28.675 Windenergieanlagen an Land zählt Deutschland inzwischen. 2017 wurden 1.792 Anlagen mit 5,3 Gigawatt (GW) neu aufgestellt. So viel wie noch nie - 15 Prozent mehr als 2016. Die Deutsche Windguard hatte die Zahlen für den Bundesverband Windenergie (BWE) und den VDMA Power Systems erhoben.
Überrascht zeigte sich niemand vom rasanten Zubau. Denn im EEG 2017 wurde allen Anlagen eine Übergangsfrist eingeräumt, die bis Ende 2016 eine BImSchG-Genehmigung hatten. Gehen sie bis Ende 2018 ans Netz, erhalten sie eine Festpreis-Vergütung nach altem System. Parallel zur Einführung von Ausschreibungen wurde von diesen genehmigten rund 3.000 Anlagen mit 9,1 Gigawatt Leistung ein großer Teil im Jahr 2017 errichtet. Davon verbleiben für die Errichtung 2018 nun noch 3,3 GW, wenn man die 5,3 GW abzieht, die 2017 verbaut wurden, und weitere 0,5, die ihren Verzicht auf das Übergangssystem erklärt haben. Für 2018 und 2019 werden entsprechend nur 3.500 und 3.400 Megawatt (MW) Zubau erwartet, 2020 und 2021 sollen es 4.800 und 4.900 MW sein. "Wir unterstützen die Sondierungs-Gespräche der CDU und SPD, die ja ein Sondervolumen für die Windenergie entschieden haben von je 2.000 MW für die Jahre 2019 und 2020", so BWE-Präsident Hermann Albers bei der Pressekonferenz zu den Zahlen. "Sonst wäre das Delta auch industriepolitisch sehr groß geworden."
Ein wichtige Frage ist dabei auch, wie viel zurückgebaut wird. 2017 wurden 467 MW an alten Anlagen abgebaut. Das Thema wird immer wichtiger, je älter die Anlagen werden. Es besteht die Gefahr, dass der Zubau vor dem Hintergrund des gleichzeitigen Abbaus verpufft. "Wir weisen heute schon darauf hin, dass wir es für sinnvoll halten, nach 2021 in einen Nettozubau in der gesetzlichen Planung wieder einzusteigen, weil wir ab diesem Jahr mit einem Rückbau von 4.500 MW im ersten Jahr und danach regelmäßig zwischen 2.000 und 3.000 MW aus Bestandsanlagen rechnen müssen, die aus dem EEG fallen", so Albers.
Bezüglich der regionalen Verteilung verwies Hermann Albers darauf, die Windenergie könne technologisch in jedem Teil Deutschlands wirtschaftlich sein. Dennoch haben drei Bundesländer - Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein - mehr als 50 Prozent der gesamten installierten Leistung ans Netz gebracht. In dem Zusammenhang erklärte der BWE-Präsident , er lehne Ausbau-Quoten für Bundesländer ab. Stattdessen müsse man darüber nachdenken, das Referenzertragsmodell von 65 wieder auf 60-Prozent-Standorte runterzubringen. Zudem führte er Probleme in bestimmten Bundesländern an: In Bayern gibt es seit 2014 eine rigorose Abstandregelung, die sogenannte 10H-Regelung. Während 2014 noch 219 Bauanträge für Windprojekte dort gestellt worden seien, waren es laut Albers 2017 nur noch vier Anträge. Für Schleswig-Holstein erklärte Albers, hier müsse eine Lösung in der Flächenproblematik gefunden werden: Von der Bevölkerung akzeptierte Bestandsflächen müssten erhalten bleiben, wenn Repowering Thema wird.
Bezüglich der durchschnittlichen Anlagenleistung, Nabenhöhe und des Rotordurchmessers wird in der Tabelle oben noch einmal deutlich, wie rasant die Technik voran schreitet, wie die Anlagen wachsen, um die Stromgestehungskosten in den Keller zu bringen.
"Wenn Offshore noch hinzugerechnet wird, erreicht man erstmals 100 Terawattstunden aus Windenergie", so Anna-Kathrin Wallasch von der Deutschen Windguard. Im Vergleich zu 2016 sei ein deutliches Plus von 31 Prozent an Windstrom produziert worden. "Wir haben mit der Windkraft auch einen wichtigen Beitrag für die Klimaschutzziele der Bundesregierung geleistet", so Albers. "Und dass wir die Ziele 2020 jetzt nicht erreichen können, das liegt nicht an der Windenergie, sondern das liegt an der Frage der CO2-Emissionen." In dem Zusammenhang verwies er auf die aktuellen Regierungsverhandlungen: "Wir bedauern ein wenig, dass die CO2-Bepreisung nicht im Eckpunktepapier der Sondierungsgespräche enthalten ist." Der BWE agiere hier gemeinsam mit Eon. Das Unternehmen habe gerade wieder eine wirksame CO2-Bepreisung gefordert. Mit einem solchen Instrument können der Kohleausstieg in einen marktwirtschaftlichen Rahmen gestellt werden.
Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems, bestätigte das. Er fügte an, dass es ja bereits eine CO2-Bepreisung gibt, "aber daraus folgen bisher keine Modernisierungs- und Investitionsimpulse." Er erklärte weiter: "Wenn wir Instrumente suchen, wie wir aus der klassischen EEG-Vergütung herauskommen wollen, wäre das ein Impuls." Es gäbe dazu Initiativen in Europa. "Insbesondere von unseren westlichen Nachbarn." Die Politik müsse das prüfen, denn ansonsten würde man das Instrument verlieren.
Bezüglich des Themas Ausschreibungen erwartet die Windbranche zügige Systemkorrekturen. Im Jahr 2017 wurden von den insgesamt ausgeschriebenen 2.820 MW Wind an Land 2.730 MW an Projekte vergeben, die noch über keine BImSchG-Genehmigung verfügen. Diese 2.730 MW müssen innerhalb der nächsten viereinhalb Jahren umgesetzt werden. Um einen für die Industrie negativ wirkenden Einbruch des Zubaus im Jahr 2019 zu glätten, unterstützt die Branche die Forderung der Bundesländer, nicht nur in der ersten und zweiten Ausschreibungsrunde 2018, sondern auch in der dritten und vierten Ausschreibungsrunde 2018 eine BImSchG-Genehmigung als Pflicht vorzuschreiben, sowie zusätzliche Volumen auszuschreiben.
(Nicole Weinhold)