Sogenannter Höhenwind soll künftig durch Drachen, Fallschirme, Gleitsegel, Zeppeline und andere Flugobjekte eingefangen werden. Forscher- und Entwicklerteams von Delft bis Kalifornien arbeiten seit Jahren an recht unterschiedlichen Konzepten, um diese Winde für die Stromgewinnung nutzbar zu machen. Die bisherigen Prototypen verwenden Flugwindanlagen, die über ein oder mehrere Seile und Kabel mit einer Bodenstation verbunden sind. Sie können den Strom entweder in der Luft oder am Boden erzeugen. Grundsätzlich soll eine Flugwindanlage durch die einfachere Installation und erheblich weniger Material rund 30 Prozent weniger kosten als eine Windturbine.
Die derzeit rund 20 verschiedenen Konzepte von Flugwindanlagen wurden nun von der Unternehmensberatung Garrad Hassan, die sich auf den Bereich der erneuerbaren Energien spezialisiert hat, in einer fast hundertseitigen Marktstudie zusammengestellt. Anlass für die Studie war laut Projektleiter Peter Frohboese der wachsende Kreis von Kunden, die in diesem Bereich mitmischen wollen. Die Studie „Market Status Report / High Altitude Wind Energy“ untersucht das Potenzial der Höhenwinde als Energiequelle, vergleicht die aktuellen Systeme und ihre Potenziale bei Serienreife. Zudem prüft sie neben gesetzlichen Auflagen in verschiedenen Ländern und technischen Herausforderungen für die Industrie auch die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der einzelnen Systeme.
Flugverkehr schränkt Möglichkeiten ein
Auch wenn es bisher noch kein marktreifes Modell gibt, kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Systeme viel Potenzial haben und die Stromerzeugung der Zukunft unterstützen können. „Die Industrie ist aber noch zu jung, als dass jetzt schon Technologien oder Systeme als Marktführer klar herausstehen. Die Mischung aus System, Technologie und Umsetzung wird entscheidend sein“, bekundet Frohboese. Noch sei zu klären, so der Projektleiter, was mit den Drachen, Windsegeln oder Ballons im Falle größerer Unwetter mit Blitzen passiere; wahrscheinlich sei, dass die Anlagen dann auf den Boden zurückgeholt werden müssten. Hier fehle es an automatisierten Systemen für die Positionierung und vor allem ein schnelles Rückholen der Flugwindanlagen. Außerdem sei Voraussetzung für die öffentliche Akzeptanz solcher Anlagen, dass diese im Unwetterfall keine Gefahr darstellten, auch wenn sie über Land betrieben werden sollten. „Im Gegenteil zu konventioneller Windenergie wird man am Boden kaum etwas sehen, da die Anlagen in Höhen über 300 Meter arbeiten sollen – das begünstigt zunächst die Akzeptanz“, erklärt Frohboese. „Die Studie zeigt, dass die Anwendung durch die Einschränkungen vor allem auf dem Meer, also offshore sinnvoll wäre. Allerdings muss die Technologie zur Serienreife noch einen guten Entwicklungsschritt leisten.“
Auch verweist seine Studie darauf, dass die Stromleitung in den Kabeln noch nicht vollständig auf Durchführbarkeit erforscht sei – hier müsse noch nach Lösungen gesucht werden, die dem Kabelgewicht und der Erdanziehungskraft Rechnung tragen. Ebenso könne es zu massiven Energieverlusten im Kabel bei den luftbasierten Systemen kommen. Eine große Hürde, meint der Projektleiter, seien generell auch die Luftverkehrsbehörden, die ihre Routen nicht einschränken möchten. Und, für die Zukunft ebenfalls wichtig, sind Klassifizierungen und Zertifizierungen, die es bisher nicht gibt - gerade Investoren und Versicherungen würden diese aber dringlich anfordern.
Link zum kostenfreien Abriss der Studie: Market Status Report / High Altitude Wind Energy
(Regine Krüger)