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Max Münnicke von Huawei: „Die Kunden wollen ein langfristig verfügbares System“

Huawei hat mit dem Luna2000 einen Gewerbe- und Großspeicher im Portfolio. Welchen Stellenwert hat das Segment in Ihrem Gesamtportfolio?

Max Münnicke: Wir bemerken derzeit in Deutschland ein stark wachsendes Interesse an Batteriespeicherlösungen, insbesondere an innovativen Produkten mit hoher Verfügbarkeit. Das Gewerbespeichersegment im deutschen Markt ist neben Residential und Utility Scale das derzeit kleinste, befindet sich aber im Wachstum.

Mit welcher Nachfrageentwicklung rechnen Sie?

Wir erwarten für 2024 einen nennenswerten Anstieg der Gewerbespeicherprojekte, allerdings noch von einem relativ niedrigen Niveau startend. Im Utility Scale Bereich rechnen wir mit einer Verdoppelung bis hin zur Verdreifachung der Zubaurate in 2024 im Vergleich zu 2023, abhängig davon ob die Entwickler ihre Baugenehmigungen und Finanzierungen rechtzeitig erhalten.

Huawei bietet die neuen Batteriestringwechselrichter zur Einbindung von Speichern in Solarkraftwerken. Mit welcher Nachfrageentwicklung rechnen Sie in diesem Segment?

Co-Located Batteriespeicherlösungen in Kombination mit Photovoltaikanlagen sind besonders attraktiv, da sie die installierten elektrotechnischen Anlagen wie Trafostationen und Netzanschlüsse besonders effizient ausnutzen können. Wir rechnen daher mit einem Projektrealisierungsniveau, das in den nächsten Jahren zunehmend Beschleunigung aufnehmen wird.

Worauf führen Sie diese Nachfrageentwicklung im gesamten gewerblichen Speichermarkt zurück?

Im Gewerbespeichermarkt ist die Nachfrage im Wesentlichen auf die Kombination mit Photovoltaikanlagen und damit Eigenverbrauchsoptimierung zurückzuführen. Photovoltaik und Batteriespeicher sind in vielen Fällen heute eine finanziell attraktivere Versorgungslösung als teurer Netzstrom. Teilweise werden diese Speicher auch Spitzenlastmanagement übernehmen, Fast-Charging Stationen für Elektroautos puffern und am Strommarkt teilnehmen.

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Und wie sieht es bei den Großspeichern aus?

Im Großspeichermarkt bietet die Innovationsausschreibung eine attraktive Investitionsbasis. Zudem ergeben sich mit steigender Zahl von Erzeugern und Verbrauchern immer öfter Diskrepanzen zwischen benötigter und lieferbarer Energie im Netz, was zu Preisdifferenzen am Intraday und Day Ahead Markt führt, die von Batteriespeichern bedient werden können.

Mit den neuen Batteriewechselrichtern werden auch große Speicherprojekte mit Stringgeräten realisiert. Welchen Vorteil hat das?

Hier lässt sich ein Vergleich zum Photovoltaikmarkt ziehen. Heute werden bereits etwa 80 Prozent aller weltweiten Utility Scale PV Projekte mit String Wechselrichtern umgesetzt, da diese günstig, einfach installierbar und austauschfähig, zuverlässig und frei skalierbar eingesetzt werden können und letztlich durch den Entfall von Serviceverträgen keine teuren Folgekosten verursachen. Wir sehen daher keinen Grund, warum Batteriespeicher mit Zentralwechselrichtern realisiert werden sollten, da die Vorteile der Stringwechselrichterarchitektur klar auf der Hand liegen und dieser Erfolg bereits in der Photovoltaikindustrie bewiesen wurde. Mit dem Stringwechselrichter für Batteriespeicher können Speicherprojekte mit 200-Kilowatt-Geräten in der Leistung frei skaliert werden.

Die neuen Batteriestringwechselrichter von Huawei haben eine Smart String Architektur. Was ist das und wie funktioniert sie?

Die Smart String Wechselrichter formen einen 1200-Volt-DC-Bus, während die Batterierackspannung durch einen DC/DC-Steller frei geregelt wird. Somit kann nicht nur jedes Rack einzeln geladen und entladen werden, sondern durch Batteriemodule mit Optimierern sogar jedes einzelne Modul. Damit lässt sich zu jeder Zeit die gesamte Speicherkapazität voll ausnutzen. Sollte ein Gerät defekt sein, wird dieses automatisch abgeschaltet und die Systemleistung und die Kapazität ist nur minimal betroffen. Die Smart String Architektur sorgt somit für maximale Anlagenverfügbarkeit. Die spätere Anpassungen der Systemleistung ist durch weiteren Einbau von Wechselrichtern jederzeit möglich.

