Was andere Orte und Regionen in Deutschland wie Berlin, Hamburg, Wolfsburg, Erfurt oder Solingen schon längst haben, gibt es jetzt auch für das Allgäu: einen Solaratlas. Die Stromanbieter Allgäuer Überlandwerk in Kempten, Allgäuer Kraftwerke in Sonthofen, Energieversorgung Oberstdorf, Energieversorgung Oy-Kressen und Energiegenossenschaft Mittelberg haben als gemeinschaftliches Projekt ein Solarkataster entwickelt. Damit kann jeder Hausbesitzer im Einzugsgebiet der fünf Partner von Allgäu Strom online einsehen, ob sein Haus für die Installation einer Photovoltaikanlage geeignet ist. Das praktische Hilfsmittel dient nicht nur der Orientierung der Hausbesitzer bevor sie einen Solarteur mit der Bestimmung der Eignung ihrer Dächer beauftragen. Auch die Anbieter von neuen Formen der Finanzierung von Solarstromanlagen werden sich gern über solche Angebote eine Orientierung verschaffen. Anders als die Berliner verzichtet das Allgäuer Solarkataster darauf, solarthermische Potenziale extra darzustellen.
Gebiet zwei Monate lang überflogen
Im Juli und August 2012 haben die Projektpartner das Gebiet überfliegen und dabei aufzeichnen lassen. Aus den daraus gewonnen dreidimensionalen Bilder wurden die geometrischen Daten abgeleitet. Außerdem wurden die Strahlungswerte für jedes einzelne Gebäude aus einer Fotodatei rekonstruiert. Aus dem gesamten Datenmaterial haben die beauftragten Ingenieure ein Oberflächenmodell erzeugt, das Gebäude, Gelände und Vegetation im Einzugsgebiet der fünf Stromversorger zeigt. Jede Dachfläche wurde mit ihren spezifischen geometrischen Eigenschaften dargestellt und beschrieben. Vor allem geht es dabei um die Ausrichtung und Neigung des Daches sowie die Verschattungen durch Hügel und Berge, angrenzende Gebäude oder in der Nähe stehende Bäume. Aus dieser Beschreibung konnten die Ingenieure die Werte des Potenzials berechnen, welches jedes Dach des Allgäu für die Installation einer Photovoltaikanlage hat, indem sie die maximal mögliche Sonneneinstrahlung für die Dächer errechneten. Weil die maximal mögliche Sonneneinstrahlung je nach geographischer Lage des Ortes, in dem ein Haus steht, unterschiedlich ist, wurde für jede Gemeinde ein eigener maximaler Strahlungswert ermittelt. Die Einteilung der Dachflächen erfolgt dann im Bezug auf diesen Wert. Dabei haben sich die Projektpartner auf Dächer beschränkt, die mindestens zwölf Quadratmeter groß sind. Kleinere Schuppen, Carports oder Gartenlauben werden nicht mit dargestellt.
Farben zeigen Potenzial an
Die einzelnen Dachflächen werden in vier verschiedenen Kategorien dargestellt. Damit ist ein Überblick anhand der farblichen Darstellung sehr schnell möglich. Sehr gut geeignete Flächen werden in Gelb dargestellt. Das sind Dächer, die mindestens 95 Prozent der maximal möglichen Sonneneinstrahlung abbekommen. Liegt der maximale Einstrahlungswert zwischen 90 und 95 Prozent, sind die Dachflächen in Orange dargestellt. Rot sehen Dächer aus, die nur bedingt für eine Photovoltaikanlage geeignet sind. Sie bekommen nur 80 bis 90 Prozent der maximal möglichen Sonneneinstrahlung ab. Alle ungeeigneten Dächer werden erscheinen Grau.
Fachberatung bleibt Sache des Installateurs
Zwar kann so jeder einsehen, ob eine auf der Dachfläche installierte Solarstromanlage wirtschaftlich arbeiten kann. Auch über einen zusätzlichen Ertragsrechner kann der jeweilige Hausbesitzer – und nur der – den zu erwartenden Ertrag berechnen. Aber die Projektpartner stellen auch klar, dass sie keinerlei Haftung für die Ergebnisse übernehmen. Schließlich dient das Solarkataster nur einer groben Orientierung. Ob und wie die Solarstromanlage auf das Dach montiert wird, damit sie die maximalen Erträge auch bringt, bleibt die Aufgabe des Solarteurs. (Sven Ullrich)