Die Schreiben des Denkmalschutzes sind gefürchtet. Das Amt argumentiert oft zunächst kunsthistorisch und juristisch und legt auf der Basis fest, ob man auf oder neben einem denkmalgeschützten Haus Solarenergie installieren darf. Eine rein juristische Entgegnung reicht darum meist nicht aus. Für das Projekt muss man kunsthistorische Argumente bringen. Nehmen wir den Fall eines typischen Schlosses aus der Zeit nach 1815, der Restauration. Der Eingriff der gewünschten PV-Anlage zerstöre, so argumentiert das Amt, dieses schützenswerte Gut.
Wandel gehört dazu
Doch das „Gut“ war nie statisch. Es hat sich in den Zeiten ständig verändert. In der industriellen Revolution wurde in unserem Schloss eine große Industrieanlage gebaut. Das Denkmal wie seine Umgebung wurden extrem verschmutzt, teils beschädigt. 40 Jahre später rechnete sich der Textilbetrieb nicht mehr – das Denkmal war „unwiederbringlich“ entstellt. Und nach dem Abriss der Industrieruine baute man in den 1960er Jahren einen Anbau zur touristischen Nutzung an das Schloss, außerdem wurde der Park für die Autos der Besucherinnen und Besucher planiert. Nach der Wende wurde alles in seinen ursprünglichen Zustand zurückgesetzt.
Was heißt das für den jetzt geplanten Eingriff? Angesichts der tatsächlichen Historie ist der jetzt anstehende „Eingriff“ durch die Installation einer Solaranlage von seinem historischen Gewicht her nicht denkmalrelevant! Denn der Betrieb der Anlage ist zeitlich auf 20 bis 25 Jahre begrenzt. Allgemein historisch und auch denkmalspezifisch fällt solch ein Eingriff angesichts der vielen historischen Umwandlungen nicht ins Gewicht. Der Blick in die Geschichtsbücher kann die Stimmung vor Gericht schon stark zugunsten des Solar-Bauherren verändern. Wer lange genug als Anwalt tätig ist, der weiß, wie viele Verfahren nach Bauchgefühl entschieden werden. Und angesichts von Energiewende und kriegsbedingtem Energiebedarf ist eine gewisse optische Beeinträchtigung denkmalschutzseitig kunsthistorisch zu vernachlässigen.
Erst bauen oder fragen?
Und wenn nicht, dann geht es um die Frage, ob die Dach-PV Anlage durch ein Baugenehmigungsverfahren laufen muss oder nicht. In den allermeisten Bundesländern sind Dach-PV-Anlagen genehmigungsfrei. Dennoch müssen Bauvorschriften und Vorgaben eingehalten werden. So muss die Statik beachtet und die Blendwirkung für den Nachbarn vermieden werden.
Wenn das gegeben ist, stehen die Planerinnen und Planer vor der Frage: Soll man erst die Denkmalschutzbehörde anfragen oder ohne Anfrage bauen? Das ist eine Geschmacks- und Risikofrage. Ich persönlich rate oft: Bauen. Denn die Denkmalschutz-Gesetze der meisten Bundesländer enthalten inzwischen einen ausdrücklichen Vorrang der erneuerbaren Energien. In der Rechtsprechung ist dies auch ohne landesgesetzliche Grundlage anerkannt. Und es kommt auch nicht darauf an, ob diese eine Solaranlage für die Energiewende quantitativ entscheidend ist oder nicht. Mehrere Obergerichte haben inzwischen entschieden, dass die Frage der quantitativen Relevanz der einzelnen Anlage und ihres Beitrages zur Energiewende kein Kriterium gegen ein Vorhaben sind.
Bei der richtigen historischen Einordnung des Denkmalschutzes steht der temporäreren Solaranlage also nichts entgegen. Klimaschutz und Energiewende gehen vor.