Vor sechs oder sieben Jahren noch war das Thema Ökostrom in aller Munde. Bürger wurden ermutigt, den Stromanbieter zu wechseln und damit ein klares Bekenntnis zu erneuerbaren Energien und der Energiewende abzugeben. Diese Diskussion ist aus den Medien längst verschwunden. Kürzlich erklärte ein Referent im Rahmen einer Podiumsdiskussion, heute seien Speicher und Autarkie das große Thema. Ökostrom sei dagegen nicht mehr sexy. Wilfried Gillrath, Vorstand der Lichtblick Holding AG in Hamburg, erklärt auf die Frage, ob Ökostrom ins Vergessen geraten ist: "Die Menschen sehen viele Windenergie- und Solaranlagen, wenn sie durchs Land fahren. Sie denken einfach, dass jetzt alles irgendwie Ökostrom ist." Dabei ist das keinesfalls so. Zwar bieten die meisten Stromanbieter einen vermeintlich nach Ökostrom klingenden Tarif an, aber die Spreu muss hier vom Weizen getrennt werden. Was klingt sauber, ist aber schmutzig? Ein Beispiel aus dem Ausland: In Staaten wie Großbritannien oder den USA läuft Atomkraft unter der Marke Clean Energy - weil Atomkraft weniger CO2 freisetzt. Ein ernstzunehmender Ökostromanbieter würde Atomkraft dagegen nicht als saubere Energiequelle bezeichnen. Und es bringt die Energiewende auch keinen Schritt weiter, wenn der Strom aus 20 Jahre alten Wasserkraftwerken in der Schweiz bilanziell zugekauft wird. Wer Ökostrom kauft, der will idealerweise, dass durch seinen Kauf der Ausbau dezentraler, regionaler, sozialer Regenerativprojekte vorangetrieben wird.
Das Online-Portal www.revolution-energy.com bietet Besuchern der Website an, den passenden Ökostromtarif mit wirklich sauberem Strom passend zum jeweiligen Kunden herauszusuchen. Tom Cusack, Gründer von Revolution Energy, erklärt bei der Vorstellung der Plattform im Tesla-Flagshipstore in Hamburg: "Für das neue Tesla-Modell gibt es annähernd eine halbe Million Vorbestellungen. Das belegt, dass das Auto für einen breiten Markt attraktiv ist." Auch der Ökostrommarkt sei für ein breites Publikum attraktiv. Sämtliche Tarife der von Revolution Energy ausgewählten Stromanbieter würden dabei unter den Tarifen konventioneller Stromanbieter liegen. Das Vergleichsportal habe eine strenge Vorauswahl getroffen: Wieviel wird wirklich in erneuerbare Energien investiert? Die Plattform habe über 1.000 Anbieter von Ökostromtarifen geprüft. Ergebnis: "Nur wenige halten das Versprechen." Zu denen, die die Kriterien erfüllen und die Website unterstützen, gehören neben Lichtblick auch Bürgerwerke, DZ-4, Entega, Greenpeace Energy, Hamburg Energie, Polarstern und Wemag.
In kleiner Runde diskutieren die Ökostromanbieter über verschiedene Themen wie Speicher, Schwarmspeicher, Bürgerenergie vor dem Hintergrund nahender Ausschreibungen, über die EEG-Umlage und über Netzentgelte. Caspar Baumgart, Geschäftsführer der Wemag mit Sitz in Schwerin, erzählt, sein Unternehmen habe 200 Millionen Euro in den Ausbau regionaler Netze gesteckt. "Unsere Kunden hätten wir schon zweimal mit EEG-Strom versorgen können. Aber die Bürger haben dort auch die Kosten", gibt er zu bedenken. Wemag- Kunden müssten vier Cent höhere Netzentgelte zahlen als Hamburger Stromkunden. Er schlägt bundesweit einheitliche Netzentgelte vor, fügt aber gleich an, diesen Vorschlag müsse man gar nicht machen, weil die Gegenwehr aus Süddeutschland zu groß sei. (Nicole Weinhold)