Hinter all dem Gewimmel um Offshore-Kraftwerke, EEG-Förderung und Bürgerbegehren gegen Strommasten, verschwindet viel zu oft die Grundidee der Windkraft: Sie ist eine freie Energiequelle, die kostenlos jedem Bürger zur Verfügung stehen kann. Deswegen wurde sie auch nicht von Großkonzernen erfunden und erprobt, sondern von Idealisten in privaten Werkstätten, Scheunen oder auf Gehöften.
Und an solchen Orten fangen die Menschen nun wieder an, sich mit der Windenergie zu beschäftigen. Ein paar Nachbarländer weiter, im europäischen Dauerkrisengebiet Griechenland zum Beispiel. Hier veranstaltet die Non-Profit-Organisation Nea Guinea Ende August einen Workshop, in dem die Menschen lernen, ihr eigenes Windrad zu bauen. Aber wozu?
Weit mehr als bloße Öko-Schwärmerei
Nea Guinea richtet sich an Menschen, die keinen Platz mehr in der Weltwirtschaft haben; die selbst ausgestiegen sind oder hinausgeworfen wurden. Die Organisation arbeitet daran, diese Leute krisenfest zu machen, autark in den Bereichen Nahrung, Gesundheit, Kleidung, Obdach und Energie.
Traurigerweise ist ihre Arbeit heute weit mehr als industriefeindliche Öko-Schwärmerei. Denn längst gefährden die Folgen des griechischen Spardiktats nicht nur etablierte Lebensstandards. Selbstmorde nehmen zu, die Zahl unterernährter Säuglinge steigt, es gibt mehr Totgeburten. Die Wirtschaftskrise ist zu einer existenziellen geworden. Direkt vor unserer Haustür – im Mutterland der Demokratie.
Wendekultur in der Mitte der Gesellschaft
Dort, wo der Staat nicht mehr die bescheidensten Grundbedürfnisse seiner Bürger befriedigen kann, ist das Überleben in Eigenverantwortung zur Notwendigkeit geworden. Das beflügelt einen Trend, der unter Namen wie Permakultur, Postwachstumsgesellschaft oder Transition Culture immer mehr Anhänger findet; weit über die Grenzen der EU-Sorgenländer hinaus.
Beispiel: Die gutbürgerlichen englischen Transition Towns – die Wendestädte. Ihre Bürger machen sich mit Selbstversorgung, Konsumverzicht und erneuerbaren Energien zunehmend unabhängiger.
Private Solaranlagen und Windräder geben dieser internationalen Bürgerbewegung das Selbstbewusstsein, sich getrost von ein paar Versorgungsapparaten und Wirtschaftszwängen abkapseln zu können, ohne harte Einschnitte in ihren Lebensstandards fürchten zu müssen.
Der Lohn für diesen Versuch ist die Gewissheit, dass man – komme was wolle – die elementaren Teile der Zivilgesellschaft aus eigener Kraft aufrechterhalten kann. Mit dem beruhigenden Gefühl: Selbst wenn nichts mehr geht. Der Grünstrom bleibt.
Filme zum Thema Transition Towns und Wendekultur finden Sie hier:
- Dokumentarfilm: „Weniger ist mehr ─ die Grenzen des Wachstums und das bessere Leben“
- Clips zu den Transition Towns aus der Arte-Mediathek.