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Herr Bülow, wo liegen die energiepolitischen Anforderungen an die Gemeindewerke in Schleswig-Holstein?
Unter dem Motto Stadt – Land – Wind zeigen Städte, Gemeinden und Windenergieunternehmen am 18. April auf dem Windbranchentag Schleswig-Holstein in Husum, wie sie gemeinsam wirtschaftlich und nachhaltig das Energiesystem in Schleswig-Holstein erneuern. Jörg Bülow, einer der Referenten, erklärt, was für die Gemeinden jetzt wichtig ist.
Hier sind schnelle Veränderungen der Rahmenbedingungen die große Herausforderung. Wir sehen insbesondere eine komplexer werdende Regulierung. Wir sehen die Preisentwicklung am Energiemarkt und die notwendige Erschließung neuer Märkte sowie die Entwicklung neuer Technologien. Das verlangt von den Gemeindewerken eine ständige Innovationsbereitschaft und Investitionskraft. Flexibilisierung der Energieversorgung, Digitalisierung in allen Bereichen und Stärkung von Serviceangeboten. Das sind einige der Themen, die die Gemeindewerke anpacken müssen. Unsere Aufgabe ist es, die kommunalen Interessen zu vertreten und von der Politik die notwendigen Finanzen sowie Handlungsspielräume für die Kommunen einzufordern. Die Kommunen und Gemeindewerke haben unterschiedliche Leistungsspektren. Wir müssen dafür sorgen, dass die Politik die notwendige Handlungsfähigkeit sichert.
Wie viele Gemeinden gibt es in Schleswig-Holstein?
1.106.
Die Gemeinden in Schleswig-Holstein und ihre Unternehmen sind Vorreiter bei den Erneuerbaren. Wir als Gemeindetag veranstalten einmal im Jahre eine Klima- und Energiekonferenz. Diese findet 2018 bereits zum zehnten Mal statt. Seien es Themen wie Kraftwärmekopplung, Sicherung der Akzeptanz für die Windkraft, Stromerzeugung mit Erneuerbaren, Energieeffizienz in kommunalen Einrichtungen oder auch die Errichtung von Wärmenetzen. Auf zahlreichen Gebieten sind die Gemeinden aktiv.
Hat denn so eine Klimakonferenz Strahlkraft? Werden die Ideen aufgenommen?
Ja, es gibt hunderte von Gemeinden in Schleswig-Holstein, die sich mit den Fragen Klimaschutz, erneuerbare Energien und Energieeffizienz befassen und insofern die Energiewende vorantreiben.
Gibt es Vorzeigegemeinden?
Sehr viele Gemeinden haben innovative Ideen gerade in den von mir genannten Bereichen. Es gibt in Schleswig-Holstein ja seit etwa zehn Jahren die Energieolympiade der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz EKSH. Das ist der einzige Wettbewerb, den ich kenne, bei dem die Zahl der teilnehmenden Kommunen stetig ansteigt.
Zurück zur Finanzierbarkeit der Energiewende. Gibt es Fördermöglichkeiten für Städte und Gemeinden?
Es gab immer mal wieder Zuschussprogramme von Bund und Land für die energetische Sanierung von bestimmten kommunalen Einrichtungen. Und es gibt ja viele günstige Darlehen der KfW oder auch der Investitionsbank Schleswig-Holstein. Besser wäre es aber, die Kommunen wären finanziell so ausgestattet, dass sie auch ohne Förderbürokratie aus eigener Kraft eigene Schwerpunkte setzen können.
Also müsste der Bund mehr Geld geben für die kommunale Energiewende?
Nein. Die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist grundlegend ungerecht. Das heißt, die Steuereinnahmen müssten insgesamt vom Bund und vom Land zu den Gemeinden umgeschichtet werden. Ohne spezielle Förderprogramme.
Stichwort Ladeinfrastruktur für E-Autos: Werden die Zuschussprogramme von EKSH und Bund ausreichend abgerufen?
Im Förderprogramm des Bundes hat Schleswig-Holstein sein Kontingent mit Anträgen für über 750 Normalladepunkte und rund 150 Schnellladepunkte überzeichnet, und auch das Ladesäulenprogramm des Landes und der EKSH war innerhalb kurzer Zeit überbucht. Dadurch entstehen nochmal 56 Ladesäulen. Die Programme werden also stark in Anspruch genommen.
Welche besondere Situation bringt die Mobilität im ländlichen Raum in Schleswig-Holstein bei der Mobilitätswende mit sich?
Wie kann der Wandel zu erneuerbaren Energien in den Gemeinden in Schleswig-Holstein gelingen?
Starke Pendlerbewegungen und wachsender Individualverkehr werden auch weiterhin die Mobilität in unserem Flächenland prägen. Aber viele Gemeinden bemühen sich derzeit, durch Bürgerbusse und ähnliche Modelle sowie durch Carsharing-Angebote mit Elektroautos Lücken des ÖPNV zu schließen. Und auch hier kommt es oft auf das Engagement von Kommunalpolitikern an, die an die Spitze der Bewegung treten.
Interview: Nicole Weinhold