Tilman Weber
Nach Abschluss der Turbinenerrichtungen im bisher weltgrößten Offshore-Windpark Hornsea One vor der nordenglischen Nordseeküste und während der hier noch anhaltenden Netzanschlussarbeiten zeichnen sich die nächsten GW-Projekte der Windbranche ab. Wie Windenergieanlagen-Hersteller Siemens Gamesa nun bekannt gab, hat das US-amerikanische Windparkprojektierungs-Unternehmen Dominion Energy den deutsch-dänisch-spanischen Windkraftkonzern zum bevorzugten Lieferanten für einen bis zu 2,64 GW großen Windpark vor dem Ostküsten-Bundesstaat Virginia bestimmt.
US-Bundesstaat Virginia erwartet 2,6 GW-Windpark bis 2026
Demnach würde der Anlagenhersteller die von ihm gefertigten getriebelosen Turbinen voraussichtlich 2026 installieren. Wie viele Anlagen mit welcher maximalen Nennleistung aber Dominion Energy für sein Dominion Energy Virginia Offshore Wind Project kaufen werde, stehe noch nicht fest. Derzeit bringt Siemens Gamesa eine neue Anlage mit 193 Meter Rotordurchmesser und elf Megawatt Nennleistung auf den Markt.
Die Ernennung zum bevorzugten Lieferanten ist eine in der Windparkprojektierung übliche Frühfestlegung von Projektierern und Investoren auf eine Turbinentechnologie und auf den Hersteller der Anlagen für den geplanten Windpark. Nach vorausgegangenen ersten Verhandlungen legen sich damit Projektierer und Turbinenbauer auf eine weitere gemeinsame Entwicklung des Projekts fest und beginnen konkretere Planungen beispielsweise zum Windparkdesign oder zur Gewährleistung von ausreichend Produktionskapazitäten. Ob es dann zur tatsächlichen Lieferung und Errichtung der Anlagen kommt, hängt allerdings vom weiteren Erfolg der beginnenden Zusammenarbeit und einer abschließenden Investitionsentscheidung ab. Sie erfolgt häufig erst Jahres später kurz vor Start der ersten Bauarbeiten am Meeresgrund und ebenfalls zeitnah vor dem Start der Anlagenproduktion. Der von Dominion Energy anvisierte Windpark im Atlantischen Ozean ist das bisher größte bekannte Offshore-Windkraftprojekt der USA und würde womöglich zum Bau des zu diesem Zeitpunkt größten Offshore-Windparks weltweit führen.
Zwei-GW-Windpark-Cluster vor Großbritannien ab 2022
Allerdings plant die Branche bereits weitere GW-Projekte, die nun zu Jahresbeginn konkretere Umrisse erkennen lassen. Welches Projekt zum nächsten weltgrößten Windpark auf See führt, dürfte dann von der Definition der Windparkgröße abhängen. So hat Hornsea One eine Erzeugungskapazität von bereits 1,2 GW. Doch Investor und Projektierungsunternehmen Oersted aus Dänemark plant in unmittelbarer Nachbarschaft bereits die nächste Ausbaustufe Hornsea Two bis 2022 mit weiteren fast 1,4 GW sowie bisher ohne ein Ausbaudatum sogar Hornsea Three mit 2,4 GW. Dabei befindet sich der dritte Hornsea-Bauabschnitt noch in der Genehmigungsphase, nachdem die Genehmigungsbehörde ihre Entscheidung zuletzt von Ende 2019 auf Ende März 2020 verschoben hatte. Schon 2022 werden die ersten beiden Hornsea-Windkraftfelder zusammengenommen – wenn die Bauarbeiten nach den Plänen erfolgen – die nun vor den USA angekündigte 2,64-GW-Windparkkapazität nur knapp verfehlen. Und ein Jahr später soll 2023 der erste Teilwindpark des in drei Bauabschnitte gegliederten Areals Dogger Bank mit 1,2 GW die Einspeisung beginnen. Die hier investierenden Unternehmen SSE aus Schottland und Equinor aus Norwegen - ein Ölkonzern - wollen durch Dogger Bank ein Windkraft-Cluster 130 Kilometer vor der nordenglischen Küste mit 3,6 GW entstehen lassen.
GW-Felder auch vor Australien, Schottland und in osteuropäischer Ostsee
Deutlich früher könnte indes vor der australischen Südostküste der Zwei-GW-Windpark Star of the South entstehen. Sogar noch in diesem Jahr könnten hier die Bauarbeiten beginnen. Allerdings muss die Regierung als Gesetzgeber noch den Rahmen für eine wirtschaftliche Windenergienutzung auf dem Meer schaffen. Nun hat die Regierung eine zweimonatige Abstimmungsphase ausgerufen, die von 3. Januar bis 28. Februar gilt. In dieser Zeit können die Parteien noch Vorschläge für die geplante Rahmengesetzgebung einbringen. Projektierer des Vorhabens in der Tasmanischen See sind das australische Unternehmen Offshore Energy sowie das erneut dänische Investment-Unternehmen Copenhagen Infrastructure Partners (CIP).
Und Ende Dezember hatte bereits die Regierung des nördlichsten der drei baltischen Staaten ein zwischenzeitlich angehaltenes Ein-GW-Projekt wieder neu auf die Spur gebracht. Das Projekt gehört einem Tochterunternehmen des staatlichen Energiekonzerns Eesti Energia. Die Planungen waren nach einer Änderung in der rechtlichen Einschätzung durch Genehmigungsbehörden und Politik zum Stillstand gekommen. Ende Dezember startete die estnische Regierung aber das Baugenehmigungsverfahren. Bis zu 160 Turbinen sind für das Projekt in der östlichen Ostsee vorgesehen. Nur ist das geplante Fertigstellungsdatum noch recht vage. „Noch vor 2030“ soll der Windpark fertig sein. Wenig konkreter sind die öffentlich bekannten Planungen zudem für einen Gigawatt-Windpark in Schottland. Auch aus Polen, wo Vorbereitungen für drei Windparks und darunter zwei Gigawatt-Vorhaben stattfinden, ist nur das bisher politisch gewünschte Zieljahr 2030 bekannt, in dem spätestens alle drei Projekte in Betrieb sein sollen.