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Regionalplanung

Brandenburg-SPD will Windparkbau einhegen

Die Irritationen über die Initiative des SPD-Landesvorstandes reichen weit: Sogar das bei Energiewendepolitikern wohl am heftigsten kritisierte Instrument gegen einen angeblich unbegrenzten Windkraftausbau, die bayerische 10-H-Regelung, schrecke manche brandenburgischen Sozialdemokraten nicht, berichtete die Regionalzeitung MOZ ( Märkische Oderzeitung): Will doch eine Bürgerinitiative gegen den Windkraftausbau im Land, die sich „Rettet Brandenburg“ nennt, heute eine Liste von 30.000 Unterschriften für eine solche Regelung vorlegen. Mit ihr nahm Bayern im vergangenen Sommer alle Flächen vom Zubau neuer Windparks aus, die nicht mindestens den zehnfachen Abstand der Gesamthöhe der Windenergieanlagen zu den nächstgelegenen Siedlungen halten können. Bei heutigen modernen Windkraftanlagen erhöhen sich damit die Mindestabstände auf zwei Kilometer. Damit stehen in dem bäuerlich zersiedelten süddeutschen Bundesland fast alle bisherigen Windenergieplanungen auf der Kippe. In Brandenburg gilt hingegen die Mindestabstandsvorgabe von 1.000 Meter.

Die landespolitischen SPD-Führungspolitiker in Potsdam wollen nun erklärtermaßen auf Widerstand von Bürgern gegen weitere Turbinenfelder mit einer Überprüfung der bisherigen politischen Windenergieplanung reagieren. Man wolle dem Wahlvolk „ein klares Signal (geben, Ergänzung der Red.), um die Akzeptanz der Windenergie in Brandenburg zu sichern“, schreibt SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz an die Adresse der Wähler auf der SPD-Homepage. Auch in der SPD hätten sich schon Sympathiesanten der Forderung nach einer 10-H-Regelung geoutet, verriet die Märkische Oderzeitung  am Dienstag vage, wohl um die Anonymität solcher Stichwortgeber zu wahren. Die Regionalzeitung schränkt aber auch ein: „Im Vorstandsbeschluss ist davon jedoch keine Rede“.

Mehr Bürgerbeteiligung, Zwei-Prozent-Ziel für Landesfläche auf dem Prüfstand

Tatsächlich hat der Landesvorstand nun in einer gemeinsamen Beratung mit der SPD-Fraktion im Landtag beschlossen, insbesondere das Ziel der Bereitstellung von zwei Prozent der Landesfläche für den Windparkausbau zur Disposition zu stellen. Außerdem will der Landesvorstand erreichen, dass die Windturbinen mit sogenannten bedarfsgerechten Befeuerungsanlagen ausgerüstet werden: neu entwickelte Warnblinkleuchten auf den Anlagen zur Vermeidung von Kollisionen mit Flugzeugen oder Hubschraubern. Sie springen mittels einer Radartechnologie nur noch bei tatsächlich näher kommenden Fliegern an statt die Anwohner mit nächtlichem Dauerlicht zu nerven. Zudem solle nach dem Vorbild einer Gesetzes-Initiative der SPD-CDU-Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern eine bessere Beteiligung von Kommunen und Bürgern am Profit der Windkraft geregelt werden.  Ein Akzeptanzfonds solle Windkraftkommunen Geld dafür zukommen lassen, um mit selbst gewählten „Maßnahmen“ mehr Akzeptanz bei den Bürgern zu erreichen. Außerdem will die SPD-Führung für bundesweit gleiche Netzentgelte und eine bessere Synchronisierung von Netz- und Turbinenausbau  eintreten sowie neue Stromspeicherkapazitäten fördern.

Diesen Forderungen hat die SPD-Führung allerdings eine Anpassung der Regionalplanungsregeln als erste der damit sieben Zielsetzungen vorangestellt. „Wir setzen bei der Steuerung des Ausbaus der Windenergie weiter auf die Regionalplanung“, heißt es in dem Sieben-Punkte-Plan. „Die ... Verfahren werden weiterentwickelt“, um künftig auch kleinere Kommunen an den Standortentscheidungen der Windkraftprojektierer zu beteiligen.

