In den vergangenen vier Wochen sind die Preise für Solarmodule nochmals gesunken. Der Sprung ist für Großhandelsverhältnisse heftig. So werden Standardmodule derzeit für durchschnittlich 20 Cent pro Watt gehandelt. Das sind nochmals um gut neun Prozent unter den ohnehin schon niedrigen Preisen des Vormonats gesunken. Um 9,7 Prozent sind sogar die Preise für die leistungsstärkeren Module mit modernen Zelltechnologien gesunken. Sie sind jetzt im Großhandel für durchschnittlich 28 Cent pro Watt zu haben.
Es geht um Schadensminimierung
Damit erreichen die Modulpreise einen neues Allzeittief seit 2020. Sie liegen inzwischen auch unter den Produktionskosten vieler Hersteller, weiß Martin Schachinger, Geschäftsführer des Onlinemarktplatzes für Solarkomponenten PV Xchange. „Das Erwirtschaften von Deckungsbeiträgen scheint vorerst Geschichte zu sein, jetzt geht es für viele nur noch um Schadensminimierung oder gar um das nackte Überleben“, warnt er.
Überkapazitäten in Asien
Schachinger führt dies vor allem auf die Überkapazitäten der Hersteller in Asien, die derzeit jede Menge Module für den europäischen Markt produzieren. Dies habe auch etwas mit einem Patentstreit um die PERC-Technologie. Dadurch waren viele Hersteller gezwungen, auf Topcon-Technologie umzusteigen. Viele haben aber für andere Märkte weiterhin PERC produziert. Dies erhöhte die Produktionskapazitäten drastisch.
Heftigkeit überrascht die Branche
Dazu kamen noch die Lieferengpässe aufgrund der Coronapandemie, die sich immer noch auswirken. So haben viel Großhändler in Zeiten knapper Ware jede Menge Module bestellt und ihre Lager gefüllt. Schließlich waren durch die Lieferengpässe auch die Anlagenpreise gestiegen. „Letztlich haben viele Akteure im Photovoltaikmarkt dabei sehr gut verdient – auf Kosten der Endverbraucher“, sagt Martin Schachinger. „Nun ist das Ruder komplett umgeschlagen, was zwangsläufig zu einem Preisverfall führen muss. Allein die Geschwindigkeit und Heftigkeit überrascht selbst erfahrene Marktteilnehmer.“
Inflation lässt die Nachfrage sinken
Außerdem sinkt derzeit die Nachfrage wieder. Dies liegt einerseits daran, dass die Politik Erdgas durch Kohle statt durch Erneuerbare ersetzt hat, nachdem die Gaspreise aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine nach oben geschossen sind. Andererseits wirkt sich die Inflation hemmend auf die Nachfrage aus – abgesehen von der Tatsache, dass die Menschen nach der einschränkenden Coronapandemie die Lockerungen nutzen, um ihr Geld mehr in Reisen als in Solaranlagen zu stecken.
Ware staut sich beim Großhändler
Die sinkende Nachfrage führe dazu, dass sind die Auftragsbücher der Installateure wieder etwas leeren. Dadurch nehmen diese vorbestellte Module und Wechselrichter nicht termingerecht ab. „Die Ware staut sich zunehmend bei den Großhändlern und in den Zwischenlagern der Hersteller auf“, sagt Schachinger. „Mittlerweile sollen sich bereits 40 bis 100 Gigawatt unverkaufter Module in europäischen Warenhäusern, vornehmlich im Großraum Rotterdam befinden. Eine exakte Menge zu bestimmen, ist nahezu unmöglich. Es reicht aber zu wissen, dass sich etwa ein Jahresbedarf an Modulen bereits in Europa befindet, um die Dimension und Tragweite des Dilemmas zu verstehen.“
Lagerung kostet Geld
Die Lagerung dieser Ware koste aber sehr viel Platz und damit Geld. „Die Verluste werden von Tag zu Tag größer, während die Absatzmöglichkeiten kleiner werden“, umreißt der PV-Xchange-Chef die Situation. „So wird der Druck immer größer, bis die Lawine irgendwann ins Rutschen gerät und der erste seine Module unter Einkaufs- beziehungsweise Produktionskosten anbietet. Die Wettbewerber sehen sich gezwungen nachzuziehen und die Abwärtsspirale wird in Gang gesetzt.“
Handwerker haben noch teure Module im Lager
Doch diese Abwärtsspirale sei noch gar nicht beim Endkunden angekommen. Denn auch viele Handwerksbetriebe haben noch teure Module in den Lagern. Dadurch verzögert sich die Weitergabe der niedrigeren Preise, was wiederum verhindert, dass die Nachfrage angekurbelt wird, weil viele Endkunden immer noch darauf warten, dass die niedrigen Preise bei ihnen ankommen. (su)