“ führt Copernicus Sentinel-6A zu Ehren des in diesem Jahr verstorbenen ehemaligen Direktors für die Erdwissenschaften bei der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA, um ihn und seine Verdienste um die Erdbeobachtung und die Satellitenbeobachtung der Meere zu würdigen.
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