Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Speichern in den verschiedenen Segmenten Gewerbe und Großspeicher?
Martin Peters: Wir sehen in beiden Bereichen eine stetig steigende Nachfrage. Ungefähr 80 Prozent der Anfragen erhalten wir im Großspeicherbereich und circa 20 Prozent im Bereich Gewerbe und Industrie.
Mit welcher Nachfrageentwicklung rechnen Sie in den nächsten Monaten?
Martin Peters: Aktuelle Studien legen nahe, dass der Gesamtmarkt in Deutschland im Jahr 2024 um mehr als 20 Prozent wachsen wird. Auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren wird erwartet, dass der Markt kontinuierlich in dieser Größenordnung wachsen wird. Wir bei Intilion gehen davon aus, dass sich die Nachfrage nach unseren Produkten ähnlich der Marktentwicklung verhalten und zunehmen wird.
Alina Möbius: Erfahrungsgemäß verzeichnen wir gegen Jahresende einen Nachfrageanstieg.
Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?
Martin Peters: Grundsätzlich ist der anhaltende Trend zu erneuerbaren Energien einer der Treiber der steigenden Nachfrage. Aktuell sorgt auch die Entscheidung der Bundesregierung, mit der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes – EnWG – die Netzentgeltbefreiung für Energiespeicher bis 2029 zu verlängern, für einen zusätzlichen Push. Damit haben Investoren und Projektentwickler die nötige Planungs- und Investitionssicherheit für Speicherprojekte. Bisher wären Energiespeicher nur von Netzentgelten befreit gewesen, wenn sie vor August 2026 in Betrieb genommen werden. Das hätte dazu geführt, dass man bei später in Betrieb genommenen Speichern für dieselbe Kilowattstunde entsprechende Netzentgelte gezahlt hätte.
Alina Möbius: Unternehmen beschäftigen sich immer mehr mit ihrer Energieeffizienz, ihrem ökologischen Fußabdruck und ihren Stromkosten, daher setzen sie zunehmend auf erneuerbare Energien und Energiespeicher. Im Bereich der Speicher vor dem Zähler, also Netzspeicher, gewinnen Energiespeicher als Flexibilisierungselement immer mehr an Bedeutung, um die Volatilität der erneuerbaren Energien abzupuffern. Die Kombination aus Solarkraftwerken und Speichern wird zudem durch die Innovationsausschreibung angetrieben.
Welche Länder sind Wachstumsmärkte?
Alina Möbius: In Europa bilden Großbritannien, Spanien, Italien und der DACH-Raum, also Deutschland, Österreich und die Schweiz, derzeit 80 Prozent des Marktes ab. Wir sehen aber auch ein zunehmendes Wachstum in vielen Bereichen Europas wie Osteuropa, Skandinavien oder den Benelux Staaten und gehen davon aus, dass diese Märkte künftig Anteile dazugewinnen werden.
Welche Geschäftsmodelle sind bei Gewerbespeichern relevant?
Alina Möbius: Peakshaving, Ersatzstrom, Eigenverbrauchserhöhung und die Netzanschlusserweiterung für die E-Mobilität sind nach wie vor die wichtigsten Geschäftsmodelle für Gewerbespeicher.
Mit welchen Geschäftsmodellen werden die großen Speichercontainer errichtet – geht es da ausschließlich um Netzbetreiber, die damit Netze stabilisieren wollen oder kommen inzwischen auch Nachfragen von Solarparkentwicklern, die die Anlagen mit Speichern kombinieren?
Martin Peters: Wir erhalten sowohl von Netzbetreibern als auch von Solarparkentwicklern Anfragen für Großspeicherprojekte. Die Innovationsausschreibung ist beispielsweise ein Treiber von der Solar-Speicher-Kombination. Mit Blick auf die Netzstabilisierung gewinnen Tradingmodelle immer mehr an Bedeutung.
Wie entwickelt sich die Wettbewerbssituation am Markt?
