Es wird ein zweites Rekordjahr in Folge: 2015 wird das Installationsgeschäft ähnlich wie 2014. Zumindest für Windenergieunternehmen, die sich hierzulande rechtzeitig für das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aufgestellt haben. Das erklären die 22 Akteure, die ERNEUERBARE ENERGIEN im Dezember zu ihren Erwartungen an 2015 befragte.
Das im August novellierte EEG sieht eine leicht abgesenkte durchschnittliche Vergütung pro eingespeiste Kilowattstunde (kWh) Windstrom vor – und die Pflicht zu dessen Direktvermarktung. Die bisher fixe Vergütung pro kWh als Alternative zu einer solchen Direktvermarktung an der Börse entfiel. Nun zahlen die Netz- den Windparkbetreibern nur den Aufschlag, der den mittleren Stromhandelspreis auf EEG-Vergütungshöhe anhebt. Zum Gesetz gehört auch ein Ausbaudeckel von 2,4 bis 2,6 Gigawatt jährlichen Nettozubaus an Land, was den Installationen 2013 entspricht. Ab 2017 werden Ausschreibungen das System aber schon wieder ablösen und die Vergütung der Projekte komplett neu regeln.
Viele Akteure sehen die Energiewende damit sprichwörtlich auf des Messers Schneide: Sie kann je nach Gestaltung des Ausschreibungsmodells scheitern oder gelingen. Zugleich sehen viele dank guter Technologie die Chancen für hiesige Unternehmen auf neuen oder wieder neu erstarkenden Windenergiemärkten. Auch hier ist das Fazit einhellig: Es gibt sehr, sehr viel Bewegung auf dem Weltmarkt, an Land wie auf See.
Deutschland und Europa
Martin Billhardt, Vorstandsvorsitzender, PNE WIND AG: Neben einem auch 2015 sehr starken Windmarkt in Deutschland erwarten wir positive Impulse in Großbritannien, Frankreich und Italien. Positiver als bisher könnte sich nach der Präsidentenwahl auch der rumänische Markt entwickeln. Besonders große Bedeutung kommt allerdings künftig der Vermarktung der Windparks zu. Hier eröffnen wir einen neuen Weg; indem vornehmlich in Deutschland bereits in Betrieb genommene Projekte in einer YieldCo gebündelt werden. Die Erzeugung von Strom aus dem Wind muss und wird kostengünstiger werden. Daran arbeitet auch die PNE WIND AG als Projektierer und Betriebsführer: Wir optimieren die Planung und die Windpark-Standorte, steigern die Effizienz auch im Betrieb und suchen ständig nach neuen Lösungen. Ob jedoch auch von der Politik geplante Ausschreibungsmodelle zu Kostenersparnis führen werden, ist mehr als fraglich.
Hendrik Böschen, Geschäftsführer, Senvion Deutschland GmbH: Die deutschen Ausbauziele für Windenergie sind eine gute Ausgangslage für uns als Anlagenhersteller – schließlich ist Deutschland der Senvion-Heimatmarkt und einer unserer Kernmärkte. Dafür muss es aber auch immer einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen geben, sonst sind diese Ziele nichts weiter als Zahlen auf einem Blatt Papier. Das neue EEG ist ein erster Schritt, doch bei der Vorlaufzeit von Windenergieprojekten ist es wichtig, möglichst schnell klare Fakten für die Zeit ab 2017 und damit planbare Verhältnisse für die Branche zu schaffen. Davon wird zum Teil auch abhängen, wo Senvion sich zukünftig positioniert. Märkte wie die USA, Japan oder Australien zeigen, wie volatil die Windenergiebranche ist und wie schnell sich das Blatt wenden kann. Dennoch: Eine erfolgreiche Energiewende weltweit braucht Windenergie, sowohl onshore als auch offshore. Darum blicken wir optimistisch in die Zukunft!
Lars Bondo Krogsgaard, Leiter Lenkungsgremium Windenergieanlagen, VDMA Power Systems: Die neue verpflichtende Direktvermarktung hat keinen nennenswerten Einfluss auf den Ausbau. Der Wettbewerb der Direktvermarkter funktioniert und der Ausbau schreitet voran. Für 2015 erwarten wir einen satten Zubau von 3.000 Megawatt und auch 2016 rechnen wir mit über 2.500 Megawatt. Für die Zeit ab 2017 wird entscheidend sein, ob Flächen ausgewiesen oder – wie in Bayern – Abstandsrestriktionen den Ausbau erschweren. Die Hersteller von Windenergieanlagen können mit Ausschreibungen umgehen, wenn diese die Spezifika der Windenergie und die Spezifika des deutschen Marktes berücksichtigen. Erst wenn das Ausschreibungsdesign konkret vorliegt können wir Hersteller einschätzen, ob der wichtige Heimmarkt auch ab 2017 einen verlässlichen Rahmen für Investitionen bietet.
