Zeitweise wurden eine Leistung von 30 Gigawatt erreicht. Laut Manager-Magazin war das Stromnetz „leider ziemlich überfordert“. Allein Tennet habe in seinem Netzgebiet an einem Tag 0,45 Gigawatt abregeln müssen. „Bezahlen müssen die Verbraucher den nicht produzierten Strom dennoch, obwohl ihn niemand ernten kann.“ Es sind Sätze wie diese, die die Verbraucher auf die Palme bringen. Sätze, die uns in jedem harmlosen Gespräch mit dem Sitznachbarn während einer Bahnfahrt früher oder später um die Ohren gehauen werden. Der Bürger bekommt einmal mehr das Gefühl vermittelt, dass die Energiewende eine gigantische Ökolüge ist, für die der einfache Mann auf der Straße zahlen muss und irgendwelche reichen Windbarone die große Ernte einfahren. „Kaum fließt der lange ersehnte Ökostrom in rauen Mengen, fangen die Probleme richtig an.“ So heißt es weiter in Manager-Magazin. Dabei ist die Art und Weise der Berichterstattung in dieser Publikation keine Ausnahme, sondern die Regel.
Stammtisch-Parolen gegen Erneuerbare
Mehrere Aspekt fallen dabei immer wieder unter den Tisch. Für mich der wichtigste Gedanke: Der Auslöser der Energiewende. Das Ziel. Wir sind gerade dabei, unsere Energieversorgung von einer fossil-atomaren auf eine regenerative Versorgung umzustellen. Der Atomausstieg ist in trockenen Tüchern. Ohne die Erneuerbaren, die inzwischen 27 Prozent unserer Stromversorgung decken, hätten wir keine Atomkraftwerke vom Netz nehmen können. Ohne die Erneuerbaren könnten wir auch nicht über einen Kohleausstieg nachdenken.
Angemerkt sei zudem, dass die volatile Regenerativenergie ohnehin anders gedacht werden muss als fossile Energie. Wenn wir zweimal im Jahr für ein paar Stunden einen Sturm bekommen, dann werden Anlagen abgeregelt. Das wird immer so sein. Das ist nicht ineffizient sondern normal. Selbst wenn der lange verschlafene Netzausbau endlich, endlich stattfinden würde: Ich den seltenen Extremsituationen eines Sturms wird immer abgeregelt werden müssen. Würde das Netz für die größten Windspitzen ausgelegt, wäre es ja 99 Prozent der Zeit, immer wenn kein Sturm ist, nicht ausgelastet.
Da Regenerativstrom an der Börse direkt vermarktet wird, sinken dort die Strompreise bei massivem Wind. Mit anderen Worten: Der Wind lässt die Strompreise purzeln. Nur werden diese Einsparungen von den Energieversorgern nicht auf die Verbraucher umgelegt.
Negatives Bild in den Köpfen
Stattdessen wird der Verbraucher über die Medien doppelt für die Belange der großen Energieversorger instrumentalisiert. Zum einen hat der Bürger das Gefühl, dass die erneuerbaren Energien für seine hohe Stromrechnung verantwortlich ist. RWE, EnBW, Vattenfall und Eon ist damit aus der Schusslinie und können ihre an der Börse erzielten Gewinne weiter optimieren. Zum anderen setzt sich in den Köpfen der Menschen ein negatives Bild von den erneuerbare Energien fest.
Da ist es dann auch kaum noch tröstlich, dass später die Rede von Power-to-Heat ist - der Idee, den überschüssigen Windstrom in Wärme umzuwandeln und zu speichern. Power-to-Gas und Power-to-Heat, erste Versuchsanlagen laufen längst, das sind Bausteine der Energiewende, die mit steigendem Regenerativanteil innerhalb der nächsten 20 Jahre eine wichtige Rolle spielen werden. Ebenso wie der Netzausbau und viele andere Formen der Speicherung, sowie virtuelle Kraftwerke und vieles mehr. Die Konzepte sind längst da, die Regenerativbranche entwickelt die richtigen Ideen. Daher wäre es einfach angemessen, wenn sie von der Presse nicht länger als Bösewicht der Stromversorgung an den Pranger gestellt würde. (Nicole Weinhold)