Welche Geschäftsmodelle sind bei Gewerbespeichern relevant?

Im Gewerbespeicherbereich ist der vorherrschende Anwendungszweck die Eigenverbrauchserhöhung des selbst produzierten Solarstroms, da sie durch den Speicher planbar und berechenbar wird, gefolgt vom Peakshaving. Gerade Ladeparks für Elektrofahrzeuge verändern das Lastverhalten für Industrie- und Gewerbeunternehmen drastisch, was teure Folgekosten für Leistungserhöhung der Netzanschlussinfrastruktur oder einen sich durch die größere Lastspitze verteuerten Spitzenlastpreis des Verteilnetzbetreibers nach sich ziehen kann. Hier können Gewerbespeicher Lasten homogener verteilen und somit die Lastspitzen reduzieren. In den meisten Fällen werden diese Anwendungsfälle zusammengelegt, um maximalen Ertrag des Systems zu gewährleisten. Ersatzstrom spielt aufgrund der hohen Verfügbarkeit des deutschen Netzes hierzulande noch eine untergeordnete Rolle. Die Kunden legen vor allem auf Lieferzeit und Investitionssicherheit in ein langfristig verfügbares System mit durchweg verfügbarem Servicepersonal Wert. Wenn einmal ein Problem auftritt, muss es gesichert kurzfristig auch behoben werden können.

Mit welchen Geschäftsmodellen werden die großen Speichercontainer errichtet – geht es da ausschließlich um Netzbetreiber, die damit Netze stabilisieren wollen oder kommen inzwischen auch Nachfragen von Solarparkentwicklern, die die Anlagen mit Speichern kombinieren?

Der Markt besteht derzeit hauptsächlich aus Projekten der Innovationsausschreibung der Bundesnetzagentur und dieses Geschäftsmodell bietet einen soliden, planbaren Anlagenertrag und ist somit relativ problemlos finanzierbar. Wir rechnen mit einem stabilen Markt in der Innovationsausschreibung, da die Menge der bezuschlagten Projekte derzeit gedeckelt ist, aber auch voll ausgenutzt wird. Für Kombinationsanlagen die im Intradaymarkt aktiv sind, sehen wir ein wachsendes Interesse, allerdings stehen die Entwickler auch vor komplexeren Finanzierungherausforderungen. Die Co-Location mit Photovoltaikanlagen entwickelt sich derzeit recht schnell, da zum Teil Netzanschlusskapazitäten ein limitierender Faktor sind und sich Geschäftsmodelle kombinieren lassen, wenn Strom günstig im Solarpark produziert und zu Hochpreiszeiten vermarktet werden können.

Wie entwickeln sich die Preise für Speicher in den verschiedenen Segmenten?

Durch stark gefallene Rohstoffpreise und eine insgesamt weltweit besser stabilisierte Lieferkette wurden bereits merkliche Preisrückgänge im vergangenen Jahr realisiert. Wir rechnen mittelfristig mit weiteren leichten Preisrückgängen. Langfristig wird durch technologischen wie auch durch produktionstechnischen Fortschritt davon auszugehen sein, dass die Systemtechnik weiter Kosten reduzieren kann. Durch kurzfristige Materialengpässe oder geopolitische Veränderungen, muss aber stets damit gerechnet werden, dass die Preise zwischenzeitlich auch einmal steigen können, so wie es 2022 geschehen ist.

Welchen technischen Weiterentwicklungen sind in der nächsten Zeit zu erwarten – auch mit Blick auf die Batterietechnologie?

Die Lithiumtechnologie wird voraussichtlich der Massenmarkt der nächsten Zeit bleiben, da die Produktionskapazitäten hierfür bereits gebaut sind. An vielen Folgetechnologien wird geforscht, die aber alle die Faktoren Sicherheit, Verfügbarkeit von Rohstoffen, Energie- und Leistungsdichte sowie Preis vereinbaren können müssen, um massenmarkttauglich zu werden. Im Lithiumsegment wird Lithiumeisenphosphat – LFP – klar der Sieger im Massenmarkt sein, da die Technik günstiger und sicherer als bisherige Technologien ist und Applikationen mit hoher Leistung für stationäre Batterien kaum noch ein Thema sind, sondern Kapazität der Treiber der Batterieprojektentwicklungen ist.

Die Fragen stellte Sven Ullrich.

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