Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Erfolg nur mit Förderung?

Fabian Kauschke

Nachrichten von abgebrochenen Vorhaben und Verzögerungen überschatten das Bild vom Wasserstoff (H2) als Champagner der Energiewende. Dennoch sind die Pläne und Strategien der Bundesregierung und der Europäischen Union auf weiteren Ausbau ausgerichtet. Unternehmen planen Elektrolyseure mit einer Leistung von mehreren Hundert Megawatt, halten aber zugleich die endgültige Investitionsentscheidung zurück. Welche Faktoren sind für den Erfolg von Projekten entscheidend und was hemmt die Entwicklung von Geschäftsmodellen?

Erfolgsfaktor Förderung

Um einen Überblick zu erhalten, welche Geschäftsmodelle bereits erfolgreich sind, hilft es, darauf zu schauen, welche Projekte schon realisiert sind und bei welchen eine finale Investitionsentscheidung gefallen ist. Nach Daten der Deutschen Energie-­Agentur (Dena) existieren in Deutschland aktuell 48 Wasserelektrolyseanlagen mit einer installierten Leistung von etwas über 109 Megawatt (MW). Zum Vergleich: Die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat das Ziel gesetzt, bis 2030 eine Leistung von zehn Gigawatt (GW) zu erreichen. Der Weg ist also noch weit. Immerhin wurde mit 45 MW fast die Hälfte des Bestands im Jahr 2024 neu installiert. Eine Entwicklung ist daher zu erkennen. Das zeigen ebenso Projekte, für die eine finale Investitionsentscheidung getroffen wurde. Ein Gigawatt Kapazität ist damit bereits im Betrieb oder in unmittelbarer Planung, wovon sich wiederum rund 200 MW bereits in der Bauphase befinden. Bei näherer Betrachtung dieser Projekte zeigt sich, dass Förderungen hierbei eine wesentliche Rolle spielen. „„Der Großteil der Projekte in Deutschland, für die eine endgültige Investitionsentscheidung getroffen wurde – was zeigt, dass die Projektverantwortlichen Vertrauen in die Durchführbarkeit und Rentabilität des Projekts haben und dementsprechend davon ausgehen, dass das Geschäftsmodell funktioniert – wurde oder wird gefördert“, bekräftigt Friederike Altgelt, Dena-Teamleiterin Märkte und Regulierung im Arbeitsgebiet Wasserstoff und Resilienz.

150 MW entfallen auf Unternehmungen, die im Rahmen der „Hy2Infra“-Welle als IPCEI-Wasserstoff (Important Project of Common European Interest) am 15. Februar 2024 durch die EU-Kommission genehmigt wurden. Demnach stellen Bund und Länder zusammen 4,6 Milliarden Euro für 23 ausgewählte Projekte entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette bereit. Insgesamt 1,4 GW Elektrolyseleistung sollen aus diesen Vorhaben entspringen. Ein Teil davon ist das Projekt Get H2 Nukleus von RWE auf dem Gelände des Gaskraftwerks Emsland. 100 MW Leistung sollen bereits 2025 zur Verfügung stehen, die bis 2027 auf 300 MW erweitert werden. Ziel ist die kommerzielle Erzeugung von grünem Wasserstoff, der an industrielle Abnehmer geliefert wird. Genau diese Abnehmer sind aktuell ein wesentlicher Grund für die erfolgreiche Realisierung von Wasserstoffprojekten.

45 Megawatt Elektrolyseleistung wurden 2024 in Deutschland installiert.

Geregelte Abnahme funktioniert noch

„Im aktuellen Stadium der Marktentwicklung werden insbesondere Projekte realisiert, in denen die grüne Wasserstoffproduktion in lokale Wertschöpfungsketten integriert ist. Oftmals sind die Abnehmer in geografischer Nähe bereits von Beginn an als Projektpartner integriert, oder Großabnehmer investieren an ihren Produktionsstandorten in eigene Elektrolyseure“, sagt Friederike Altgelt. Dazu gehören Elektrolyseure, deren Wasserstoff direkt in Industriewerken oder für H2-Tankstellen verwendet wird. Ein Beispiel dafür ist das Salcos-Programm des Stahlkonzerns Salzgitter AG. Hierbei errichtet das Unternehmen Wind­energieanlagen für den Betrieb von PEM-Elektrolyseuren und Elektrolyseanlagen, die die industrielle Abwärme aus Stahlproduktion verwenden. Der gewonnene Wasserstoff ersetzt Kohle in Hochöfen, mit denen durch Direktreduktion H2O statt CO2, also Wasser statt Kohlendioxid, entsteht. Die erste Anlage soll 2026 in Betrieb gehen. Mit solchen Konzepten, bei denen der Abnehmer von vornherein feststeht, schaffen Unternehmen auf lange Zeit Unabhängigkeit von H2-Preisen externer Anbieter und somit einen wichtigen Schritt zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell.

Der Großteil der Projekte in Deutschland, für die eine endgültige Investitionsentscheidung getroffen wurde, wird gefördert – oder wurde es.

Friederike Altgelt, Teamleiterin Märkte und Regulierung im Arbeitsgebiet Wasser­stoff und Resilienz bei der Deutschen Energie-Agentur.

