Gerade hatten die 80 Dreiflügler im Offshore-Windfeld Bard Offshore 1 zum ersten Mal wohl ihre fast volle Leistungskraft von 400 Megawatt (MW) unter Beweis gestellt, da zerstörte ein Brand jegliche Euphorie. In der Nacht am 14. März speisten alle angeschlossenen Nordsee-Windenergieanlagen zusammen mit dem bisherigen Leistungsspitzenwert von 429 MW so viel Strom und so kräftig ins Netz von Betreiber Tennet ein, wie bisher noch nie. Und auch in der folgenden Woche erreichte Bard Offshore 1 zusammen mit dem nur 48 MW kleinen Testwindpark Alpha Ventus noch des öfteren Werte von knapp unter oder gar über 400 MW. Doch dann unterbrach Ende März ein Brand die Stromversorgung über die Konverterplattform Borwin Alpha weitgehend. „Die Reinigung der Anlagenteile nahm viel Zeit in Anspruch, meines Wissens konnte letzte Woche wieder zugeschaltet werden“, erklärte jetzt eine Sprecherin von Tennet auf Anfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN. Eine definitive Bestätigung aus der zuständigen Fachabteilung ihres Unternehmens stehe allerdings noch aus.
Einspeisung brach nach guten Werten im Frühherbst 2013 ein
Tatsächlich hatten die Einspeisewerte bei Tennet, die der Netzbetreiber auf einem unter dem Stichwort Transparenz verlinkten Internetportal präsentiert, erst ab Ende Mai wieder höhere Pegel von vorerst bis zu 238 MW erreicht. Der Mittelwert der Einspeisung lag dabei gerade mal bei 63 MW – im Vergleich zum Mittelwert von immerhin 185 MW des bisherigen Bestmonats Mai war das noch immer sehr wenig.
Dabei sind seit März auch endlich die 30 Siemens-Windturbinen im Windpark Riffgat mit einer Gesamtleistung von 108 MW angeschlossen, nachdem Tennet die Kabel zum Anschluss des Windparks mit einem Jahr Verspätung verlegt hatte. Und auch die Einspeisung der Bard-Anlagen hatte bereits schon einmal im Winter einen Dämpfer erhalten: Nachdem sie unmittelbar nach Fertigstellung des Windparks im August 2013 zusammen mit Alpha Ventus zügig einen zwischenzeitlichen Spitzenwert von 264 MW erreicht hatten, brach der deutsche Nordseestromexport aufs Festland im November und Dezember zwischenzeitlich auf eine Leistung von maximal 52 MW ein.
Kinderkrankheiten bei Bard-Turbinen und Gleichstromübertragung?
Dass die deutschen Nordseewindturbinen nur so langsam an ihre Einspeise-Höchstleistungen herangeführt werden können, liegt aber offenbar nicht nur an Pannen – oder an den in der Branche kolportierten Kinderkrankheiten der Turbinentechnologie im Bard-Windpark: Die Inbetriebnahme-Techniker heißt es gemäß dem von Bard bisher nie bestätigten Common Sens, hätten die Anlagen nach der Installation erst noch einzeln nachjustieren müssen – ehe diese nach und nach wirklich Strom erzeugen konnten. Doch Tennet räumt auch einen offenbar Zeit beanspruchenden Lernbedarf für den Umgang mit den neuen Konverterplattformen ein. So pumpt Bard Offshore 1 den Strom mittels Borwin Alpha über eine Hochspannungsgleichstromübertragungs-Leitung (HGÜ) ans Festland. Diese HGÜ-Verbindung soll im Vergleich zu den üblichen Wechselstromanschlüssen den Strom besonders schnell und effizient an Land bringen. Die Branche will angesichts besonders langer Entfernungen zum Festlandnetz von bis zu 100 Kilometern wie bei Bard so die Übertragungsverluste verringern.
Während schon die Hersteller der Umspannplattformen große Verzögerungen in der Montage einräumen mussten, gab nun auch Tennet Extra-Zeitbedarf bekannt. Verzögerungen im Projekt Dolwin1 seien „nicht zuletzt der Komplexität des Projektes und der Offshore-Konverterstationen geschuldet“, ließ Tennet jetzt wissen. Und: „Jede Anlage ist ein Einzelstück mit anspruchsvollen technischen Komponenten“. Ein Hinweis möglicherweise darauf, dass Tennet für die vollständige Einrichtung und jeweilige Inbetriebnahme der Umspannplattformen auch auf See auch noch Übergangszeiten braucht, um die Technologie richtig bedienen zu können. Dolwin 1 ist eine schon im vergangenen Herbst errichtete HGÜ-Plattform, an der Tennet und das Stadtwerkebündnis Trianel derzeit den 200-MW-Windpark Borkum anschließen.
(Tilman Weber)