Die Energiewende aktiv mitgestalten – das kann man auch ohne viel Geld. Die Gemeinden Schuttertal, Ettenheim und Seelbach aus dem Südschwarzwald werden zusammen mit der Energiegenossenschaft Ettenheim einen Anteil von 51 Prozent zum Stammkapital von 100.000 Euro für den Bau eines Windparks mit sieben Anlagen beisteuern. Die gesamten Projektkosten liegen bei 36 Millionen Euro. Die 51.000 Euro der Südschwarzwälder sind also nur ein winziger Anteil. Aber dieser reicht aus für ein optimales Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht.
Wie fing alles an? Die Standortgemeinden Ettenheim, Schuttertal und Seelbach haben sich im Jahr 2011 entschieden, ein Windparkprojekt in ihrer Region anzustoßen. Die auf Initiative von Bürgermeister Bruno Metz im Juni 2011 gegründete Energiegenossenschaft in Ettenheim war ebenfalls von Anfang an bei den Planungen dabei. In den Verhandlungen mit potenziellen Projektentwicklern zur Umsetzung des Windparks hat sie sich für die optimale Einbindung von Bürgern und Kommunen eingesetzt. Mehr als 140 ortsansässige Mitglieder haben bisher Einlagen in Höhe von knapp 200.000 Euro eingebracht.
2012 fiel die Wahl auf die Green City Energy AG als Windparkplaner. Als Tochter einer gemeinnützigen Umweltschutzorganisation steht der bayerische Mittelständler für eine dezentrale Energiewende in der Hand der Kommunen und ihrer Bürger und überzeugte die Gemeinden mit ihrem Eigentümermodell.
Mehrheiten werden abgegeben
Nun wird der Windpark Südliche Ortenau, so der Name, über ein Darlehen zu 70 Prozent über Banken und zu 30 Prozent über private Investoren finanziert. Letztere können sich aktuell über eine festverzinsliche Anleihe, die mehrere Projekte von Green City Energy beinhaltet, oder später auch über eine direkte Anleihe an dem Windpark beteiligen. Das Besondere an der Finanzierung: Eigentum und Finanzierung sind hier entkoppelt. Das bedeutet, das Eigenkapital der Anleger wird über einen festgelegten Zeitraum von 20 Jahren verzinst und im Anschluss wieder ausbezahlt. Der Besitz jedoch verbleibt bei den Kommunen, der Genossenschaft und Green City Energy. 49 Prozent der Gesellschaft übernimmt Green City Energy in das finanzielle Bürgerbeteiligungsmodell Kraftwerkspark II. Die Standortgemeinden sowie die Genossenschaft haben jedoch die Option, mit 51 Prozent die Mehrheit der Betreibergesellschaft zu übernehmen und so nach Rückzahlung des Kapitals an Bank und Anleger auch von den Stromerlösen ihres Windparks zu profitieren.
Diese Eigentümerstruktur war es auch, die die Gemeinden von dem Projekt überzeugte. „Durch das Anleihenmodell haben wir die Finanzierung vom Eigentum entkoppelt, sodass die Kommunen zusammen mit der Genossenschaft die Möglichkeit haben, als Mehrheitseigner der Betreibergesellschaft einzusteigen“, sagt Jochen Sautter, Leiter des Projekts bei Green City Energy. Und das zu einem Tarif, den sich die Gemeinden leisten können. Die drei Kommunen haben durch diese Eigentümerstruktur optimale Mitspracherechte. Künftig werden sie auch einen der zwei Geschäftsführer stellen. Der Bau der sieben Anlagen vom Typ GE2.5-120 soll im Frühjahr 2015 beginnen. Die Genehmigung für den Bau des Windparks wird im ersten Quartal 2015 erwartet. Sobald sie vorliegt, beginnen die ersten bauvorbereitenden Maßnahmen. Geplante Inbetriebnahme ist Anfang 2016. Insgesamt soll der Windpark 42 Gigawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Diese Strommenge würde ausreichen, um knapp 30 Prozent des gesamten jährlichen Strombedarfs der drei Standortgemeinden zu decken.
Ersatzwohnungen für Fledermäuse
Die Projektplanung hat die Interessen der Gemeinden bereits berücksichtigt: Statt des vorgeschriebenen Mindestabstands von 700 Metern sieht das Parklayout nun Mindestabstände von 1.000 Metern nach Dörlinbach-Oberrain beziehungsweise 1.600 Metern bis Dörlinbach Ortsmitte und 2.300 Metern bis Schuttertal vor. Auch die Ausgleichsmaßnahmen für das Abholzen der Waldfläche, auf der der Windpark entsteht, sind erheblich. „Für das Braune Langohr, eine dort auftretende Fledermausart, werden wir 180 Kästen als Angebot für Ersatzbehausungen aufhängen und eine große Waldstilllegungsfläche anbieten“, sagt Vorstand Jörg Bold von der Ettenheimer Bürgerenergie.
Fest steht: Der Windpark Südliche Ortenau ist ein Musterbeispiel in zweierlei Hinsicht. Die Bürgerinteressen wurden in großem Maß berücksichtigt. Gleichzeitig ist es den Gemeinden aber auch gelungen, die finanzielle Beteiligung überschaubar zu halten.
Das Projekt in Zahlen
Standort: Südschwarzwald
Projekt- und Baubeginn: 2011/Frühjahr 2015
Geplante Investition: 36 Millionen Euro
Eigentümer: Green City Energy, Genossenschaft, Gemeinden Ettenheim, Seelbach, Schuttertal
Finanzierung: Anleihefonds
Spitzentrumpf: 51 Prozent Unternehmensanteile für Kommunen und Genossenschaft
Anlagentyp: GE2.5/120
Nabenhöhe: 139 Meter
Anzahl Anlagen: 7
Stromproduktion: 42 Gigawattstunden jährlich
Hürde: Fledermaus Braunes Langohr
Ausgleich: 180 neue Fledermauskästen
Helen Wolfgramm