Was soll im Koalitionspapier zwischen der Fraktion CDU/CSU und der SPD stehen? Und wofür sollen die 100 Milliarden Euro Klimaschutzanteil aus dem Investitionspaket konkret ausgegeben werden? Hierüber müssen sich die beteiligten Politikerinnen und Politiker nun Gedanken machen oder haben das hoffentlich schon. Doch sie haben Glück, denn sie sind nicht allein. Verbände, Thinktanks und Umweltorganisationen geben fast täglich Empfehlungen heraus, welche Maßnahmen jetzt von höchster Priorität sind. Aber sagen diese alle das Gleiche oder gehen die Einschätzungen auseinander?
Ein Sondierungspapier, zwei Meinungen
„Das Sondierungspapier macht Hoffnung für die kommenden Koalitionsverhandlungen.“ So kommentiert der Hauptgeschäftsführer des Verbands Kommunaler Unternehmen Ingbert Liebing den Entwurf der Bundestagsfraktionen. „Das Sondierungsergebnis von Union und SPD ist aus klimapolitischer Sicht eine Enttäuschung“, schätzt Carolin Dähling, Leiterin Politik und Kommunikation der Energiegenossenschaft Green Planet Energy die energiepolitischen Vorschläge ein. Die negative Einschätzung fußt auf der fortlaufenden Unterstützung von klimaschädlichen Maßnahmen, wie höhere Pendlerpauschale oder Diesel in der Landwirtschaft. Große Uneinigkeit herrscht in der Frage nach Gaskraftwerksreserven. „20 GW neue Gaskraftwerke bis 2030 ohne jeden Plan für die Umrüstung auf grünen Wasserstoff sind mit den Klimaschutzzielen nicht vereinbar“, sagt Dähling. Der VKU sieht die geplante Kapazität dagegen als „absolutes Minimum“ an. Einigkeit lässt sich in der Senkung der Stromsteuer finden, die beide als positiv bewerten. Dennoch fehlt es Green Planet Energy an konkreten Maßnahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien, wobei Liebing die Entschlossenheit in dieser Frage lobt.
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Zauberwort Planungssicherheit
Wie diese konkret aussehen können, schlägt der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vor. "Die kommende Bundesregierung hat mit ihrem Sondierungspapier erste Eckpfeiler für die künftige Energiepolitik gesetzt. […] An oberster Stelle stehen Planungssicherheit und Kontinuität durch die unterbrechungsfreie Absicherung der Investitionen für Erneuerbare in allen Sektoren," so BEE-Präsidentin Simone Peter. Das Zauberwort Planungssicherheit kommt damit auch gleich mehrmals in den zehn Tipps für die Koalitionsverhandlungen vor. Diese sollte nämlich nicht nur im Ausbau der erneuerbaren Energien gewährleistet sein, sondern auch in der Wärmewende. Ein Vorschlag, den auch der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (ead) unterstützt. Um das zu erreichen, brauche es die Verstetigung der Planbarkeit bei GEG und BEG, stärkere Berücksichtigung der Gebäudeenergieeffizienz und eine Stärkung der kommunalen Wärmeplanung und Quartiersentwicklung. Die CDU hatte akute Einsprüche gegen das „Heizungsgesetz“. Wie es hiermit weitergeht, ist fraglich. Die Denkfabrik Epico Klimainnovation macht folgenden Vorschlag: „Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist überreguliert und teuer als ein großer Posten im KTF – eine technologieoffene Förderung und feste Förderbeträge könnten jährlich 1,4 Mrd. € einsparen. Deutschland sollte sich stärker an der EU-Gebäuderichtlinie und ETS2 orientieren, um den Gebäudesektor effizienter zu dekarbonisieren.“ Dass die CDU nicht zu allem steht, was im Wahlkampf behauptet wird, hat das Investitionspaket gezeigt. Ob es auch hier einen Sinneswandel gibt, wird sich zeigen.
Geld aus dem Investitionspaket für Wasserstoff?
Auf Planungs- und Finanzierungssicherheit hofft auch schon seit Längerem die Wasserstoff-Branche. Für den Deutschen Wasserstoff-Verband (dwv) und den BEE den Aufbau heimischer Erzeugung und die Integration ins Energiesystem. Auch dazu brauche es optimierte Förderprogramme und Zugang zu Kapital. Hierbei erhofft sich die Branche sicherlich ihren Klimaschutzanteil am Investitionspaket, wenn dieses durch den Bundesrat geht. Nach Epico würden überkomplexe EU-Vorgaben die Produktion von grünem Wasserstoff um 2,4 Euro/kg verteuern und eine schnelle Skalierung verhindern. Die Förderung von Wasserstoff solle technologieoffen sein und auf realen Emissionswerten statt Produktionsmethoden basieren.
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Komplexe Fragen brauchen komplexe Antworten
Die Liste an Fragestellungen zur Energiewende, über die nicht nur Einigkeit besteht, könnte vermutlich noch länger weitergeführt werden. Das sind nur exemplarische Themen und Positionen, denn es gibt viele. Was aus den vielen Teilbaustellen der Energiewende klar wird: Es gibt keine Zauberlösung, mit der alle Bereiche genau mit dem richtigen Maß in die Zukunft geführt werden können. Auf komplexe Fragestellungen gibt es leider meist keine einfachen Antworten. Daher hilft es auch nicht, es sich ganz einfach zu machen und zu sagen, wir machen es wie immer schon, ob das jetzt der Import von neuem Erdgas oder die Rückkehr zur Atomkraft sein sollte. Wenn die Komplexität und Notwendigkeit der Energiewende als gegeben angesehen werden können, dann hilft es sicherlich, sich an einen Tisch zu setzen und die vielen verschiedenen Perspektiven zu hören. Es braucht jedoch eine Entscheidung, und es besteht die Möglichkeit, dass damit nicht alle zufrieden sind.