Verzögerungen und Abbruch

Die Planungsbereitschaft der Branche besteht weiterhin, auch wenn sich Projekte verzögern oder sogar abgebrochen werden. Das war zum Beispiel für das Projekt Reallabor Westküste 100 im Kreis Dithmarschen der Fall, als die Raffinerie Heide, Ørsted Deutschland und Hynamics Deutschland den Bau eines 30-MW-Elektrolyseurs aufgrund von zu hohen Baukosten beenden mussten. Außerdem werden in Planungen aktuell finale Investitionsentscheidungen vertagt. Für ein Vorhaben der Buss-Gruppe, Hazwei und KE Holding unter dem Titel Hanseatic Hydrogen in Stade bei Hamburg planen die Projektpartner den Bau einer Erzeugungsanlage für grünen Wasserstoff mit einer Leistung von 100 MW bis 2028 und einer möglichen Ausbaustufe von 500 MW bis 2030. Die finale Investitionsentscheidung wird das Konsortium jedoch erst 2026 treffen.

10 Euro pro Kilogramm betragen die mittleren Gestehungskosten für grünen Wasserstoff der deutschen Projekte, die sich im Rahmen der Auktion der Europäischen Wasserstoffbank um Förderung beworben haben.

Keine einheitliche Zertifizierung

Was führt aber dazu, dass grüner Wasserstoff meist nur mit Förderung ein rentables Geschäftsmodell darstellt? Das liegt unter anderem an der Zertifizierung. Sie dient der Einhaltung bestimmter Kriterien bei der Herstellung von Produkten. Wenn Wasserstoff produziert und gehandelt wird, lässt sich an diesem Produkt selbst nicht erkennen, wie es hergestellt wurde und welche Klimaauswirkung damit verbunden ist. Es muss also nachgewiesen werden können, dass der produzierte Wasserstoff die Kriterien für seine Farbe erfüllt. Ein einheitliches Zertifizierungssystem gibt es jedoch nicht. Selbst wenn also der Wasserstoff eines Elektrolyseurs aus erneuerbaren Energien stammt, also grüner Wasserstoff ist, kann dies beim Abnehmer nicht nachgewiesen werden. Weil grüner Wasserstoff bislang einerseits deutlich teurer in der Herstellung ist und andererseits ein großer Teil des in Deutschland genutzten H2 importiert werden soll, werden internationale Standards benötigt. Es könnte daher dazu kommen, dass Betreiber zum Teil Elektrolyseure nur bei sehr günstigen Stromtarifen laufen lassen.

Ist die Preislücke zu schließen?

Ein weiterer ausschlaggebender Faktor, weshalb Wasserstoffprojekte noch von Förderungen abhängig sind, ist der Preis. Einen Marktpreis für erneuerbaren Wasserstoff gibt es noch nicht, da dieser zwischen Produzenten und Abnehmern ausgehandelt wird. Die Preisfindung sei in diesem Fall ein Stück weit intransparent. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Gestehungskosten. Nimmt man an, dass ein Elektrolyseur für 20 Jahre in Betrieb genommen wird, und berechnet man entsprechend die Investitions- und angenommenen Betriebskosten für den Zeitraum, erhält man die Gestehungskosten. Diesen Wert mussten Unternehmen beispielsweise bei der ersten Auktion der Europäischen Wasserstoffbank angeben. Die Gebote sollten auf einem vorgeschlagenen Preisaufschlag pro Kilogramm (kg) produzierten erneuerbaren Wasserstoffs basieren, der bis zu einer Obergrenze von 4,5 Euro/kg reichen kann. Die Förderung zahlt so eine feste Prämie pro Kilogramm produzierten Wasserstoffs aus, bis zu der Gesamt-Förderungssumme von 800 Millionen Euro.

Die mittleren Gestehungskosten der eingereichten deutschen Projekte für grünen Wasserstoff lagen bei rund 10 Euro/kg. Für fossil hergestelltes H2 liegen sie bei etwa 2 Euro/kg. Daher gib es laut Friederike Altgelt eine entscheidende Preislücke, die entweder durch eine gestärkte Zahlungsbereitschaft auf der Abnahmeseite zu überwinden sei oder durch Subventionen und Förderungen.

2 Euro pro Kilogramm betragen die ­mittleren Gestehungs­kosten für grauen Wasserstoff in Deutschland.

Verpflichtungen als Lösung?

Und was folgt daraus? Geschäftsmodelle für grünen Wasserstoff werden zumindest in der näheren Zukunft von Regulatorik und staatlicher Unterstützung oder Förderung abhängig sein. Auch mit einem steigenden CO2-Preis sei die Kostenlücke zwischen grauem und grünem Wasserstoff nicht zu schließen, ist sich Friederike Altgelt sicher. Das Geschäftsmodell lohne sich nur, wenn das Gas zu einem Mehrpreis weiterverkauft werden könne.

„Aktuell werden zunehmend Quoten für einzelne Abnahmesektorem, zum Beispiel eine Quote für Grünen Stahl, diskutiert. Verpflichtungen wie diese schaffen eine gewisse Planbarkeit für Produzenten und können den Hochlauf des Wasserstoffmarkts stärken. Der Aufbau von grünen Leitmärkten ist wichtig – ich halte es aber aktuell für unwahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren auf der Basis freiwilliger Commitments oder unternehmensinterner Ziele Projekte in großem Maßstab realisiert werden können oder Abnahmeverträge abgeschlossen werden, ohne dass eine regulatorische Verpflichtung, öffentliche Beschaffung oder eine Förderung dazu beitragen“, sagt Friederike Altgelt. Der Einsatz von grünem Wasserstoff sollte sich also eher lohnen als die möglichen Strafzahlungen.