Große solarthermische Anlagen können die Energiewende im Wärmesektor drastisch beschleunigen. Sie eignen sich vor allem für die Bereitstellung von Prozesswärme, was zur Dekarbonisierung vieler Industriezweige beitragen kann. Der Vorteil: Die Betriebe haben einen permanenten Bedarf an Prozesswärme, wodurch vor allem die sommerlichen Solarerträge gut genutzt werden können.
Wirksame Förderung einführen
Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) appelliert deshalb an die künftigen Regierungsparteien CDU, CSU und SPD, im Rahmen der Koalitionsverhandlungen große Solarthermieanlagen zur schnelleren Umsetzung der Wärmewende mit erneuerbaren Energien zu berücksichtigen. „Das bewilligte Sondervermögen mit den darin vorgesehenen 100 Milliarden Euro für Klimaschutzmaßnahmen schafft den finanziellen Rahmen für eine wirksame Förderung“, sagt Torsten Lütten, Präsident der DGS.
Attraktive Förderung für Prozesswärmeanlagen
Er regt an, sich an der Schweiz zu orientieren. Die Eidgenossen fördern solarthermische Anlagen zur Erzeugung von Prozesswärme ab 70 Kilowatt Nennleistung seit Anfang dieses Jahres. Dies ist in der Schweizer Klimaschutz-Verordnung gesetzlich verankert. Voraussetzung ist, dass die Solarthermieanlage eine Heizöl- oder Erdgasheizung oder Elektrodirektheizung ersetzt. Zudem muss eine Anlagenüberwachung installiert werden. Damit die Betriebe eine Förderung bekommen, müssen sie außerdem qualitätsgeprüfte Kollektoren verbauen lassen.
Blaupause für Deutschland
Der Fördersatz kann sich sehen lassen. Die Unternehmen bekommen einen Grundbetrag von 2.400 Franken. Das sind etwa 2.515 Euro. Dazu kommen noch 1.000 Franken – etwa 1.048 Euro – pro Kilowatt thermische Kollektornennleistung. Die Förderung könnte sogar auf kleinere Anlagen ausgedehnt werden. Denn laut Verordnung über die Reduktion der CO2-Emissionen sind solarthermische Anlagen ab 35 Kilowatt Nennleistung förderberechtigt. Diese Verordnung ist zwar bisher nicht in Kraft. Doch das Bundesamt für Energie (BFE) stellt die Regelungen im Rahmen eines vorbereitenden Webinars am 8. Mai 2025 das Förderprogramm vor.
Privilegierung für Solarthermie, PV und Speicher gefordert
Dies könnte auch eine Blaupause für Deutschland sein. Denn die Solarthermie fristet hierzulande derzeit ein Schattendasein. Laut Daten des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) waren Ende 2024 rund 2,59 Millionen Solarwärmeanlagen mit einer Bruttokollektorfläche von etwa 21,82 Millionen Quadratmetern in Betrieb. Das größte Potenzial für den Zubau sehen Experten in den Marktsegmenten der solaren Fernwärme und der industriellen Prozesswärme.
Viele Anlagen werden derzeit gebaut
So erzeugten laut Forschungsinstitut Solites aus Stuttgart Ende des vergangenen Jahres 58 große Solarthermieanlagen mit insgesamt 163.411 Quadratmetern Bruttokollektorfläche CO2-freie Wärme für deutsche Fernwärmenetze. Momentan sind weitere solche Großanlagen im Bau oder befinden sich in der Ausschreibungsphase. Die Analysten von Solites gehen davon aus, dass sich die Anlagenzahl schnell verdoppeln könnte.
Genehmigungen vereinfachen
Diese großen Solarthermieanlagen benötigen allerdings Fläche, die bislang nicht für sie vorgesehen war. „Daher sind die Priorisierung und die erhebliche Vereinfachung der Genehmigung der Anlagen dringend erforderlich“, betont DGS-Präsident Torsten Lütten. „Der Anschluss an ein Wärmenetz ist eine elegante Option für Hausbesitzer:innen, bei der Beheizung ihrer Gebäude auf Erneuerbare umzusteigen, ohne selbst technisch umrüsten zu müssen“, erklärt der Solarthermieexperte.
Wärmenetze dekarbonisieren
Auf diese Weise kann die Solarthermie einen wichtigen Beitrag zur schnellen Dekarbonisierung der Wärmenetze leisten, betont Lütten. „Das Gleiche gilt für die Wärmeversorgung der Industrie“, betont er. Doch der Schwerpunkt der Debatte liege derzeit zu sehr auf der Stromversorgung. „Immerhin macht Wärme mehr als die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland aus. Das können wir nicht einfach alles mit Strom bereitstellen, sondern brauchen die Direktwärme aus der Kraft der Sonne“, weiß der DGS-Chef. „Solarthermieanlagen lassen sich übrigens hervorragend mit Wärmepumpen aller Größenordnungen kombinieren und tragen so zur Entlastung der Stromnetze und zur massiven Beschleunigung der Energiewende bei.“
Solare Prozesswärme ist preiswerter als Erdgas
Prozesswärme ist wirtschaftlich
Er verweist auch auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE). Die Freiburger Forscher haben schon Ende 2024 ausgerechnet, dass solarthermische Prozesswärmeanlagen wirtschaftlich sind. Demnach sind solarthermische Anlagen zur Herstellung von Prozesswärme deutlich wirtschaftlicher als Erdgasanlagen. „Das wird bei der Betrachtung aller Wärmekosten von immer mehr Industriemanagern verstanden“, sagt Lütten mit Blick auf das Interesse der Unternehmen.