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Branchenkonsolidierung/Technologie

Nordex kauft Rotorblattspezialisten SSP

Tilman Weber

Das in Rostock schon eine eigene Blattfertigung betreibende Hamburger Unternehmen SSP sichert sich durch den Kauf des Mittelständlers erklärtermaßen dessen Spezialwissen für die Entwicklung immer größerer Rotoren. Mit der Übernahme gingen eine Belegschaft von 70 Mitarbeitern, die SSP-eigenen Backschablonen sowie die Patente der Dänen in den Besitz der Nordex-Gruppe über, teilte Nordex mit. Auch die Werkshallen auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern am SSP-Standort nahe der Südspitze auf der Insel Fünen gehen in das Nordex-Eigentum über. Doch der Einkauf solle keinesfalls die Rotorblatt-Fertigung verlagern, die an der modernen neuen Produktionsstätte am Standort Rostock stattfindet, sagte der Pressesprecher der Nordex-Gruppe, Felix Losada, auf Anfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN. Dort fertigt Nordex bereits die Blätter der neuesten Großrotoranlagen mit 117 und 131 Metern Rotordurchmesser für das Europageschäft. Zulieferer wie zuvorderst der US-amerikanische Rotorblattfertiger TPI stellten bisher große Mengen der Komponenten für die Nordex-Windparkerrichtungen in anderen Märkten her.

So will Nordex mit der Übernahme jeweils Know-How und Expertise von SSP erwerben, die bei Bau und Entwicklung noch größerer Rotorblätter in näherer Zukunft helfen sollen. Die Nordex-Gruppe ist an den Patenten von SSP interessiert. Nicht zuletzt technologische Elemente für das Design intelligenter Rotorblätter könnten daraus eventuell für künftige Nordex-Anlagen herausspringen.

Expertise "für die Entwicklung immer größerer und effizienterer Turbinen" gekauft

Mit der Transaktion wolle Nordex „seine technologische Position bei der Entwicklung immer größerer und effizienterer Turbinen weiter ausbauen“, teilte die Nordex-Gruppe mit. „Über die tiefere Integration des Formen- und Prototypenbaus“ von SSP könne Nordex nun „flexibler auf die sich schnell ändernden Marktbedingungen reagieren“.

„Ich bin überzeugt, dass wir unsere Innovationskraft mit der Integration der Blattexperten von SSP entscheidend verstärken werden. Das Rotorblatt ist ein Schlüssel, die Gestehungskosten von Strom aus Windenergie zu senken“, erklärte der Chef des operativen Geschäfts bei Nordex SE, Jose Luis Blanco.

Mit dem Kauf schreitet die Windbranche auf einer neuen Konsolidierungsrunde im Windkraft-Turbinenbau weiter voran. So hatten vorher schon Nordex-Konkurrenten ihrerseits Rotorblatthersteller gekauft: GE den weltgrößten Rotorblattzulieferer LM, Senvion die deutsch-polnische Firma Euros. Erst im vergangenen Jahr hatte Nordex in einer vorangegangenen Konsolidierungsrunde der Windbranche Fakten geschaffen und war mit dem spanischen Turbinenbauer Acciona zusammengegangen. Die Übernahme des spanischen Konkurrenten und die anschließende Umfirmierung des nun größeren Unternehmens zur Nordex-Gruppe ist in eine Reihe mit zwei anderen Fusionen einzuordnen: Bereits 2015 kaufte GE die französisch-spanische Windturbinenbausparte von Alstom. Ebenfalls 2016 gab Siemens den Kauf von Gamesa bekannt, Spaniens größter Windturbinenbauer.

SSP: für Samsung schon 83,5-Meter-Blatt gebaut

Bereits im Jahr 2013 hatte das innovative mittelständische Rotorblattbauunternehmen SSP in einer Umfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN angegeben, mittelfristig sei es vielleicht an einer Übernahme durch einen größeren Partner interessiert. SSP hatte 2014 die damals weltweit längsten Rotorblätter für eine Sieben-Megawatt-Anlage des südkoreanischen Windturbinenbauers Samsung ausgeliefert. 83,5 Meter maßen die drei Komponenten für eine Testanlage in Schottland. Im Dezember 2014 gab SSP bekannt, als Zulieferer für die neue Senvion-Offshore-Anlage 6.2M152 beauftragt worden zu sein. SSP dürfe die Blätter für den Prototyp und die Blattbauschablonen zuliefern. Als eine Besonderheit der SSP-Blatttechnologie gelten geteilte Rotorblätter mit einer standardisierten Blattwurzel für verschiedene Rotorblattlängen. In die dicke Glasfaserkunststoff-Schale der Blattwurzel waren Stahlröhren eingelegt, die alle als Eingänge für Schrauben dienten. So ließe sich das SSP-Rotorblatt mit vielen kleineren Bolzen statt weniger und schwereren größeren Bolzen an der Rotornabe befestigen. Das spart Gewicht, zumal auch die Blattwurzelschale damit dünner ausfallen kann als bisher. Die modulare Bauweise geteilter Rotorblätter können grundsätzlich die Logistik der Komponententransporte erleichtern – wenn das Blatt in besser transportierbaren Segmenten zur Baustelle gefahren werden kann. Andererseits müssen nur manche Segmente bei der Entwicklung größerer Rotoren neu designt werden.

Die Übernahme koste einen geringen einstelligen Millionen-Euro-Betrag, teilte Nordex-Pressesprecher Feilx Losada mit. SSP sei zudem ein schon bekannter Partner: Bereits 2003 habe das dänische Unternehmen sich an der Entwicklung eines neuen Nordex-Rotors beteiligt.