Äußerungen der großen Industrienationen dieser Welt zum Thema Klimawandel finden heute grundsätzlich eine gewissen Aufmerksamkeit. So auch die Feststellung des US-Präsidenten bei einer Konferenz in Anchorage in Alaska, die Welt müsse beim Klimaschutz schneller handeln und die USA würden entsprechend ihrer Rolle Verantwortung übernehmen. Barack Obama forderte die Teilnehmer der Klimakonferenz im Dezember in Paris auf, sich auf eine Vereinbarung zum Schutz der Erde zu einigen.
Allerdings gab eine US-Behörde grad Shell die letzte fehlende Erlaubnis - trotz heftigem Widerstand von Naturschützern - in der Arktis nach Öl zu bohren. In der Arktis sollen Schätzungen zufolge etwa 22 Prozent der weltweit noch unentdeckten Gas- und Ölvorräte schlummern - allein rund 90 Milliarden Barrel Öl. Die Behörde gab im Mai grünes Licht, verbot Shell aber, in tiefere ölführende Schichten unter dem Meer vorzudringen, weil noch ein Schiff fehlte, das zur Verhinderung einer Ölpest den Bohrschacht hätte schließen können. Mit der Ankunft dieses Schiffes hob die Behörde nun ihr Verbot für einen der Schächte auf. Der Konzern hat damit die erforderlichen Auflagen erfüllt.
Shell hatte 2012 weltweit Aufmerksamkeit erregt, als im Laufe einer Pannenserie eine Bohrinsel in der Arktis strandete und bei behördlichen Tests erhebliche Mängel an Shells Sicherheitsausrüstung festgestellt wurden. In diesem Jahr will der Ölkonzern nun also vor die Küste Alaskas zurückkehren, um Probebohrungen in der Tschuktschensee durchzuführen.
Arktische See 2030 eisfrei
Umweltschützer sind nicht ohne Grund alarmiert. Nirgends sind die Folgen der globalen Erwärmung so spürbar wie in der Arktis. Klimaforscher befürchten, dass die arktische See schon im Jahr 2030 das erste Mal komplett eisfrei sein könnte. Ein Teufelskreis: Durch den Rückgang der Eisdecke kann die Ölindustrie in bisher unerreichbare Gebiete vordringen. Neben dem fortschreitenden Klimawandel durch das Verfeuern zusätzlichen Öls aus der Arktis gibt es auch ein großes Risiko für die Umwelt. Erfahrungen mit der Ölförderung an Land in Russlands Arktisregion zeigen: Bereits heute gelangen jedes Jahr 300.000 bis 500.000 Tonnen russisches Öl über die Flüsse in die arktischen Gewässer. Deepwater Horizon ist dagegen harmlos: 2010 entwichen nach der Explosion der Bohrplattform einmalig rund 670.000 Tonnen. Verantwortlich für die kathastrophale Verschmutzung in Russland sind Probleme im Betrieb und marode Pipelines.
Ein Moratorium hätte die Meereswelt der Arktis vor Zerstörung schützen können, doch die US-Regierung hat kein Verbot für neue Ölbohrungen in der Arktis erteilt. Tatsächlich hatte Obama als Antwort auf die Umweltkatastrophe von Deepwater Horizon im April 2010 ein Moratorium für Tiefseebohrungen erteilt. Leider nur für sechs Monate.
Zwischen Glaubwürdigkeit und Republikanern
Aber wie glaubwürdig ist der US-Präsident als Gesprächspartner bei den Klimaverhandlungen in Paris, wenn er offensichtlich anders handelt als er spricht? Es reicht nicht aus, eine Unterschrift für einen UN-Klimavertrag zu leisten. Man muss auch Entschlossenheit in der Sache nach außen zeigen. Dass die USA jetzt bei Shell kleinbeigeben, ist ein verheerendes Signal für die Verhandlungen.
Andererseits weiß man leider, dass der Präsident oftmals an den Republikanern scheitert. Und die wiederum sind dafür bekannt, dass sie seinen Klimakurs vehement ablehnen. Anfang August noch hatte Obama mit seinem Clean Power Plan geglänzt, der den Kohlendioxidausstoß von Kraftwerken in den USA um rund ein Drittel senken soll. Er umging dabei die Republikaner im Kongress. Diese bezeichnen Obamas Clean Power Plan als wirtschaftsschädigend und verfassungswidrig.
Nun geht Obamas Amtszeit dem Ende entgegen. Hätte ein demokratischer Präsident mehr rausholen können für das Klima? Wer weiß, vielleicht war die Gesundheitsreform wichtiger für ihn. Aber Vorgänger wie Bill Clinton hatten große Klimapläne und konnten diese gleichwohl in der Schlacht mit Republikanern und Kohlelobby nicht verwirklichen. Falls Hillary Clinton die Chance bekommt, will auch sie den Klimaschutz voran bringen. Schön wär`s ja. (Nicole Weinhold)