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Kommentar

Der Deckel muss weg

Vor 30 Jahren war es eine Mauer, die weg musste. Jetzt ist es ein Deckel. Der besteht zwar nicht aus Beton und Stahl, wirkt aber genauso hartnäckig wie ein echtes Mauerwerk – zumindest für die Energiewende. Denn es geht darum, dass die Photovoltaik in Deutschland keine Förderung mehr bekommt, wenn die insgesamt installierte Leistung aller Anlagen 52 Gigawatt erreicht hat. Davon ausgenommen sind nur die Anlagen, die aufgrund der Sonderausschreibungen der nächsten drei Jahre ans Netz gehen.

Da allerdings diese Anlagen wahrscheinlich erst in drei Jahren fertig werden, wird das wohl ohnehin egal sein. Denn wie der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) befürchtet, wird der Zubau schon vorher die Grenze erreicht haben. Darauf machen die Branchenvertreter schon lange aufmerksam. Während der Diskussion der EEG-Novelle im Rahmen des Energiesammelgesetzes im vergangenen Jahr ploppte das Thema wieder auf.

Handeln statt reden

Dass die Bundesregierung hier wieder mal am Volk vorbei. Ob man das als normale Entwicklung der repräsentativen Demokratie ansehen will oder nicht – schließlich sind hier auch unpopuläre Entscheidungen zu fällen – ist dabei vielleicht noch nicht einmal relevant, wenn es sich um eine knappe Mehrheit handelt. Doch nur sechs Prozent der Bundesbürger wollen eine solche Ausbaugrenze haben.

Um nichts geringeres als eine Ausbaugrenze handelt es sich bei dem Deckel. Zwar hat Berlin Besserung versprochen und eine Kommission soll schon mal Vorschläge für eine Anschlussregelung erarbeiten. Doch wie heißt es so schön: Wenn man nicht mehr weiter weiß, bilde einen Arbeitskreis. Dass eine Anschlussregelung nicht im Geschwafel versandet und der Ausbau nicht weitergehen kann, weil sich niemand traut, endlich mal Nägel mit Köpfen zu machen, was die Energiewende betrifft, hat der BSW Solar Mitstreiter gefunden. Immerhin 15 Mittelstands-, Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen sowie Dachverbände des Handwerks und der Energie- und Immobilienwirtschaft unterstützen das Anliegen der Solarbranche. Nach Angaben des BSW Solar repräsentieren diese Unterstützer immerhin 100.000 Unternehmen mit etwa 10 Millionen Beschäftigten.

Wer die Zeche zahlt, darf auch bestellen

Das Konglomerat ist nicht ganz überraschend. Denn gerade die Solarindustrie in Deutschland beruht auf den Mittelstand. Hier – und vor allem im Handwerk – sind die Arbeitsplätze zu finden, die in der Branche überhaupt noch vorhanden sind. Der Mittelstand und die Handwerksbetriebe sind aber auch einer der finanziellen Hauptträger der Energiewende. Während sich die Großindustrie mit ihrem hohen Stromverbrauch uncharmant aus der Finanzierung des Umbaus der Stromversorgung weitestgehend herausgestohlen hat, bleibt die Hauptlast bei den mittelständischen Betrieben und privaten Verbrauchern hängen.

Letztere sind wiederum das Klientel, das durch die Verbraucherschützer repräsentiert wird. Längst haben auch diese erkannt, dass der vor Ort produzierte Solarstrom viel billiger ist als der Strom aus dem Netz, der mit riesigen Gebühren belegt wird, um die Gewinngarantien der Netzbetreiber zu finanzieren. Solarstrom vor Ort produzieren und einfach an Mieter vermarkten, ist wiederum das Interesse der Immobilienwirtschaft. Denn mit dem Solardeckel gerät beispielsweise die Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekte in Gefahr. Davon abgesehen, dass es beim jetzigen Zubautempo bis Jahresende ohnehin keine Mieterstromförderung mehr gibt, besteht die Gefahr, dass es in einem oder in zwei Jahren gar keine Einspeisevergütung und damit keine wirtschaftliche Grundlage für den Anlagenbetrieb gibt.

Branche hat ihre Hausaufgaben gemacht – die Politik ist an der Reihe

Sicherlich, der Solarstrom ist gerade aus größeren Anlagen so preiswert geworden, dass sogar große Dachanlagen in absehbarer Zeit auch ohne Einspeisevergütung wirtschaftlich betrieben werden können. Doch am Anfang steht immer die Investition in den Generator. Wenn der fremdfinanziert ist, muss die Einspeisevergütung bleiben, auch wenn der Betreiber nicht zwingend darauf zurückgreifen muss. Denn die finanzierenden Banken wollen ihre Sicherheit, dass die Kredite auch bedient werden und die besteht nun mal aus der Einspeisevergütung.

Abgesehen davon, dass auch bei den Banken endlich ein Umdenken stattfinden muss, ist das einer der wichtigsten Gründe, weshalb der Zubaudeckel endlich abgeschafft werden muss. So fasst es Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar griffig zusammen: „Der Solardeckel stammt noch aus einer anderen Zeit“, sagt er. „Inzwischen ist der Bundesregierung klar, dass deutlich mehr Solarenergie erforderlich ist, um das Klimaproblem in den Griff zu bekommen. Mit preiswerter Bürgerenergie bieten wir der Politik die Chance, das Versprechen einer sauberen Energieerzeugung umzusetzen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, jetzt ist die Politik am Zug.“

Zu den Erstunterzeichnern des Appells zur Streichung des Solar-Deckels zählen:

- Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar)

- Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND)

- Bundesverband Energiespeicher (BVES)

- Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen (eaD)

- Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW)

- Bundesvereinigung mittelständische Wirtschaft (BVMW)

- Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV)

- Deutscher Mieterbund (DMB)

- Deutscher Naturschutzring (DNR)

- Greenpeace Energy

- Haus und Grund Deutschland

- Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)

- World Wildlife Fund for Nature (WWF)

- Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA)

- Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH)