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Fuchs und Oehm erhöhen Turmbaukapazität

Max Bögl ist nicht nur ein sondern der Zulieferer für die benötigten Betonhybridtürme der immer weiter und höher ausgreifenden Windturbinen in Deutschland. Das Betonbauunternehmen aus dem oberpfälzischen, also bayerischen Sengenthal, liefert inzwischen für fast alle neuen Windparkbaustellen mit Windenergieanlagen der aktuellen 4,5- bis 6.x-Megawatt-Turbinenplattformen die bis zu 100 Meter hohen Betonsockel unterhalb des oberen Stahlzylinderturmabschnittes. Das technologische Prinzip der Oberpfälzer eines Betonfertigteilturmes mit mehreren Betonzylindersegmenten in Form von Halb-, Drittel- oder gar Viertelkreisschalen für den Turmfuß und Kreissegmenten für die oberen schmaleren Zylinderabschnitte sowie mit einer ausgeklügelten Stahlseil-Verspanntechnik setzte sich in den vergangenen Jahren auch gegen Windturbinenbauer-eigene Betonturmkonzepte durch.

Was Monopolzulieferer Max Bögl bisher anbietet, wird den Windturbinenherstellern künftig aber nicht mehr ausreichen, so diese auch nur annähernd den von der Bundesregierung anvisierten Windkraftausbau an Land bis 2030 bedienen wollen.

Max Bögl selbst hat reagiert und die Ausweitung der eigenen Turmproduktion von 400 auf 600 Betonhybridtürme nun eingeleitet. Pünktlich am Vortag der traditionellen deutschen Windenergiemesse Husum Wind meldete das Unternehmen, den Aufbau eines neuen zusätzlichen Werkes im ostfriesischen Emden begonnen zu haben. Ab 2024 will Max Bögl dort „nach der Hochlaufphase“ bis zu 200 Hybridtürme fertigen. Dies soll die Produktion um die Hälfte erweitern und die Lieferungen von künftig bis zu 600 Türmen ermöglichen, während die aktuellen beiden Max-Bögl-Fertigungsstätten in Sengenthal und in Osterrhönfeld in Schleswig-Holstein zusammen eine Vollauslastungskapazität von 400 Türmen jährlich erreicht haben. Freilich die Produktion soll auch Lieferungen ins europäische Ausland mitbedienen können, lässt Max Bögl wissen.

Dass dies bei weitem für den kommenden Bedarf nicht reicht, lässt sich schnell ausrechnen. So erfordert der von der Bundesregierung im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschriebene Ausbau der Windkraft an Land bis 2030 von derzeit knapp 60 Gigawatt (GW) auf 115 GW im Betrieb eine tägliche Installation von vier bis fünf Windturbinen. Um diesen Nettozubau von jährlich 7 GW hinzubekommen, bedarf der 115-GW-Ausbau eines jährlichen Gesamtzubaus von 9 GW brutto. Denn in diesem Jahrzehnt werden auch viele Altturbinen mit kleinerer Leistung vom Netz gehen, um leistungsfähigeren modernen Großwindenergieanlagen Platz zu machen oder einfach, weil sie kaputt sind. Würde dieser Kapazitätszubau nur mit Fünf-MW-Anlagen erfolgen, wären jährlich 1.800 Anlagen erforderlich – meistens wohl auf Betonhybridtürmen. Wären es ausschließlich Sechs-MW-Anlagen, ergäbe sich ein Bedarf von immer noch gut 1.400 Türmen. Selbst wenn die Branche die Ausbauziele nur zu zwei Dritteln schaffen würde, wie es den jüngsten Zuschlagsvolumen der Ausschreibungen für neue Windparks entspräche, bliebe eine große Lücke. Der Lieferengpass wäre womöglich noch einmal so groß wie die nun durch Max Bögl zugesagte Kapazität.

