Tilman Weber
... sie erarbeiten hier echte Innovationen, um physikalische Grenzen dieses Größenwachstums zu überwinden.
Beispiel Getriebe: Mit einem neuartigen, Lasten besser verteilenden Getriebe macht das Augsburger Unternehmen Renk ein Innovationsangebot für eine immer dringlichere Aufgabe: Die Leistungsdichte der Drehzahlübersetzer muss stark zunehmen. So müssen die Getriebe mehr Drehmoment an den Generator durchreichen. Zugleich dürfen sie nicht viel schwerer werden. Sonst würden nicht nur höhere Getriebekosten die Preise treiben, sondern auch erforderliche Verstärkungen im Getriebe-Generatorrahmen oder im Turm fürs Tragen größerer Lasten.
In der Design-Serie EQ-Gear führt Renk seit 2018 das zweistufige reine Planetengetriebe für mittelschnell Sowie ein dreistufiges Planetenstirnradgetriebe für schnell drehende Generatoren ein. Mit einem intelligenten Planetenlagerungssystem mit Gleitlagern und mit einer technisch weiterentwickelten Kupplung überträgt es die Drehmomente besonders flexibel in den Generator.
Dabei setzt Renk, wie einige Getriebebauer, auf eine höhere Zahl an Planetenzahnrädern in der ersten Getriebestufe. Weil im EQ-Gear fünf statt traditionell drei Planetenzahnräder um das Sonnenzahnrad in der Mitte abrollen und diese flexibel aufgehängt sind, verteilen sich die von Stößen aus dem Wind unregelmäßig in verschiedenen Richtungen auf die Getriebestufe drückenden Drehmomente gleichmäßig. Die Ermüdung der Zahnräder und der Getriebeachsen nimmt ab. Eine neue kabellose Temperaturüberwachung gibt mit einer funkähnlichen batteriefreien Technologie permanent Daten an die Steuerung. Diese Zustandsüberwachung ergänzt die übliche Körperschallüberwachung des Getriebes. Es lässt den Anlagenbetrieb feiner aussteuern – beispielsweise durch bessere Blattstellungen im Wind, um Temperaturspitzen und so Überlastungssituationen im Getriebe zu meiden.
Wichtig auch die Kupplung: Die zwischen Getriebeausgangswelle und Generator gelegene Kupplung sorgt dafür, dass im Triebstrang auftretende Drehmomentstöße sowie Ausrichtungsfehler zwischen Getriebe und Generator kompensiert werden. Stand der Technik ist eine Auslösegenauigkeit der überlastabwerfenden Kupplungen von plus-minus 15 Prozent um das Nenndrehmoment an der Getriebeabtriebswelle. Die Renk-Kupplung wirft schon bei fünfprozentiger Abweichung die Überlast ab. Dabei lässt sich die Kupplungswirkung mit Öldruck einstellen. „Wir bringen jetzt die maximalen Drehmomente näher an die Nenndrehmomente“, sagt Renks Chefentwickler Matthias Walkowiak. Insbesondere Rückstöße aus doppelt gespeisten Asynchrongeneratoren ließen sich präziser deckeln“.
Auch bei Rotorblättern häufen sich Neuheiten im Detail: Weil die Blattlängen so ungebremst zunehmen, wird das Einlegen von Kohlefasergurten in die sonst aus Glasfaserkunststoff gefertigten Blattschalen zum Standard. So grübelt die Entwicklungsabteilung bei Siemens Gamesa über technologische Konsequenzen daraus, dass sie für die kommende Binnenlandturbine mit mehr als 80 Meter langen Flügeln erstmals das stabilere und leichtere Carbon einlegen lässt. Denn ungewiss ist, ob das hauseigene Blattbauverfahren dann funktioniert: ein Blattbau in einem Stück ohne wie sonst üblich zwei getrennt gefertigte Halbschalen zusammenzukleben. Kritisch könnte der zugehörige Einzug des Klebeharzes zum Aushärten der Glasfaserngelege mit einem Vakuumverfahren sein. Ob der Harz ausreichend durch Kohlefasern ziehen würde, gilt bisher als unsicher.
Auch Blattteilungen werden Standard: Erstmals hat GE ein Rotorblatt geteilt. Als Besonderheit trennt der Windturbinenbauer zwölf Meter vor der Blattspitze. Der Grund: Hier ist das Blatt sehr schmal – ein GE-Stecksystem lässt hier eine Verbindung ohne aufwändige Bolzenverspannungen zu.
Eine Alternative bietet beispielsweise das spanische Unternehmen Nabrawind an: Es bewirbt nun ein Modell, das einen leichteren Zugang der Monteure zum Bolzen-Anziehen verspricht.