Matthias Brandt, Geschäftsführer, Deutsche Windtechnik: Unabhängige sind mittlerweile klar auf Augenhöhe mit den Herstellern wenn es um Service auch für mittlere und große Energieversorger geht. Was sich bereits bei Banken und institutionellen Investoren gezeigt hat, setzt sich im gesamten Markt durch: ISPs, also Independent Service Provider, verstehen es, professionellen Service ohne die Nachteile eines Großkonzerns zu bieten. Flexibilität wird einmal mehr Grundvoraussetzung für eine Anpassung an die sich verändernden Gegebenheiten sein. Wir sehen in Europa verstärkt mittlere bis größere Energieversorger, die sich stark im Wind engagieren. Diese setzen gerne auf unabhängigen Service, möchten aber gemeinsam mit den Anbietern ihre eigenen Strategien entwickeln. Auch in Deutschland. Die Netzintegration, Direktstromvermarktung und potenzielle Ausschreibungsprojekte werden auch die Anforderungen an den Servicemarkt erhöhen.
Henning Dettmer, Geschäftsführer, Bundesverband Windenergie: Alle Erfahrungen mit Ausschreibungen für Wind an Land im Ausland zeigen, dass sich die drei Ziele der Bundesregierung - Kostensenkung, Akteursvielfalt und Zielerreichung – sicher nicht erreichen lassen. Deshalb warnen wir die Bundesregierung vor Experimenten, die zu einer Destabilisierung des für unsere Exporterfolge wichtigen deutschen Marktes führen können. Der (in Deutschland aktuell hohe, Anmerkung der Redaktion) Zubau ist ein Ergebnis deutlicher Vorzieheffekte angesichts der Verunsicherung aus der EEG-Debatte und der Diskussion um das 10h-Gesetz in Bayern. Dies wird sich bis ins Jahr 2015 auswirken. Auch für 2015 erwarten wir einen Zubau oberhalb des von der Bundesregierung eingezogenen Korridors, während in anderen Erneuerbaren Energien die Ausbauziele voraussichtlich verfehlt werden. Dies zeigt: Unsere Kritik an starren Ausbaukorridoren war richtig.“
Ian-Paul Grimble, Geschäftsführer, psm GmbH amp; Co. KG: Die Direktvermarktung und vor allem auch die gestiegenen Netzanforderungen sind Herausforderung und Verpflichtung zugleich. Die Anforderungen im technischen Management steigen, wir als Betriebsführungsunternehmen verstehen uns als Kraftwerksbetreiber. Wir erwarten eine weitere, nochmals beschleunigte Professionalisierung im technischen Management von Windparks. Das Thema „Ausschreibungen“ betrifft uns nur mittelbar, aber, je nach tatsächlicher gesetzlicher Ausgestaltung, wird ein Ausschreibungssystem zu deutlichen Verschiebungen im Markt der Projektentwicklung und auf Investorenseite führen.
Alexander Jäger-Bloh, Geschäftsführer, dean-Gruppe: Was erwartet uns 2015? Viel Arbeit! Nachdem das Jahr 2014 viele Unsicherheiten gebracht hat, die uns in Form der Ausschreibungen noch weiter begleiten, werden die Jahre 2015 und 2016 Boomjahre der Windenergiebranche. Bevor der Umschwung zu Ausschreibungen vollzogen wird, werden noch einige Anlagen ans Netz zu bringen, bzw. weitere Genehmigungsanträge einzureichen sein. Für 2015 wünschen wir uns, dass die Deutsche Flugsicherung ihre Blockade von Genehmigungen für Windenergieanlagen aufgibt und so die Energiewende nicht weiter behindert. In Frankreich erwarten wir durch das Bekenntnis der Regierung zu mehr EE und durch erste Ansätze zur Erleichterung von Genehmigungsverfahren eine Verbesserung der Realisierungsperspektiven. Frankreich hat noch enormes Potential.
Hans-Dieter Kettwig, Geschäftsführer, ENERCON: Durch die in Kraft getretene EEG-Reform haben wir wieder einen verlässlichen Rahmen. Für uns als Hersteller gilt es dabei, die technologischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir auch unter den verschärften Rahmenbedingungen weiter konkurrenzfähig bleiben. Wir sind zuversichtlich. Als besondere Herausforderung sehen wir die angekündigte Umstellung des Vergütungssystems auf Ausschreibungen. Wir stellen fest, dass sich viele Akteure der Branche bereits mit der Thematik befassen – obwohl noch gar nicht feststeht, wie Ausschreibungen organisiert werden sollen. Da sollte im ersten Halbjahr 2015 Klarheit herrschen. die Bedingungen müssen so ausgestaltet sein, dass mittelständischen Investoren, Bürgerwindpark-Gesellschaften und Stadtwerken weiterhin die Teilnahme ermöglicht wird. Dies verhindert, dass die Energiewende zum Spielball von Investoren und Großunternehmen werden. Für die Akzeptanz wäre das ein erheblicher Rückschritt.
Alexander Koffka, Mitglied Geschäftsleitung, ABO Wind: 2015 wird für die Windkraft in Deutschland ein gutes Jahr. Die im Vorfeld der EEG-Novellierung grassierende Verunsicherung hat sich aufgelöst. Wir haben klare Verhältnisse – für die nächsten beiden Jahre. Was dann folgt, ist offen. In dem Irrglauben, mit zusätzlichen bürokratischen Hürden Kosten sparen zu können, haben sich Berlin und Brüssel darauf versteift, ab 2017 den Ausbau der Windkraft mit Ausschreibungsverfahren zu regulieren. Zu befürchten ist, dass sie die volkswirtschaftlichen Kosten erhöhen und das Tempo der Energiewende senken werden. Für die Windbranche kommt es nun darauf an, die Modalitäten mitzugestalten. Insbesondere muss der Ausbau dezentral in allen Bundesländern möglich und die Akteursvielfalt erhalten bleiben. Kleine und mittelständische Unternehmen dürfen nicht zu Gunsten der Konzerne ausgebootet werden.
Per Lind, Geschäftsführer, getproject: Mit den Maßnahmen (des EEG 2014, Anm. d. Redaktion) werden die Klimaziele der Bundesregierung, insbesondere die mittelfristigen Ziele bis 2030 nicht erreicht werden. Die verpflichtende Direktvermarktung (vDV) leistet weder einen Beitrag zur Reduzierung der Kosten für Verbraucher noch zur Stärkung der Energiewende. Durch sie wird die Position der „Großen“ gestärkt und die Demokratisierung des Energieerzeugungsmarktes mit vielen Erzeugungsanlagen in Privatbesitz geschwächt. getproject versucht, so viele Projekte wie möglich zu realisieren, so lange die feste Vergütung gilt. Projekte mit Realisierungszeiträumen zwischen 2018 und 2020 werden mit reduziertem Aufwand geplant, da die Umsetzungsmöglichkeiten unsicher sind. Dennoch (bin) ich optimistisch, weil man aus Klimaschutzgründen nicht darum herum kommen wird, erneuerbare Energien noch mehr zu pushen.
Christoph Markl-Meider, Leiter Unternehmenskommunikation, OSTWIND-Gruppe: Wir wollen in Zukunft die unserer Firmenfamilie ein klarer europäisch geprägtes Profil verleihen. Dies ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die Neuausrichtung des Fördersystems für erneuerbare Energien durch das EEG 2014. Es könnte wegweisend für die ganze EU sein. Immer mehr Vorgaben für die Realisierung von Erneuerbare-Energien-Projekten wie neuen Windparks kommen aus Brüssel. Und da geht es prinzipiell in Richtung Markt und Ausschreibungen. Wenn das also EU-weit zum Tragen kommt, ist es richtig, sich auch europäisch aufzustellen. Gleichzeitig erleben wir auf regionaler Ebene, dass die Kommunen für die Energiewende eine zentrale Rolle spielen. In den letzten Jahren waren 90 Prozent unserer Projekte Bürgerwindanlagen. Als Projektentwicklerin müssen wir Modelle entwickeln, die auf die Möglichkeiten vor Ort zugeschnitten sind.
Markus Rieck, Geschäftsführer, ALSTOM Renewable Germany GmbH: Im Bereich der On- und Offshore Windenergie hat Alstom derzeit über 5.600 MW und 3.000 Windturbinen installiert und in Konstruktion. Unser Angebot umfasst die komplette Wertschöpfungskette. Mit Onshore-Anlagen bis 3 MW und einer 6 MW-Offshore-Anlage sind wir für den Markteintritt in Deutschland gut aufgestellt. Als marktwirtschaftliche Elemente werden die verpflichtende Direktvermarktung und das geplante Ausschreibungsmodell die Wettbewerbsfähigkeit und zugleich die Kosteneffizienz fördern. Mit diesen Maßnahmen werden die Windkraftanlagen zum festen Bestandteil des Energiemarktes, um darin mehr Verantwortung zu übernehmen. Als Anlagenbauer sehen wir uns gut vorbereitet durch die ständige Weiterentwicklung und Optimierung der Anlagen und ihrer elektrischen Eigenschaften zur Stützung der Netze und der gestiegenen regelungstechnischen Anforderungen.
Christoph Schöpfer, Bereichsleiter Erzeugung, Trianel GmbH: Mit der verpflichtenden Direktvermarktung hat die Bundesregierung einen wichtigen Schritt für die Marktintegration geleistet. Schon heute nutzt der Großteil der Windanlagenbetreiber diese Option. Mit Blick auf die Fördereffizienz kann das Ausschreibungsmodell einen wichtigen Beitrag für einen größtmöglichen Wettbewerb leisten. Über den Erfolg eines Ausschreibungsmodells wird das Auktionsdesign entscheiden. Da das Modell zunächst nur für PV-Freiflächen erprobt werden soll, kann über den Einfluss auf den Windausbau noch keine Prognose gestellt werden. Bis 2017 hat der Gesetzgeber mit dem atmenden Deckel für Wind von bis zu 2,5 GW einen realistischen Spielraum für den weiteren Ausbau geben. Die Grundvoraussetzungen sind gegeben und wir sehen weiterhin viele neue Projekt-Optionen, insbesondere von Stadtwerken.
Lothar Schulze, Geschäftsführer, Windwärts Energie GmbH: Den Paradigmenwechsel in der Förderung müssen Projektentwickler als Chance begreifen. Denn dass der Ausbau weitergeht, steht außer Frage. Ebenso klar ist, dass Niedersachsen Deutschlands Windenergieland Nummer eins bleibt. Für uns heißt das, uns so aufzustellen, dass wir Ausschreibungen gewinnen. Das Ausschreibungsmodell wird die Branche allerdings verändern. Am Markt kann dann nur bestehen, wer umfangreiches Projekt-Know-how mit finanzieller Stärke verbindet. Das wird die Branche durchschütteln. Wer entsprechend aufgestellt ist, dem bieten sich neue Chancen, Auch in der Betriebsführung, wo optimale Lösungen für die Direktvermarktung gefragt sind, sehen wir Professionalisierungs- und Konsolidierungsbedarf. Ein Zurück zum ,,guten alten EEG" wird es nicht geben. Wir werden ihm nicht nachtrauern, sondern die Herausforderung annehmen.
Herbert Schwartz, Geschäftsführer, Anemos-Jacob: Die im September eingeführte neue Revision der Technischen Richtlinie 6 beschränkt die Möglichkeiten, auf Basis von Ertragsdaten bestehender Windkraftanlagen Gutachten für geplante Anlagen zu erstellen, dramatisch. Die Projektentwickler müssen sich jetzt schnell darauf einstellen, dass an vielen Stellen Windmessungen nötig werden. Hier muss darauf geachtet werden, dass nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden. Wenn sich die Gutachter gegenseitig bei den Anforderungen an Messungen überbieten, wird die Projektentwicklung ausgebremst. Es scheint ein Ungleichgewicht zwischen den technischen Anforderungen an Messungen und den Anforderungen an die Qualität der Bearbeitung von Gutachten zu entstehen. Die Branche sollte die Implementierung der Technischen Richtlinie 6 ausgewogen abstimmen. Dies benötigt einen stärkeren Austausch zwischen den Interessensgruppen als bisher.
Roland Stanze, Vorstand (COO), WKN AG: Die deutsche Windbranche steht vor einem kompletten Umbau des bisherigen Marktsystems. Angesichts dieser Herausforderungen sehen wir die WKN AG gemeinsam mit ihrem Mehrheitsanteilseigner PNE WIND, einer ordentlichen Pipeline und dem Dienstleistungsangebot zukunftsgerichtet aufgestellt.“ Für den deutschen Markt erwartet die WKN AG auch in 2015 erneut gute Ergebnisse: weiterhin ein starkes Interesse von in- und ausländischen Investoren. Im zukünftigen Tendermarkt sieht die WKN AG auch über die Kooperation mit ihrem Mehrheitsanteilseigner PNE WIND eindeutig Wettbewerbsvorteile gegenüber kleineren Marktteilnehmern. Im EU-Gebiet gibt es unterschiedliche Tendenzen. Während die Vorhaben in Frankreich, Polen und Schweden planmäßig verfolgt werden, gestalten sich andere Märkte schwieriger. Insgesamt verstärkt sich die Abhängigkeit von politischem „Hü amp; Hott“ sowie teils unzureichend funktionierenden Tendersystemen.
Weltmarkt
Diego Díaz, Marketing Director, Gamesa: Meiner Meinung nach geht die Tendenz neuer Windturbinenmodelle dahin, sich einen Startvorteil in Nischenmärkten zu sichern. Dazu gehörten Schwachwind-Flächen, Areale in größen Höhenlagen, in kaltem Klima. ... Wir müssen neue Produkte entwickeln, um die Kundenzufriedenheit zu vervollständigen und mit einer der höchsten Prioritäten unseres Unternehmens fortzufahren: Die Stromgestehungskosten signifikant zu kappen. Gerade diejenigen Regionen, in denen Gamesa eine führende Position innehat, sind die nächsten Märkte, in welche die Windenergie expandieren wird. Zusätzlich zu Indien, Brasilien und dem Norden Afrikas werden auch Entwicklungs- und Schwellenländer in Südasien ein mittelfristiges Wachstum der Windenergieaktivitäten erleben – beispielsweise Taiwan, Korea und die Philippinen, Länder mit Starkwindstandorten – ebenso emporkommende Länder in Zentralasien – Kasachstan, Kirgisistan, Turkmenistan oder Usbekistan. Außerdem müssen Länder der Europäischen Union die Diversifikation ihrer externen Energieversorger beschleunigen. Länder wie Lettland, Estland oder Finnland müssen so ihre Abhängigkeit von russischen Gasimporten reduzieren.
Felix Losada, Fachpressesprecher, Nordex SE: Neben der Fokussierung auf das reine Onshore-Geschäft verfolgt Nordex erfolgreich seit über zwei Jahren einen selektiven Marktansatz. Dank einer schnellen Produktentwicklung immer effizienterer Turbinen und eines raschen Marktzugangs auch in vielversprechende, neue Regionen können wir auf etwaige Änderungen in etablierten Märkten gut reagieren. Wir erwarten gute Impulse aus unseren europäischen Kernmärkten Deutschland, Frankreich, Finnland und der Türkei. Wir setzen auch auf Polen, … versprechen uns einen Ausbau in Litauen und Uruguay. In Südafrika werden nach Verzögerungen der Ausschreibungsergebnisse die Projekte 2015 umgesetzt. Wir glauben fest an den deutschen Markt. Die Rahmenbedingungen sind hier gut, die Planungssicherheit ist vergleichsweise hoch. Treiber für unser Wachstum ist unsere Binnenland-Technologie. Zudem kommt unsere Generation Delta mit den Anlagen für Stark- und Mittelwind in Fahrt.
Andreas Nauen, Vorstandsvorsitzender, VDMA Power Systems: „Auch 2015 ist der deutsche Windenergieanlagenbau mit einem starken Heimmarkt für den globalen Markt gut aufgestellt. Denn wir liefern für jede Standortbedingung eine spezialisierte Lösung in höchster Qualität – unsere Technologie ist führend. Das macht uns nachhaltig erfolgreich und international gefragt. Der jährliche Zubau am Weltmarkt bewegt sich in 2015 in Richtung 50.000 Megawatt. Brasilien etabliert sich neben USA und Kanada in Amerika als dritter Gigawattmarkt. Ein Potenzial, das auch die Türkei erreichen dürfte. Südafrika und Märkte in Nordafrika steigen 2015 auf. China ist weiterhin ein gigantischer aber steiniger Markt. Wer vor Ort produziert, erfolgreich kooperiert und Hochtechnologie anbietet, hat Erfolgschancen. Ähnliches gilt für Indien, das eine Verdoppelung des Marktvolumens bis 2020 auf jährlich 6.000 MW verspricht, aber aufgrund des Niedrigpreisniveaus kaum aus Europa heraus belieferbar ist.
