Eine süffisante Bemerkung, zumal an diesem Abend alle Reden darauf ausgelegt waren, das Einvernehmen zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg in dieser Messefrage zu demonstrieren. Zur Erinnerung: Noch vor zwei Jahren, als die Leitmesse wie bis dahin üblich in Husum stattfand, tobte Krieg zwischen den Messen. Verdächtigungen der Sabotage wurden ausgesprochen, Landesväter, Branchenvertreter und Verbände mussten Farbe bekennen. Schließlich schloss man sich zusammen, wobei Husum alle zwei Jahre ein nationales Event veranstalten wird. Das erste Mal 2015.
Olaf Scholz: Nicht ohne Kohle
Vor diesem Hintergrund versäumte keiner der Redner zu betonen, man sehe sich im nächsten Jahr in Husum wieder. Zunächst ergriff Hamburgs Regierender Bürgermeister Olaf Scholz das Wort. Der bekannte Kohle-Fürsprecher fand von der Windenergie als wichtige Waffe gegen den Klimawandel denn auch recht schnell zu seiner Überzeugung: „Wind wird nicht alles abdecken, auch die fossilen Energien werden eine wichtige Rolle spielen.“ Versöhnlich fügte er an: „Onshore und Offshore können uns unabhängiger von fossilen Importen machen.“ Und natürlich kam einiges zusammen bei seiner Aufzählung, warum Hamburg als Messestadt für die Windbranche so geeignet ist. „Wir nennen Hamburg Hauptstadt des Windes.“ Kleine und große Firmen der Windbranche seien hier ansässig. Zudem gebe es jede Menge Forschung. Unter anderem verwies er auf das größte Power-to-Gas-Demonstrationsprojekt, PEM Electrolysis, das jetzt in der Hansestadt unter anderem von Siemens gestartet wird.
Der Veranstaltungsort, der schöne, alte Rathaussaal, macht die Nähe zur Windbrache noch deutlicher. Ein goldgerahmtes Wandgemälde zeigt den Hafen mit einer Werft. Durch den Start der Offshore-Windkraft hatte Hamburg tatsächlich mit seinem Hafen und der entsprechenden Offshore-Branche noch ein Argument mehr in der Hand.
Torsten Albig gratulierte
Gleichwohl, Torsten Albig, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, gratulierte artig zu den 40.000 erwarteten Besuchern. „Der Zusammenschluss wird die Verbundenheit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein – der Heimat der Windkraft – verstärken. Wir haben unsere Kräfte gebündelt.“ Er sagte mit Blick auf die weiteren Messen in Husum: „Im Norden hat die Geschichte der Windkraft angefangen. Und sie ist hier auf keinen Fall zu Ende.“ Albig ließ seine Zuhörer zudem wissen, in diesem Jahr werde sich sein Bundesland erstmals komplett über erneuerbare Energien versorgen.
Gabriel: Belastung der Volkswirtschaft
Gabriel hatte ebenfalls eine stolze Zahl beizusteuern. 28,5 Prozent Erneuerbare habe man in Deutschland im ersten Halbjahr erreicht. „Das haben wir vor allem der Windkraft zu verdanken.(...) Die Windenergie ist schon heute der Lastesel der Energiewende.“ Man müsse bei den Kosten zwischen Anlagenkosten und Systemkosten unterscheiden. Denn die Anlagen würden immer billiger, während die Systemkosten immer teurer würden. „Ich kenne keine andere Volkswirtschaft, die eine solche Belastung aushalten könnte.“ Nebenbei: Einem Herstellervertreter fiel dazu ein, dass er keine nennenswerte Kostenreduktion in der Windbranche mehr erwartet.
Natürlich sprach Gabriel auch über seine Novelle. Nun könne man Offshore so viel pro Jahr aufbauen, dass man von einem Industriemaßstab sprechen kann. „Schon jetzt merken wir in Werften und Stahlwerken, dass sich das lohnt.“ Offshore zeige die Reform bereits positive Wirkung.
Ganz kurz äußerte er sich auch zu den anstehenden Ausschreibungen. Doch genau die sind es, die es künftig kleinen und mittelständischen Unternehmen schwer machen werden, noch an der Energiewende teilzunehmen. „Keine Energiewende hätte so viel Erfolg haben können ohne die 100.000 Menschen in Energiegenossenschaften und so weiter“, lobte Gabriel noch, während ein Mittelständler unter den Zuhörer brummte: „Noch zwei bis drei Jahre, dann war’s das für uns.“ (Nicole Weinhold)