Fuchs Europoles

Ausgerechnet fünf ehemalige wichtige Verantwortliche der Max-Bögl-Windkraftsparte bauen nun unter dem Dach des ebenfalls oberpfälzischen Betonbauunternehmens Fuchs einen Wettbewerber auf. Das tun sie dort freilich nicht alleine, sondern in einem Team mit im neuen Unternehmen schon länger tätigen, erfahrenen Turmbauspezialisten und mit externen Experten. Am Fuchs-Standort Neumarkt, der nahe an Sengenthal gelegenen Kreisstadt, entwickeln sie seit dem Frühjahr ein eigenes Windturbinen-Hybridturmsystem aus Betonfertigteilen. Ab 2024, spätestens 2025, wollen die Neuen den Onshore-Windkraftmarkt in Deutschland mit Türmen für die neuen Großturbinen beliefern.

Auf der Windenergiemesse Husum Wind präsentierten sich die künftigen Max-Bögl-Wettbewerber unter dem Markennamen Fuchs-Europoles mit einem eigenen verhältnismäßig großen Stand bereits mit offensiver Botschaft. Fuchs-Europoles war ursprünglich eine Sparte des Bauunternehmens für sehr hohe Mobilfunk- und andere Infrastrukturmasten. Mitgeschäftsführer der neu gegründeten Fuchs Europoles Wind GmbH ist nun Jürgen Joos, der ehemalige Verkaufschef des Windkraft-Turmbaus von Max Bögl. Die Sprecherin des künftigen Turmlieferanten, Nancy Fürst, die ebenfalls von Max Bögl kommt, erklärte im Gespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN das Ziel der Entwickler des neuen Hybridturmsystems. Sie entwickelten technische Innovationen oder auch nur Design-Reformen dort, wo nach Ansicht der Turmbauexperten selbst gute gängige Hybridturmkonzepte noch Optimierungspotenzial hätten, sagte Nancy Fürst. So lasse sich eventuell das stark in Anspruch stehende Verbindungsstück zwischen dem unteren Betonsockel und dem Stahlzylinderturmabschnitt neu berechnen und  bauen. „Vielleicht können wir die Verspannungen und Lasten, die diese Stelle zwischen den beiden Turmhälften aufnehmen und ableiten muss, noch besser ableiten oder reduzieren“. Generell ziele das Neudesign darauf ab, bewährte Technik neu zu denken – zum Beispiel auch für die Verspannung der Betonturmsegmente oder den gesamten Produktionsprozess.

Oehm

Und noch ein weiteres Bauunternehmen kündigte auf der Messe seine Absicht zum Markteintritt als Turmanbieter an. Das niedersächsische Bauunternehmen Oehm stellte an seinem Stand sogar Modelle von Betonhybridtürmen auf. Um genau zu sein, hatte Oehm den Markeintritt als Hybridturmanbieter schon im Vorjahr auf der größeren Messe Wind Energy Hamburg angekündigt. Auf Nachfrage bekundeten die in Meppen ansässigen Betonspezialisten, auf Anfrage der Windturbinenbauer Enercon und Vestas mit dem Markteinstieg begonnen zu haben. Die Modelle haben die Form eines von Enercon unlängst noch selbst beworbenen Betonturmdesigns, das zwischen zylinderförmigen und umgekehrt trichterförmigen Segmenten wechseln lässt.

Das Design bringe Vorteile beim Erreichen der gewünschten Eigenfrequenzen des Turmes des Windkraftanlagen-Herstellers, heißt es bei Oehm. Zudem erfordere diese Architektur mit einer abwechselnd sich neigenden und dann wieder senkrechten Turmwandung insgesamt weniger Schalung als bei einem rein konischen, also sich nach oben gleichmäßig verjüngenden Betonhybridturm. Externe Spannverfahren und selbst entwickelte Traversen und Montagebühnen zur Errichtung nennt Oehm als Merkmale. Die Türme sollen zunächst bis zu 200 Meter Nabenhöhe erreichen lassen.