Südlich von Hamburg ist im Januar ein rund 100 Meter hohes Windrad umgestürzt. Das Windrad in Neu Wulmstorf ist schon das dritte, das innerhalb von drei Wochen umgeknickt ist. Mitte Dezember war eine Anlage bei Grischow in Mecklenburg-Vorpommern umgestürzt. Dort war vermutlich ein defektes Bauteil Ursache für den Umsturz. Ende Dezember knickte noch ein Windrad im sächsischen Windpark Sitten bei Leisnig um. Zwar sind das wenige Havarien, wenn man bedenkt, dass wir mehr als 27.000 Anlagen in Deutschland haben. Anlass genug aber, um zu fragen, ob Windturbinen sicherer sein könnten.
Herr Krüger, was ist aus Ihrer Sicht meistens die Ursache von Havarien oder Umstürzen von Windturbinen?
Aus unserer Sicht liegt die Ursache von der Havarie einer Windenergieanlage in der Überlagerung von Schwingungen ,oder auch Resonanzfrequenzen, der unterschiedlichen Baugruppen oder von beweglichen Teilen. Jedes Bauteil hat mehrere Eigenfrequenzen. Die Turmeigenfrequenz wird zum Beispiel durch den Anlagen-Hersteller rechnerisch durch Simulationen ermittelt und in der Typenprüfung dokumentiert. Über die Laufzeit der Windturbine können sich die Frequenzcharakteristiken der Bauteile jedoch ändern - beispielsweise durch Defekte am Fundament, am Schwingungsdämpfer, durch Unwuchten oder durch den Austausch von Baugruppen.
Wann treten Probleme auf?
Probleme treten nun auf, wenn zum Beispiel Schwingfrequenzen und Eigenfrequenzen nahe beieinander liegen - hierdurch können Resonanzen auftreten, die zu großen Lasten, oder auch Kräften, und somit zu einer rapiden Schädigung der Baugruppen führen. Durch die herkömmlich verwendeten Simulationen bei der Begutachtung von Wind-Anlagen durch Sachverständige werden jedoch Alterungseffekte und komplexe Schwingungscharakteristiken der Windturbine nicht oder nur unzureichend berücksichtigt.
Warum wird das Problem nicht erkannt?
Eine routinemäßige messtechnische Untersuchung, die diese Faktoren ermittelt, findet gewöhnlich nur für wenige Baugruppen statt, zum Beispiel Monitoring am Triebstrang, aber kein Monitoring des Fundaments oder des Turmes. Selbst die Daten der vorhandenen Sensoren werden nur eingeschränkt verwendet, zum Beispiel zur Notabschaltung bei Getriebeschaden oder im vollen Umfang gespeichert ; sie stehen für weitere Analysen häufig nicht zur Verfügung. Somit können viele Schäden erst zu spät erkannt werden - im Extremfall erst bei einem Totalausfall oder Havarie der Anlage. Die so wichtigen Messdaten für eine Ursachenanalyse liegen dann leider nicht mehr vor.
(Nicole Weinhold)