Tilman Weber
Am 22. August hatte die Menschheit wieder einmal so viele natürliche Ressourcen verbraucht beziehungsweise so viele Schadstoffe erzeugt, wie es zur Bewahrung der Umwelt maximal pro Jahr erlaubt wäre. Der sogenannte Earth Overshoot Day lässt sich seit 1970 messen – und tritt von Jahr zu Jahr früher ein. Verbrauchte die Menschheit vor genau 50 Jahren noch etwa so viel Ressourcen, wie sie ihnen die Erde jährlich neu bereitstellen kann, hatte sie im vergangenen Tagen rechnerisch schon die jährliche Ressourcenbereitstellung von 1,75 Erden vertilgt. Aufgrund des Einbruchs der Weltwirtschaft und nicht zuletzt der Reisebeschränkungen zur Abwehr der weiteren Ausbreitung der Coronapandemie ist der Erdüberlastungstag in diesem Jahr aber um drei Wochen später als im Vorjahr eingetreten. Bis zum Jahresende wird daher gemäß den Berechnungen des Global Footprint Networks wohl der rechnerische Verbrauch von 1,6 Erden zu Buche stehen.
Ab sofort verbraucht die Weltgemeinschaft daher nun beispielsweise mehr Holz und stößt mehr für die Klimaerwärmung verantwortliches Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre aus, als Ressourcen nachwachsen oder die Natur wieder abbauen kann. Allein die CO2-Emissionen machen dabei rund 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit aus. Alleine eine Halbierung dieses Schadstoffausstoßes weltweit würde den Erdüberlastungstag um drei Monate nach hinten verschieben. Für den nun um drei Wochen späteren Eintritt des unheilvollen Stichtages war eine wegen der Coronapandemie um 14,5 Prozent reduzierte CO2-Belastung verantwortlich.
Seit 2011 stagniert der Ressourcenverbrauch gemessen an dem Stichtag auf dem viel zu hohen Niveau. Allerdings war der Stichtag in den vergangenen drei Jahren noch etwas früher eingetreten als in den Vorjahren und 2019 beispielsweise schon am 29. Juli erreicht worden. Und nach wie vor ist die Verantwortung für die mangelnde Nachhaltigkeit der Weltwirtschaft äußerst ungleich verteilt: Während es gemäß den Daten für 2019 schon fünf Erden für eine nachhaltige Entwicklung bräuchte, würden alle Menschen so viel verbrauchen wie die in den USA – und beispielsweise drei Erden bei einem Verbrauchsverhalten wie dem der Deutschen – würde ein weltweiter Lebensstil gemäß dem indischen Durschnitt mit 0,7 Erden auskommen. Dabei sind die USA vor Australien, Russland und dann Deutschland für den größten Pro-Kopf-Verbrauch verantwortlich.