Seit etwa einem Jahr sind Eigentümer:innen von Neubauten in Hamburg verpflichtet, eine Photovoltaikanlage auf ihrem Dach zu errichten. Zwar gelten hier schon einige Ausnahmen, etwa wenn der Generator nicht wirtschaftlich zu betreiben ist weil das Dach verschattet ist.
Doch plant der Senat der Hansestadt, diese Ausnahmen für Wohnungsbaugesellschaften zu erweitern. Sie sollen es in Zukunft einfacher haben, von der Solarpflicht abzuweichen, wie der Ökoenergieversorger Green Planet Energy berichtet. Für das Unternehmen ist das ein großer Schritt in die falsche Richtung. „Mit dem Hamburgischen Klimaschutzgesetz hat der rot-grüne Senat ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm auf den Weg gebracht. Die fortschrittliche Photovoltaikpflicht für Neubauten ist dabei ein wichtiger Baustein. Der Senat darf diesen wichtigen Schritt nun nicht wieder ausbremsen!“, fordert Carolin Dähling, Leiterin Politik und Kommunikation Green Planet Energy.
Kosten des Elektronikumbaus der PV angelastet
Sie warnt vor Nachteilen für den Wirtschaftsstandort Hamburg. Außerdem würde dies auch dazu führen, dass weniger Mieter:innen von günstigem Solarstrom vom Hausdach profitieren können. kritisiert Carolin Dähling.
Tatsächlich habe der Senat einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der vorsieht, dass bei älteren Bestandsgebäuden es künftig möglich sein solle, die Erneuerung der Gebäudeelektronik, also der Verteilung und der Zählerschränke gegen die Solarpflicht aufzurechnen. Damit will der Senat die Hauseigentümer finanziell entlasten. Allerdings kritisiert Green Energy Planet, dass die Kosten für diesen Umbau ohnehin anfallen würden und nicht durch den Bau der Photovoltaikanlage verursacht werden. Allerdings erscheinen durch die Hinzurechnung dieser Kosten die Anlage schneller unwirtschaftlich, was aber real nicht der Fall ist. Damit haben die Hauseigentümer aber ein Ausschlusskriterium von der Solarpflicht geschafft und können auf die Photovoltaik auf dem Dach verzichten.
Unwirtschaftlichkeitsnachweis soll entfallen
Zudem sollen die konkreten Vorgaben an die Nachweispflicht für die Unwirtschaftlichkeit künftig entfallen. Dies erhöht die Hürde für die Photovoltaik. Denn die Hauseigentümer müssen sich dann nicht mehr zwangsläufig mit der Solarenergie beschäftigen. Damit rückt diese wieder aus dem Blickfeld. Außerdem ist bisher die Begründung der Ausnahme mit einem gewissen Aufwand verbunden, so dass es nicht selten einfacher ist, die Photovoltaik zu realisieren als die Begründung der Ausnahme von der Solarpflicht. Die neue Verordnung werde es Immobilienunternehmen also deutlich einfacher machen, aus vorgeschobenen Unwirtschaftlichkeitsgründen auf eine Photovoltaikanlage zu verzichten, warnt die Ökoenergiegenossenschaft.
Steuererleichterung ohne Fremdumsätze
Damit könnte auch der Ausbau der Photovoltaik kräftig ins Hintertreffen geraten. Denn die meisten Wohngebäude in Hamburg sind im Besitz von Immobilienunternehmen. Diese seien in der Regel aufgrund der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer befreit. Allerdings behalten sie dieses Steuerprivileg nur, wenn sie keine Fremdumsätze erwirtschaften. Sie dürfen also keine keine Einnahmen aus Solaranlagen generieren. Dementsprechend können Immobilienunternehmen nicht selbst als Betreiber von Photovoltaikanlagen aktiv werden.
Prüfpflicht für Anlagenbetrieb durch Dienstleister
Die bisherige Regelung zur Solarpflicht sieht allerdings vor, dass deren Umsetzung dennoch durch Dritte sichergestellt werden kann. Jedoch soll die Pflicht abgeschafft werden, wonach die Immobilieneigentümer die Pflicht haben zu prüfen, ob Dritte gewillt sind, den Bau und Betrieb der Photovoltaikanlagen zu übernehmen. Stattdessen können sich Immobilienunternehmen auch hier auf eine Unwirtschaftlichkeit durch Steuernachteile berufen und damit die Solarpflicht umgehen. Das betreffe einen Großteil der Mehrparteiengebäude in Hamburg, warnt Green Planet Energy.
Aus diesen Gründen ermuntert der Ökoenergieversorger den Senat, an der Solarpflicht, so wie sie ist, festzuhalten. „Ziel muss es weiterhin bleiben, dass der Photovoltaikausbau in Hamburg Fahrt aufnimmt und die Pflicht für möglichst viele Dächer gilt. Alles andere würde uns beim Klimaschutz und der wirtschaftlichen Transformation unnötig abhängen“, betont Carolin Dähling. (su)