Der Bundesverband der Deutschen Bioethanolwirtschaft BDBe ging im Januar von einer Bioethanolnachfrage in Höhe von 1,5 Millionen Tonnen im ersten Jahr aus. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das eine Absatzsteigerung von 40 Prozent. „Abzuwarten bleibt, wie schnell der neue Kraftstoff E10 an den deutschen Tankstellen flächendeckend verfügbar sein wird“, sagte seinerzeit Sprecherin Nina Ruppert vom BDBe. Es hat wohl kaum einer damit gerechnet, dass die mangelnde Akzeptanz hier das große Problem sein wird.
Strafzahlungen
Seitdem vergeht kaum ein Monat, in dem Biosprit beim Verbraucher weiter in Misskredit gerät. Nun kündigte die Mineralölwirtschaft an, mögliche Strafzahlungen für eine Nichterfüllung der gesetzlich vorgegebenen Bio-Quote von 6,25 Prozent nach dem Biokraftstoffquotengesetz auf den Verbraucher umlegen zu wollen. Als Grund für die mögliche Unterschreitung wird der schleppende Absatz von E10 genannt. Keiner weiß so genau, wie viel dann unterschritten wird, wenn überhaupt – und auch nicht bekannt ist, wie hoch die Strafzahlungen ausfallen können. In den Medien wird BP-Europa-Chef Uwe Franke mit 300 bis 400 Millionen Euro für die ganze Branche zitiert.
Vorratssammlung
Laut n-tv hat die Mineralölwirtschaft seit Monaten rund 2 bis 3 Cent auf Superbenzin E5 aufgeschlagen in Erwartung möglicher Strafzahlungen für die Nichterfüllung der Quote. Dass die Autofahrer E10 nicht in dem Umfang tanken wie von der Mineralölwirtschaft gewünscht, führt abgesehen von der vollkommen unklaren Lage bezüglich der möglichen Höhe einer Strafzahlung noch nicht dazu, dass die Mineralölkonzerne zur Untererfüllung der Quote verdammt sind. Denn das Biokraftstoffquotengesetz räumt mehrere Wege ein, wie ein Inverkehrbringer von Kraftstoffen die gesetzliche Quote erfüllen kann: Beimischung ist ein Weg. Er kann das aber auch über Reinkraftstoffe erfüllen, zum Beispiel Biodiesel B100 oder auch über Biomethan für Fahrzeuge. Ein weiterer Weg, von dem die Mineralölwirtschaft in den vergangenen Jahren auch Gebrauch machte, um Lücken bei der Quotenerfüllung zu schließen, ist der Kauf von Zertifikaten von Biodieselproduzenten. Diese generieren diese beim Verkauf von Biodiesel an Endabnehmer, zum Beispiel Speditionen – und verkaufen die Bioeigenschaft an die Mineralölwirtschaft. Auf diesem Weg wurde im vergangenen Jahr eine Unterdeckung von 300.000 Tonnen abgedeckt laut Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Zwar ist der Aufkauf dieser Biodieselbestätigungen durch Mineralölunternehmen nicht immer automatisch der lohnende Weg im Vergleich zu einer Pönale-Zahlung. Denn die Preise schwanken – zurückzuführen insbesondere auf schwankende Preise der Rohstoffe am Agrarmarkt. Doch ist dies grundsätzlich eine weitere Möglichkeit für die Mineralölwirtschaft, auf die geforderte Beimischungsquote zu kommen. Unliebsame Entwicklungen werden jetzt den Biokraftstoffen in die Schuhe geschoben.
Die nächste Stufe
Mit jeder neuen Stufe ist zu erwarten, dass sich das wiederholt, was jetzt beim Sprung von E5 auf E10 an den Tankstellen geschieht. Die Mineralölwirtschaft hingegen hat einen Blitzableiter für Kundenärger und einen Grund für Preiserhöhungen gefunden: Beimischung von Biokraftstoffen. Bündnis 90/Die Grünen Energiesprecher Hans-Josef Fell legte in diesen Tagen eine Forderung wieder neu auf: den Reinkraftstoffmarkt neu zu beleben und Abschied von der Beimischungspolitik zu nehmen. (Dittmar Koop)