Angst vor "Eindämmung"

Die SPD-Initiative weckt bereits Ängste in der Erneuerbare-Energien-Szene vor einer weitreichenden  Eindämmung der Windkraft im Land: „Erst neue Tagebaue durchwinken, dann den Ausbau der Windenergie in Frage stellen“, schreibt das Online-Nachrichtenportal Klimaretter mit Verweis auf den von Potsdam unlängst ausgeweiteten Braunkohlenabbau zur Stromerzeugung.  Der SPD- Fraktionschef Klaus Ness dürfte zusätzliches Öl ins Feuer gegossen habe, als er sich hierzu zitieren ließ: „Es gibt eine breite Bewegung gegen Windenergie, die ist wahrscheinlich quantitativ größer als die gegen Braunkohle.“ Die Grünen im Landtag kritisieren, der Beschluss komme zur Unzeit und verunsichere die Regionalplaner beim Ausweisen neuer Windflächen. Dabei verweist die Umweltschutz-Partei auf die Tatsache, dass zwei der regionalen Planungsverbände sich gerade noch in der Aufstellung neuer Flächenpläne für neue Windparks befinden und die übrigen drei sogar erst in der vorbereitenden Ermittlung möglicher Eignungsflächen stecken.

„Wir sind fast alle direkt gewählte Abgeordnete“, erklärt ein Fraktionssprecher eine besondere Motivation der SPD. Diese müsse damit erst Recht auf wachsende Besorgnis in der Bevölkerung vor einem zu massiven Ausbau der Windenergie sensibel reagieren, so sein Argument. Explizit nennt die SPD-Generalsekretärin derweil steigende Strompreise durch den Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Angst um eine Zerstörung der Landschaft als nach Meinung der SPD berechtigte Anliegen.

Ziele der Energiestrategie "nicht grundlegend reduzieren"

Allerdings erteilt die SPD Gerüchten auf Anfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN eine eindeutige Absage, sie könne sich sogar der Bürgerforderung nach neuen Abstandsregeln nachgeben:  Der Verweis zur Steuerung der Turbineninstallationen weiter auf den Regionalplan zu setzen, sei als Antwort darauf gemeint, heißt es sowohl in Fraktion als auch Vorstand. Ja, es habe Stimmen in der Fraktion für strenge Abstandsregelungen gegeben, sagt der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Ralf Holzschuher. Aber mit dem Beschluss die Regionalpläne anzupassen, sei die Diskussion darüber abgeschlossen. Zudem gäbe es eindeutige Beschlüsse des Landtags, eine 10-H-Regelung nicht einzuführen, ergänzt der Landesvorstand.

Der Vorstandsbeschluss sieht nun vor, die „Energiestrategie 2030“ genannten Ziele der Landesregierung bis 2016 überprüft zu haben. Zu diesen gehört insbesondere eben die Ausweisung von zwei Prozent Landesfläche für Windkraft. Die SPD-Fraktion wolle die Ziele des Vorstands bereits parallel mit der Arbeit auch an Gesetzesinitiativen  im Landtag begleiten, sagte Fraktionschef Holzschuher. Dank inzwischen höherer und leistungsstärkerer Windenergieanlagen könne mit weniger Fläche ein deutlich höherer Windstromertrag erreicht werden, als von den Autoren der Energiestrategie ursprünglich angenommen.

Wie genau sich die SPD weiter an die Ziele der Energiestrategie 2030 halten will, lassen die Sozialdemokraten auf Nachfrage dennoch offen: „Wir  werden diese Ziele nicht grundlegend reduzieren“, betont Holzschuher, „und am Ziel, eines Tages 100 Prozent Versorgung mit erneuerbaren Energien zu erreichen, festhalten“.

(Tilman Weber)