Die Vorteile der Höhenwindenergienutzung liegen auf der Hand. So sieht es zumindest Guido Lütsch, Präsident des Bundesverbandes Höhenwindenergie e.V. (BHWE). „Wir brauchen viel weniger Material, sind flexibler und auch für den mobilen Einsatz geeignet“, umriss er die Vorzüge bei einem Vortrag auf des Windmesse Symposium in Hamburg. Statt eines Materialaufwandes von rund 5.000 Tonnen, den Windenergieanlagen (WEA) mit Turm benötigten, brauche eine fliegende WEA nur etwa 500 Tonnen. „Flug-WEA können nach einer Studie des Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (Iwes) aus Kassel Stromgestehungskosten von zwei bis vier Cent pro Kilowattstunde erreichen.“
Dorthin, wo der Wind ist
„Wir wollen dorthin gehen, wo der Wind ist“, erläutert Lütsch die Idee, die hinter den unterschiedlichen Konzepten für fliegende WEA steckt, die sich derzeit in der Entwicklung befinden. Und das sei eben nicht nur auf dem Meer, sondern auch eine Höhe von bis zu 300 bis 500 Metern.
Derzeit gibt es die unterschiedlichsten Konzepte, wie der Wind in der Höhe am besten zu nutzen sei. Die so genannten Fly Gen-Anlagen nehmen ihre Generatoren mit in die Luft. Weit vorn ist hier die Firma Makani, die von Google übernommen wurde. Die Anlage nutzt zur Stromerzeugung an Flügeln befestigte Propeller. Ende April hat das Unternehmen eine neue Generation vorgestellt, die 600 kW Leistung erzeugen kann. Zum Starten nutzt die Anlage den Generator als Motor. „Anders als Drachen kann die Anlage also selbst starten“, sagte Lütsch. Nachteil der fliegenden Generatoren sei das Verbindungskabel, das den Strom zur Erde transportiere. „Das Gewicht im Seil wird mit zunehmender Höhe immer größer.“
Leichter hingegen sind die Ground Gens, die ihren Generator auf der Erde zurücklassen. Der Drachen des deutschen Unternehmens Enerkite fliegt nach dem Jojo-Prinzip: Er zieht eine Leine bis zur maximalen Höhe und erzeugt dadurch Strom. Dann kehrt er zu Erde zurück, die Leine wird wieder eingezogen. „50 Sekunden Produktion folgen 10 Sekunden Verlustbetrieb, wenn der Drachen wieder aktiv herunter geflogen wird“, erläuterte Lütsch.
Einsatz in der Katastrophenhilfe?
Durch ihre Flexibilität könnten Stromdrachen gerade im mobilen Einsatz ihre Stärken ausspielen, so Lütsch. „Etwa bei der Katastrophenhilfe ist man derzeit noch auf Dieselgeneratoren angewiesen, um eine Notstromversorgung zu ermöglichen.“ Dabei gebe es aber immer wieder Probleme mit der Treibstoffversorgung. „Eine Flug-WEA kann sehr schnell aufgebaut werden und mit einem 210 m² großen Drachen in einem Erdbebengebiet wie Nepal ausreichend Leistung für Wasseraufbereitung und Notstrom erzeugen“, nannte Lütsch ein Beispiel.
Doch noch steckt die Technik in den Kinderschuhen. „Das hat letztlich alles noch Demonstrationscharakter“, betonte Lütsch. Auch daher sei eine Konferenz wie die AWEC eine wichtige Austauschplattform: „Es gibt einige technische und meteorologische Fragen zu diskutieren.“ Beispielsweise die Frage, wie durch Kurzzeitspeicher die Verlustphase der Ground Gen-Anlagen ausgeglichen werden kann oder wie meteorologische Modelle für Höhen von mehr als 200 Metern entwickelt werden können.
Gute Erfahrungen mit Behörden
Weniger Schwierigkeiten sah Lütsch in der Genehmigung fliegender WEA. „Bisher haben wir mit den Behörden gute Erfahrungen gemacht“, betonte er. Zwar gebe es keine Zertifizierung für Flug-WEA, aber bei den bisher erteilten Fluggenehmigungen habe man sich an bereits bestehende Regularien gehalten und habe damit die Ansprüche der Behörden befriedigen können. Und auch was die Flugsicherung angeht, die der Windenergienutzung derzeit Probleme bei den Genehmigungen macht, war Lütsch optimistisch: „Wenn ein Flugzeug kommt, dann fliegen die Anlagen einfach aus dem Weg.“ (Katharina Wolf)