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Auf gute Nachbarschaft

„Nachbarn sind die Prüfungsaufgaben, die uns das Leben stellt“, wusste bereits der französische Dramatiker Marcel Archand. Genau geprüft werden muss auch, wenn Windenergie- und Photovoltaikanlagen auf einer Fläche errichtet werden. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Die gemeinsame Nutzung von Wegen, Leitungen, Umspannwerken und des Netzverknüpfungspunktes verringert Kosten und steigert die Wirtschaftlichkeit. Der geringere Flächenverbrauch schafft mehr Akzeptanz.

Planungsrechtlich schlummert der Teufel allerdings im Detail. Denn Windenergieanlagen und Photovoltaik folgen unterschiedlichen planungsrechtlichen Vorgaben. Windenergieanlagen sind gem. Paragraf (§) 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) im Außenbereich privilegiert. Dies gilt für Photovoltaikanlagen nur sehr eingeschränkt in einem 200-Meter-Streifen längs von Autobahnen und Schienenwegen des übergeordneten Netzes (§ 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). In der Regel setzt die Genehmigung einer Photovoltaikanlage im Außenbereich daher einen Bebauungsplan voraus.Die Planung von Windenergieanlagen wird zudem durch die Raumordnung gesteuert. Wind-
energieanlagen sind künftig nur dann privilegiert, wenn sie in sogenannten „Windenergiegebieten“ liegen. Mit der Auswahl dieser Gebiete erfüllen die Bundesländer ihre Pflicht nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz, wonach sie einen prozentualen Anteil ihrer Landesfläche für die Windenergie an Land ausweisen müssen. Hierbei handelt es sich um Gebiete, in denen gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 Raumordnungsgesetz (ROG) andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen ausgeschlossen sind, soweit diese mit der vorrangigen Windenergienutzung nicht vereinbart werden können. Um den Vorrang gegenüber der kommunale Planungshoheit zu sichern, bestimmt § 1 Abs. 4 BauGB, dass Bauleitpläne der Kommunen Zielen der Raumordnung anzupassen sind.

Raum für PV-Nutzung und Windenergie

Ob Photovoltaik mit der vorrangigen Windenergienutzung vereinbar ist, hat die Rechtsprechung bisher soweit ersichtlich nicht entschieden. In der Praxis gibt es vereinzelt Stimmen, die Photovoltaikanlagen in Vorranggebieten für die Windenergie als unzulässig ansehen (so die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, „Großflächige Photovoltaikanlagen im Außenbereich – Hinweise für die raumordnerische Bewertung und die baurechtliche Beurteilung“). Dieser pauschale Ausschluss dürfte indes nicht gerechtfertigt sein. Denn aufgrund der technisch erforderlichen Abstände zwischen Windenergieanlagen bleibt Raum auch für andere Nutzungen. Entscheidend ist, dass der Vorrang dauerhaft sichergestellt wird. Was dabei zu beachten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Kann die Planung auf einer Weißfläche begonnen werden, lässt sich von vornherein in einem Parklayout definieren, wo die Standorte für Windenergieanlagen und die PV-Module liegen, die dann entsprechend im Bebauungsplan festgelegt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i.V.m. § 23 Baunutzungsverordnung – BauNVO).

Stehen die Windenergieanlagen bereits, muss deren Repowering und eine mögliche Standortveränderung einkalkuliert werden. Für diesen Fall kommt – bezogen auf einzelne „Baufenster“ der Photovoltaikanlage – eine Befristung auf der Grundlage von § 9 Abs. 2 BauGB in Betracht. Danach kann im Bebauungsplan in besonderen Fällen u.a. festgesetzt werden, dass bestimmte bauliche und sonstige Nutzungen nur bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig sind. Planerische Details sollten dabei frühzeitig mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden, um Lösungswege zu adressieren. 

Autor
Jan Thiele, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner der Kanzlei Dombert Rechtsanwälte in Potsdam

Foto: DOMBERT

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