Die Doppelnutzung von Acker- und Grünlandflächen ist ein Marktsegment, dem sich immer mehr Solarprojektierer annehmen. Doch immer noch ist die Unsicherheit da, wie groß der Nutzen der Agriphotovoltaik (Agri-PV) ist und mit welchen Ertragsverlusten kalkuliert werden sollte. Aus diesem Grund hat sich der Energieriese RWE mit dem Forschungszentrum Jülich zusammengetan.
Rekultivierungsfläche wird genutzt
Die beiden Unternehmen bauen im Rheinischen Revier eine Agri-PV-Anlage zu Demonstrationszwecken. Der Generator entsteht in Bedburg am Rand des Braunkohlentagebaus Garzweiler auf einer rund sieben Hektar großen Rekultivierungsfläche. Die Fläche wird derzeit nur landwirtschaftlich genutzt. Doch nach Fertigstellung der Solaranlage wird hier auch Strom geerntet.
Vertikale aufgestellte Module lassen ausreichend Platz
Insgesamt 3,2 Megawatt leisten die Module, die auf der bisherigen Acker- und Gartenbaufläche aufgeständert werden. RWE nutzt dazu drei verschiedene Technologie, die an die jeweilige Nutzung der Fläche angepasst sind. Auf dem Ackerteil des Landes baut RWE eine vertikal aufgeständerte Solaranlage – eine Technologie, die Next2Sun entwickelt hat. Zwischen den Modulreihen muss ohnehin viel Platz bleiben, damit sich diese nicht gegenseitig verschatten. Dadurch kann der Landwirt die Fläche auch weiterhin mit seinen Maschinen fast ohne Einschränkungen nutzen.
Hoch aufgeständerte Anlage für den Gartenbau
Auf einem zweiten Teil baut RWE eine Trackeranlage, die von der Schletter Group aus dem oberbayerischen Kirchdorf/Haag geliefert wird. Auch hier bleibt zwischen den Modulreihen genügend Platz für die landwirtschaftliche Nutzung.
Auf einem dritten Teil der Fläche wird Gartenbau betrieben. Hier baut RWE eine hoch aufgeständerte Solaranlage, unter der der Landwirt weiterhin seine Früchte anbauen kann. Dieses Montagesystem kommt von Zimmermann PV-Stahlbau.
Ertragsdaten erfassen
Bis Ende dieses Jahres sollen die Anlagen in Betrieb gehen. Anfang 2024 startet der Forschungsteil des Projekts. Über mindestens fünf Jahre erfassen die Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich (FZJ) die Ertragsdaten sowohl des Solarstroms als auch der landwirtschaftlichen Nutzung. Außerdem beurteilen sie die Qualität der Feldfrüchte und die Entwicklung der Biodiversität auf den Flächen. „Die Solarmodule können den Pflanzen sogar helfen – durch Schutz vor zu starker Sonneneinstrahlung, Hagel oder Frost oder durch die Steuerung der Wasserversorgung für die Pflanzen“, erklärt Ulrich Schurr, Direktor des Instituts für Pflanzenwissenschaften am FZJ. „So können Ernteausfälle vermieden und Erträge sogar gesteigert werden.“
Boden ist knappe Ressource
Sowohl für RWE als auch für Landkreis und Kommune ist die Demonstrationsanlage ein wichtiger Meilenstein für die weitere Entwicklung der Agri-PV. „Böden sind eine knappe Ressource, mit der wir verantwortungsvoll und effizient umgehen“, erklärt Katja Wünschel, Geschäftsführerin von RWE Renewables Europe & Australia. „Bei der großen Anzahl benötigter Flächen für den Ausbau der Solarenergie sind Synergien wie bei der Agri-PV sehr wertvoll“, betont sie.
Anwendungen erforschen
Mit der Demonstrationsanlage in Bedburg will RWE einen wichtigen Teil der Anwendungsforschung leisten, um zukünftig das volle Potenzial dieser Technologie nutzen zu können. „Hierbei konzentrieren wir uns auf geeignete Kulturen, die optimale Auslegung der zugehörigen Photovoltaikanlagen und die Kooperationskonzepte mit den Landwirten“, sagt Katja Wünschel. „Die Demoanlage von RWE ermöglicht uns, insbesondere neue Technologien zu erproben, die für die Landwirtschaft im Rheinischen Revier von besonderer Bedeutung sind, und erweitert den Ansatz der Forschungsanlage in Morschenich-Alt zu praxisrelevanten Flächennutzungen“, ergänzt Ulrich Schnurr. (su)
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