Die Naturschutzorganisation Nabu wirft Vertretern der Energiewirtschaft und insbesondere der Offshore-Windenergie-Branche vor, mehr Flächen für Meereswindparks zu fordern und damit die 2024 gefundene Einigung über den „Erhalt hoher Umweltstandards beim Ausbau der Offshore-Windenergie“ zu verwerfen. Im Detail kritisierte der Nabu nun in seiner Mitteilung: „Als Konsequenz von Windschatteneffekten und Ertragseinbußen durch eine viel zu dichte Bebauung der Nordsee mit Windkraftanlagen sollen nun etablierte Planungs- und Umweltkriterien abgeschafft werden. Hier scheint es nicht mehr um naturverträglichen Klimaschutz, sondern Gewinnmaximierung zu gehen.“
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Endlich: Natur- und Klimaschutz rücken zusammen
Die Umweltschützer reagierten mit ihrer öffentlichen Protestnachricht auf ein gemeinsames Positionspapier des Energiewirtschaftsverbands BDEW und der Offshore-Windkraft-Organisation BWO vom 9. Januar. Darin listen BDEW und BWO 13 „Maßnahmen zur weiteren Optimierung des Offshore-Wind-Ausbaus“ auf, die ihrer Meinung nach die Wirtschaftlichkeit des weiteren Ausbaus und Betriebs von Meereswindparks absichern sollen. Neben Forderungen, die Ausbaureihenfolge der Windparks durch andere Ausschreibungstermine so anzupassen, dass künftig von neu entstehenden Offshore-Windkraftfeldern in den Windschatten gestellte bestehende Windparks möglichst lange noch unbeschattet Strom erzeugen dürfen, oder Nutzungsflächen für nicht mehr als ein Gigawatt Erzeugungskapazität auszuschreiben, um die Akteursvielfalt zu stärken, finden sich insbesondere drei Regelungen, an denen die Umweltschützer nun Anstoß nehmen.
So treten die beiden Verbände auch für kürzere und direkte Kabelzuführungen an Land ein und außerdem für eine Abschaffung einer in anderen europäischen Ländern unüblichen Temperaturobergrenze für die Erwärmung des Meeresbodens durch Kabel ein, um Kosten zu sparen. Auch die Forderung nach einer weniger dichten Planung des Offshore-Windkraftausbaus lässt den Nabu protestieren. Wörtlich kritisiert der Nabu, der BWO plädiere für „die kostengünstige Kabellegung durch das Meeresschutzgebiet Sylter Außenriff“. Und er wünsche „die Standortwahl nach Ertrag“.
Beide vom Nabu unterstellten Forderungen über die Nutzung des Meeresschutzgebietes und eine angebliche neue Standortwahl finden sich in dem Maßnahmenkatalog der Energiewirtschaftsvertreter allerdings nicht. Der BWO reagierte auf den Protest der Umweltschützer und monierte seinerseits, dass diese die politischen Forderungen im Vorfeld der Bundestagswahl missinterpretierten. Welche Flächen für Offshore-Windenergie genutzt würden, entscheide das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie BSH, sagte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm. Der BWO setze sich außerdem sogar dafür ein, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen für neue Offshore-Windparks beibehalten werden, statt sie wie von der aktuellen Bundesregierung angedeutet abschaffen zu wollen.
Um die Befürchtungen der Umweltschützer zu zerstreuen, hilft allerdings auch eine genauere Lektüre des Maßnahmenkatalogs nicht. Weniger dicht geplante Flächen für künftige Windparks dürften nicht mit Abstrichen an den geplanten Offshore-Windkraft-Kapazitäten einher gehen, heißt es da. Wo die in der Konsequenz zusätzlich notwendigen Flächen herkommen sollen, belässt das Papier im Unklaren. Einzig ein weiterer Maßnahmenvorschlag nach mehr Ko-Nutzungen von Flächen verweist direkt auf mögliche neue Windkraftnutzungsareale. Mit welchen Meeresnutzungen die Offshore-Windparks auf denselben Gebieten den Betrieb aufnehmen könnten, besagt das Papier nicht – schließt aber gemeinsame Nutzungen mit der Fischerei teilweise aus.