Klaus Rave, Präsident, Global Wind Energy Council: Nach dem Rekordjahr 2014 werden die globalen Investitionen sich auf diesem hohen Niveau stabilisieren bei ca. 47 Gigawatt (GW). China bleibt die Lokomotive. In China sehen wir Vorzieheffekte aufgrund der erwarteten Tarifumstellung (Mitte 2015?) bei einem Wachstum von bis zu 20 GW, allerdings großen Problemen beim Netzanschluss mit bis zu zehn Prozent Verlusten. Überraschend sind neue Investoren aus Japan in der Mongolei, einer neuen Quelle für den Ost-West-Stromverkehr. Südafrika legt endlich los, auch vor dem Hintergrund des Energiegipfels in Capetown im Oktober und der Diskussion um den geplanten Ostafrikanischen „Clean-Energy-Corridor“. Indien nimmt neue Fahrt auf, auch wenn das Zehn-GW-Ziel pro Jahr wohl zu ambitioniert ist: die nationalen Hersteller, allen voran Suzlon stehen bereit. Nicht zu unterschätzen: die Türkei. Bis 2023 sollen 20 GW installiert sein (von jetzt 3,5).
Markus Tacke, CEO, Wind Power Division, Siemens: Aktuell beobachten wir eine große Nachfrage. Das Windjahr 2015 wird im EU-Gebiet hoffentlich Investitionssicherheit für unsere Kunden bringen sowie eine wirtschaftliche Erholung. Wir blicken zuversichtlich nach Lateinamerika, in den Mittleren Osten und nach Südafrika. Grundsätzlich sehen wir die Zahl der interessanten Windenergiemärkte außerhalb Europas und Nordamerikas wachsen – nicht zuletzt weil die Windenergie wettbewerbsfähig mit konventionellen Energieträgern wird. Deutschland bleibt ein solider Markt. Hier haben wir uns besser aufgestellt und die recht kleinen Projekte und Bürgerwindparks unter 50 MW als Chance wahrgenommen. In Großbritannien sehen wir nach wie vor gute Investitionsbedingungen; ebenso in den USA. Siemens hat 2014 eine neue Anlage für niedrige bis mittlere Windgeschwindigkeiten vorgestellt, mit 3,3 Megawatt Leistung. Mit diesem Produkt wollen wir den anhaltenden Wachstumstrend im Binnenland noch besser nutzen als bisher.
Offshore
Norbert Giese, Leiter Lenkungskreis Offshore-Windindustrie, VDMA Power Systems: Deutschland wird 2015 der weltweit größte Markt für Neuinstallationen auf See. Denn der Netzanschluss vieler in den letzten beiden Jahren gebauter Anlagen steht unmittelbar bevor, so dass wir mit etwa 1.500 Megawatt neu installierter und ans Netz angeschlossener Leistung rechnen. UK bleibt mit vielleicht 1.000 Megawatt auch 2015 ein sehr starker Markt. Der für die Folgejahre vorgezeichnete Ausbaupfad in Deutschland und UK, sowie das überschaubare Marktwachstum in Europa insgesamt geben dennoch wenig Anlass zu größeren Neuinvestitionen in Fertigungsstätten. Die Branche hofft für 2015 auf verlässliche Netzanschlüsse. Offshore Windenergie Projekte müssen sich darauf verlassen können, dass der Netzentwicklungsplan uneingeschränkt gilt. Verzögerungen dürfen nicht länger als Damoklesschwert des Netzbetreibers TenneT über der Branche schweben.
Markus Tacke, CEO, Wind Power Division, Siemens: Asien und Nordamerika werden als Offshore-Märkte immer interessanter. Die Hauptmärkte werden weiterhin Großbritannien und Deutschland. Bei der Projektfinanzierung setzt das Gemini-Projekt in den Niederlanden Akzente: Der Großteil der Investitionen wird über kommerzielle Kredite von zwölf Banken finanziert, während das Eigenkapital von einem Eigentümerkonsortium bereitgestellt wird, an dem Siemens beteiligt ist. Mit unseren Produktionsstandorten – darunter auch das künftige Werk im britischen Hull– sind wir sehr gut für Anforderungen des weltweiten Offshore-Markts aufgestellt. Unsere Technologie entwickeln wir kontinuierlich weiter – um die Offshore-Stromgestehungskosten wie geplant bis 2020 auf unter 10 Eurocent pro Kilowattstunde zu senken. Mit den Installationen von BorWin 2, HelWin 2 und SylWin 1 hat Siemens 2014 Belege dafür geliefert, dass die HGÜ-Technik für die Anbindung von Offshore-Windkraftwerken jetzt in ruhigeren Fahrwassern läuft.
Protokolliert von Tilman Weber
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