Die Solarthermie geht in die nächste Generation. Lange wurde die Markteinführung des Kunststoffkollektors debattiert. Jetzt gehen gleich zwei Projekte an den Start. In Mortensrud bei Oslo haben Solarteure im Rahmen des europäischen Verbundprojekts Solar Collectors Made of Polymers (SCOOP) die ersten Plastekollektoren auf norwegische Hausdächer gebaut. Auf jedes Dach der 34 Reihenhäusern in der neuen Siedlung Stenbråtlia wurden jeweils 14 Quadratmeter Vollkunststoffkollektoren aus extrudierten Doppelstegplatten verbaut. Sie decken immerhin 62 Prozent des Gesamtverbrauchs für Heizung und Warmwasser der Bewohner. Überschüssige Wärme wird in einem 800-Liter-Tank gespeichert. Der Betrieb der Raumheizung erfolgt durch eine Fußbodenheizung auf Wasserbasis.
Der Plastekollektor hat klare Vorteile
Die Systeme sind nicht nur preiswert und ästhetisch, sondern auch leicht. Das macht die Installation im Vergleich zu den schweren Kollektoren aus Aluminium und Kupfer einfacher – ein weiterer Vorteil der Kunststoffbauweise. Entwickelt hat den Kollektor ein Forschungskonsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Die Kollektoren wurden dann auf den Produktionslinien des norwegischen Herstellers Aventa produziert. „Mit den Solaranlagen in Stenbråtlia können wir demonstrieren, dass sich Ästhetik und Kosteneffizienz nicht ausschließen“, sagt Michael Köhl, Teamleiter am Fraunhofer ISE und Leiter des SCOOP-Projektes. „Im Gegenteil, die Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich Kunststoffmaterialien für den Bau von zukunftsweisenden Solarkollektoren sehr gut eignen. Dies können wir nun auch in der Praxis nachweisen.
Probleme gelöst
Lange standen einige ungelöste Probleme der Massenfertigung von Kunstoffkollektoren im Wege. Das größte dieser Probleme war, ein geeignetes Polymer zu finden, das auf der einen Seite preiswert ist und auf der anderen Seite den hohen Temperaturen im Kollektor standhält. Mit den jetzt installierten Kollektoren sind diese Probleme gelöst. Die Mustersiedlung für energieeffizientes Bauen ist inzwischen ein Vorzeigeprojekt für die Solar- und Baubranche, das mit den integrierten Kunststoffkollektoren den Wünschen von Architekten und Bauherren gerecht wird. „Die Siedlung demonstriert, dass gutes Raumklima, erneuerbare Energien und Design erfolgreich miteinander verbunden werden können“, sagt Egil Wahl, Projektleiter bei OBOS. Das Unternehmen hat die Reihenhäuser in der neuen Siedlung. Für den Architekten Hans Dahl, der die Siedlung entworfen hat, steht sie für die Zukunft nachhaltiger Bauprojekte, in denen Solarkollektoren mit der Gebäudehülle verschmelzen und so neben den energetischen Vorteilen auch einen visuellen Anreiz für die Bewohner bieten. Seiner Meinung nach ist es unerlässlich, dass Solarkollektoren ästhetisch in die Gebäude integriert werden.
Kollektoren für alle Klimazonen
Auch der österreichische Entwickler des Eine-Welt-Kollektors, der komplett aus Kunststoff besteht, hat nur endlich die erste Pilotserie gezeigt. Auf der Fachmesse für Kunststoffverarbeitung Fakuma in Friedrichshafen haben die Österreicher am Stand von Fill Metallbau aus dem österreichischen Hohenzell die Kollektoren so gezeigt, wie sie demnächst tatsächlich auf den Markt kommen. „Mit unserem vollständig aus Kunststoff bestehenden Kollektor werden einige visionäre Thesen der Innovationscharta zur weltweiten Revolution der Solarthermie Wirklichkeit“, betont Robert Buchinger, Geschäftsführer von Sunlumo. Der Eine-Welt-Solar-Kollektor aus polymeren Werkstoffen ist leicht und einfach zu montieren und zu recyceln. Außerdem ist er beständig gegen thermische und klimatische Einflüsse und unterstützt die Warmwasseraufbereitung sowie Heizungsanlagensysteme.
Fünf Jahre Arbeit
Mehrere Jahre Entwicklungsarbeit stecken in dem Kollektor. „Unser Ziel war ein massenfähiger, voll automatisch produzierbarer und günstiger Kunststoffkollektor“, betont das Unternehmen. Vor füpnf Jahren hat die Entwicklungsarbeit begonnen. Vor drei Jahren wurde der Kollektor erstmals vorgestellt. Danach hat Sunlumo mehrere Jahre lang einen Industriepartner gesucht, der die Kollektoren herstellt. Jetzt geht der Kollektor endlich in die Massenfertigung. Mit einer vollautomatischen Produktionsanlage werden im Jahr etwa 500.000 Kollektoren hergestellt, betont das Unternehmen im österreichischen Perg. „Das große Interesse an unserer Arbeit hat uns immer wieder bestärkt, dass wir in der richtigen Richtung unterwegs sind“, erinnert sich Buchinger. (Sven Ullrich)