Martin Peters: Der Markt gestaltet sich zunehmend attraktiver, daher kommen immer neue Wettbewerber hinzu – insbesondere aus dem asiatischen Raum.
Wie reagieren Sie auf diese Wettbewerbssituation?
Martin Peters: Mit unserem umfassenden End-to-End-Servicepaket von der Projektierung bis zum End-of-life bieten wir unseren Kunden nicht nur das Produkt, sondern eine Komplettlösung an. Je nach Anwendungsfall konzeptionieren wir für unsere Kunden passgenaue Lösungen inklusive Auslegung des Batteriesystems, der Umrichter, der Transformatoren und der Schaltanlagen und übernehmen die Installation und Inbetriebnahme. Ist das System installiert, überwachen wir die Anlagen per Cloud-Management-System und garantieren mit vorbeugenden Wartungen einen zuverlässigen Betrieb.
Wie schätzen Sie die Situation der Lieferkette ein – sind in Europa genügend Materialien für Stromspeicher zu bekommen, auch mit Blick auf europäische Fertigungskapazitäten?
Martin Peters: Grundsätzlich kommen nach wie vor die meisten Elektronikkomponenten aus dem asiatischen Raum. Insbesondere zu den Batteriemodulen aus China, gibt es in Europa frühestens ab 2025 wettbewerbsfähige Alternativen. Die großen asiatischen Batteriehersteller haben zwar auch Produktionsstätten in Europa und auch Deutschland, jedoch nur für die Automobilbranche und noch nicht für Stromspeicher. Im Zuge unserer ESG-Strategie werden wir aber Schritt für Schritt den Hauptfokus unserer Lieferkette auf Europa legen.
Welche Batteriezellen nutzen Sie für Ihre Speicher?
Martin Peters: Insbesondere im Großspeicherbereich haben sich Lithium-Eisenphosphat-Zellen – LFP etabliert.
Warum nutzen Sie diese Batteriezellen?
Martin Peters: Da in LFP-Zellen deutlich weniger seltene Erden enthalten sind, sind sie im Vergleich zu anderen Zelltechnologien nachhaltiger – und zudem auch preislich sehr attraktiv.
Wie entwickeln sich die Speicherpreise in den verschiedenen Segmenten?
Martin Peters: Studien legen nahe, dass sich die Preise bis 2030 um circa 20 Prozent nach unten entwickeln werden. Nach Jahren der steigenden Preise fallen sie nun wieder recht moderat. Künftig werden auch neue Technologien auf die Preise Einfluss nehmen.
Intilion hatte einen Börsengang erwogen. Welches Ziel verfolgen Sie damit?
Dr. André Haubrock: Wir hatten zum Sommer 2023 einen Börsengang in Erwägung gezogen, wobei das Börsenumfeld im Juli ziemlich unberechenbar war. Damit ist ein möglicher Börsengang erst einmal vom Tisch. Gleichwohl sind wir weiter auf der Suche nach Investoren, um unsere hohen Wachstumsambitionen uneingeschränkt realisieren zu können. Wir haben uns eine hervorragende Ausgangsbasis im dynamischen Markt für Energiespeichersysteme erarbeitet und wollen nun unsere Vorreiterrolle nutzen und den Wachstumskurs systematisch fortsetzen.
Welche technischen Weiterentwicklungen sind in der nächsten Zeit zu erwarten – auch mit Blick auf die Batterietechnologie?
Alina Möbius: Wir beobachten den Markt insbesondere mit Blick auf neue Zelltechnologien. Hier sind Natrium-Ionen-Batterien derzeit stark im Gespräch. Bei diesem muss jedoch die Energiedichte noch verbessert werden. Zudem sollen ab 2025 Lithium-Ionen-Batterien von europäischen Herstellern auf den Markt kommen. Künftig wird die Kapazität des einzelnen Batterieblocks und die eines gesamten Speichersystems immer größer werden.
Die Fragen stellte Sven Ullrich.
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