Die Windreich-Pleite hat es erneut gezeigt: Sicher sind Arbeitsplätze auch in der Windkraft nicht mehr. Doch wie sind sie sonst und was macht sie tatsächlich weiter attraktiv?
Knapp 100 Mitarbeiter müssen in dem Unternehmen aus Wolfschlugen bei Stuttgart nun um ihre Jobs fürchten, nachdem der Inhaber und CEO, Willi Balz, der Windreich AG Anfang September einen Antrag auf Kurs in Eigenregie gestellt hatte. Nachdem Chef Balz inzwischen offenbar auf Druck von Investoren die Unternehmensführung an seinen Berater Werner Heer übergeben hat, der als Sanierungsexperte gilt zuletzt aber bei der Insolvenz in Eigenregie beim Westerwälder Turbinenbauer Fuhrländer gescheitert war, hängt nun alles an Verhandlungen um weiteres Projektkapital der bisherigen Investoren und heutigen Gläubiger Windreichs. Insbesondere, ob das Eigenkapital für schon baufertig geplante Nordsee-Windparkprojekt MEG 1 von bis zu 700 Millionen Euro zusammenkommt, entscheidet auch über die weitere Beschäftigungssituation in Wolfschlugen.
Gleichwohl muss, wer den Arbeitsmarkt in Sachen Windenergie derzeit beschreiben will, ein differenziertes Bild zeigen. Einerseits gilt: Es mag erschreckend anmuten, wie die Windreichpleite auch Folge einer Kettenreaktion war: Vorausgegangen war dem wirtschaftlich nun anstehenden Offenbarungseid des vorletzten Mittelständlers unter den Projektierern deutscher Meereswindparks die Pleite der Windreich-Tochter Fuhrländer, die offshore gar nicht tätig war. Fuhrländer hatte im August endgültig die Tore schließen müssen und Windreich musste auf den eigenen Zehn-Prozentanteil des Unternehmens Verluste von angeblich 20 Millionen Euro abschreiben – was die Geschäftszahlen zuletzt in den roten Bereich brachte. Das Fuhrländer-Ende hatte übrigens 700 Mitarbeiter den Job gekostet.
In denselben für die Beschäftigung dunklen Farben lässt sich der so genannte Cuxhavener Appell malen – die für die Offshore-Windkraft wichtigen Landesminister der fünf Küsten-Bundesländer inklusive Stadtstaaten Hamburg und Bremen warnten Ende August vor der Gefahr für die Beschäftigung von bereits Tausenden Beschäftigten ihrer Offshore-Industrie, falls die Bundesregierung nicht nach der Wahl schnell wieder für Sicherheit der Branche über eine verlässliche Vergütung und weitere Rahmenbedingungen schaffe. Und richtig ist schließlich auch: In ihrem so genannten Arbeitsmarktbarometer ermittelte die Personalvermittlungsagentur Manpower jetzt, dass der Beschäftigungsausblick der Energiewirtschaft insgesamt vom Barometer-Wert vier auf null sinkt: Null steht für die Tendenz keine Neueinstellungen mehr.
Personal wird immer gesucht
Andererseits ist viel Bewegung im Arbeitsmarkt: Auch Windreich hatte noch bis Ende 2012 sein Personal zunächst von 50 auf 100 verdoppelt. Die großen Windturbinenbauer haben vorerst weitgehend geplante Beschäftigungsreduzierungen abgeschlossen. Sie dürften derzeit zwar genauso wenig ihr Personal wieder aufstocken wie jene großen mit Windenergie befassten Konzerne, die derzeit allgemein Belegschaften reduzieren müssen: Bilfinger-Berger, Evonik, RWE. Andererseits meldet ERNEUERBARE-ENERGIEN-Partner EE-Jobs in seiner Online-Jobbörse derzeit 94 aktuelle Jobangebote der Windkraft. Ganz unterschiedlich beleumundete Unternehmen wie Prokon oder Enercon suchen alleine hier sogar bis zu 30 und mehr neue Mitarbeiter. Aber vor allem auch die Windparkplaner haben weiterhin Interesse an neuem Personal um ihr immer noch explorierendes Projektierungsgeschäft bewältigen zu können: Ob WPD, Juwi, Energiequelle oder die hannoversche Planungsfirma Lenpower. Auf ihren Online-Firmenseiten listen die Windenergieanlagenhersteller sogar noch mehr Jobs auf, auch wenn einige davon interne Ausschreibungen sein dürften. Beispiel Nordex: 93 Stellen bieten die Hamburger aktuell weltweit an - und organisieren so die Belegschaft entlang einer sich wandelnden Firmenstruktur.
Für Beschäftigt der Branche gerade auch im mittleren Management oder in den Entwicklungsabteilungen ist die anhaltende Stellensuche ihrer Unternehmen aber nur eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass zumindest die vorangehenden Unternehmen inzwischen mit flexiblen Arbeitszeiten, Mitarbeiteraktionen wie Bootsrennen, Betreuungsangeboten für Kinder sowie gemeinsame Gesundheits-/Fitness- oder Konzentrationstrainings viel für die Mitarbeiterbindung tun.
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