Gibt es Grünstrom-Markt-Modelle mit Blockchain?
Tatsächlich ist ein Grünstrom-Marktmodell durch die Blockchain-Technologie möglich. Man kann bereits seit Jahren grünen Strom kaufen. Nur wird man es nie ohne direkte Leitung hinbekommen auch physisch grünen Strom zu beziehen, der vom Netzbetreiber zu den Haushalten geführt wird. Was man machen könnte: Mit der Smart-Meter-Technologie nehme ich eine Blockchain, die mit der Stromerzeugung durch die Windkraftanlage beginnt, das heißt es wird eine Kilowattstunde produziert. Beim Endkunden wird die Blockchain dann weitergeführt und es kann genau gesagt werden: Diese Kilowattstunde wurde mit der Windkraftanlage AB2 erzeugt und jetzt an meinem Smart Meter verbraucht. Dann habe ich zwar immer noch physisch gesehen den Mixstrom aus der Leitung vom Netzanbieter, aber ich kann trotzdem relativ genau sagen: Ich habe diese Kilowattstunde verbraucht, weil auch nur ich diese anhand der Blockchain verbrauchen kann.
Wo liegen die Herausforderungen bei der Sektorenkopplung 2.0?
Die größten Herausforderungen liegen in der hohen Volatilität der Währungen, die man erzeugt. Wir haben Ende 2017 einen Bitcoin-Preis von 20.000 Dollar gesehen, jetzt sind wir bei 6.000 Dollar.
Woher kommen diese starken Schwankungen?
Crypto-Währungen sind ein neues Feld. Sie sind noch nicht so etabliert wie Realwährungen. Die ersten Bitcoins wurden schon Ende der 2000er geschürft. Bitcoin und Co. hatten lange vor sich hin gedümpelt, bis die Massenmedien darauf aufmerksam geworden sind und es zu diesem Hype gekommen ist. Die andere Hürde ist, dass die Hardware entsprechend teuer ist. Um das Mining gewerblich zu betreiben, braucht man einen 24/7 Betrieb. Die Dinger müssen Tag und Nacht laufen, das ganze Jahr, um möglichst schnell die Hardware zu amortisieren. Das heißt, wenn man Power2Crypto als Sektorenkopplung 2.0 umsetzen möchte, ist man darauf angewiesen, dass man eigentlich immer nur dann schürfen kann, wenn gerade Überschussenergie vorhanden ist. Damit sinken die Volllaststunden der Hardware und es führt zu einer längeren Amortisationsdauer. Das wäre ein Aspekt, das Mining auf eine Regierungsebene zu heben. Denn man kann statt fremde Crypto-Währungen zu schürfen auch seine eigene Crypto-Währung herstellen. Das hat Venezuela vor, nur glaubt man dem Staat mit Hyperinflation nicht, dass er gute Absichten hat und eine stabile Währung erzeugen kann. Wenn man sich jedoch vorstellt, dass Deutschland mit Strom aus Überschussenergie von Windkraftanlagen eine eigene Währung herstellen würde. Dann wäre diese fast wie ein CO2-Zertifikat handelbar, sie wäre sehr verlässlich, weil der Windstrom zu 100 Prozent nachweisbar ist. Und man hätte auf nationaler Ebene den Einstieg in die Crypto-Währungswelt geschafft. Das ist unsere Vision.
Sie ließen gerade Zweifel an der Crypto-Währung von Venezuela anklingen. Welche negativen Absichten könnten denn bei einem Staat dahinter stecken?
Die Idee ist natürlich visionär und macht grundsätzlich Sinn. Aber die Wirtschaftskraft und Stabilität des Landes sind vielleicht nicht so gegeben. Der Wert einer Währung ist immer abhängig von dem Herausgeber. Der Euro ist relativ stabil, weil Europas Wirtschaftskraft und politische Stabilität diesen trägt. Bei Bitcoins ist es die hohe Rechenleistung, um diese Währung herzustellen. Das macht sie relativ fälschungssicher. Nimmt man hingegen ein wirtschaftlich nicht so starkes Land, dann ist das Vertrauen in die nationale Crypto-Währung nicht so groß wie in andere Crypto-Währungen.
Sehen Sie die Chance, dass Deutschland hier einen Aufschlag macht?
Warum nicht? Deutschland ist in den erneuerbaren Energien führend und muss sich bewegen, wenn es diese Position verteidigen will. Es gibt viele aufstrebende Nationen, wie etwa die USA und China. Grundsätzlich gibt es viele Länder mit unterschiedlichen Ansätzen. Es muss nicht zwingend die Windkraft sein, mit der Crypto-Währungen erzeugt werden. Wasserkraftwerke sind super zur Herstellung von Crypto-Währung geeignet. Das wird bereits in Österreich praktiziert und heißt Hydrominer [www.hydrominer.org]. Es ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das Mittler Weile drei eigene Wasserkraftwerke besitzt, mit denen sie Crypto-Währung generieren. Wasserkraft hat den Vorteil, dass sie kühlt und ständig vorhanden ist. Das macht sie ideal. Deshalb ist der Standort Island so toll. Nicht nur für Crypto-Mining, sondern für alle Datencentren. Es gibt Geothermie, die zu 99 Prozent ganzjährig verfügbar ist. Und es herrscht ein relativ kaltes Klima, sodass immer kühle Luft zugeführt werden kann.
Weitere Infos: www.bwe-seminare.de
Interview: Nicole Weinhold