Die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen fordert, den Eigenverbrauch und die Lieferung von Strom aus Photovoltaikanlagen an Dritte zu vereinfachen. Aus einem Rechtsgutachten der Kanzlei Bredow, Valentin, Herz im Auftrag der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geht hervor, dass es rechtlich zu komplex ist, den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen und vor allem innerhalb eines Gebäudes an verschiedene Verbraucher zu liefern. Das führe dazu, dass die potenziellen Investoren in eine Solaranlage von der Installation eines Generators abgeschreckt werden.
Privatleute werden überfordert
Vor allem die Mieterstromanlagen werden nicht realisiert, weil die bürokratischen Hürden zu hoch liegen. Denn sobald auch nur eine Kilowattstunde des Stroms an andere geliefert werden, sind die Anlagenbetreiber Stromversorger. Dann haben sie die gleichen Abrechnungs- und Meldepflichten wie ein riesiges Unternehmen oder Stadtwerke oder andere professionelle Stromversorger, die dafür administrative Strukturen entwickelt haben und diese auch finanzieren können. „Privatleute, die nur wenige Kilowattstunden aus ihrer Solaranlage in eine Einliegerwohnung leiten wollen, werden mit massiven Melde- und Zahlungspflichten überfordert, die eigentlich für große Versorger mit Tausenden von Kunden gedacht sind“, sagt Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie der Verbraucherzentrale NRW.
Das Rechtsgutachten zeigt aber nicht nur die Hürden auf, sondern auch im Detail, welche Folgen die rechtliche Einstufung als Energieversorger hat. „Als Laien laufen private Prosumer angesichts der unübersichtlichen Gesetzeslage permanent Gefahr, beim Teilen von Solarstrom aus Unkenntnis Rechtsbrüche zu begehen“, warnt Sieverding. Zwar würden diese Rechtsbrüche bislang offenbar nicht verfolgt. Doch theoretisch könnten sie auch nach Jahren noch Vergütungsrückforderungen und Strafen nach sich ziehen.
,5 Millionen Solaranlagen sind möglich
Dadurch und weil die Materie zu unübersichtlich ist, wird das vorhandene Dachpotenzial nicht ausgenutzt. Allein in Nordrhein-Westfalen könnten bis 2030 2,6 Millionen Eigenverbrauchs- und gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen gebaut werden. Neben den 2,3 Millionen Einfamilienhäusern in dem Bundesland gibt es noch fast 220.000 Gebäude mit mehr als sechs Wohnungen und 1,2 Millionen Häuser mit zwei bis sechs Wohnungen. Letztere sind zu einem großen Teil potenziell für Mieterstromanlagen geeignet. Würde dieses Potenzial ausgeschöpft, könnten die Anlagen zusammen ein Viertel des Stroms liefern, die private Haushalte im Jahr 2030 verbrauchen werden. Doch bisher wird dieses Potenzial nur zu 13,5 Prozent ausgeschöpft.
Dabei wäre es mit einer einfachen Änderung im EEG möglich, dieses Potenzial zu heben. „Das Kernproblem ist die Definition der Eigenversorgung anhand der Personenidentität“, erklärt Sieverding. Er sieht die Lösung darin, dieses Definition weniger strikt auszulegen, um kurzfristig für Verbesserungen zu sorgen.
Kleine Mieterstromanlagen brücksichtigen
Langfristig müssten schlüssig konzipierte Definitionen, Ausnahmeregelungen und Bagatellgrenzen für Abhilfe sorgen. Das heißt, dass Regelungen nicht nur große Mieterstrommodelle berücksichtigen. Vielmehr müsste ein zeitgemäßer Rechtsrahmen auch die kleineren Modelle der gemeinschaftlichen Eigenversorgung und Lieferbeziehungen zum Beispiel zwischen benachbarten Häusern berücksichtigen. „Ziel muss es sein, die gemeinschaftliche Eigenversorgung von Prosumern von untragbaren Pflichten und Risiken zu befreien und die energierechtlichen Auflagen für diese wichtigen Akteure der Energiewende auf das Sinnvolle zu reduzieren“, fordert Sieverding. Hoffnung machten vor diesem Hintergrund unter anderem die jüngsten Impulse der EU zur Stärkung der Eigenversorgung.