Nicole Weinhold
Vestas hat heute in Kopenhagen seine neue Anlagenplattform vorgestellt – die erste richtige neue Plattform seit 2011, wie das Unternehmen verkündet. Die Plattform sieht zunächst zwei neue Onshore-Anlagen vor: V150-5.6 MW, also mit 150 Metern Rotordurchmesser und V162-5.6 MW mit 162 Metern Rotordurchmesser. Beide Anlagen also mit deutlich erhöhter Leistung gegenüber der bisherigen Vier-Megawatt-Plattform, wobei auch dort schon der 150-Meter-Rotor im Programm war.
„Mit der neuen Plattform wollen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit ausbauen. Mit den Anlagen gelingt es uns, die Wirtschaftlichkeit noch einmal deutlich zu erhöhen“, sagt Jan Hagen, Vice President, Technical Sales Management bei Vestas. „In Deutschland haben wir immer eine begrenzte Anlagenanzahl. Darum ist hier jede Kilowattstunde mehr pro Anlage besonders wertvoll.“, so Hagen. „Die V162-5.6 MW wird rund 26 Prozent mehr Strom produzieren als die V150-4.2 MW und die V150-5.6 MW kann 30 Prozent mehr erzeugen als die V136-4.2 MW.“ Für den deutschen Markt gibt es zunächst drei Nabenhöhen von 125 bis 166 Metern, sodass man auf einer Gesamthöhe von bis zu 250 Metern landet. Riesen fürs Binnenland sind also dabei, aber die Anlagen sind auch für mittlere und starke Windstandorte vorgesehen, eigenen sich also auch für die Küste. Worin unterscheidet sich die neue Plattform von den vorherigen – außer dass sie auf das seit Jahren bewährte Prinzip des Upscalings setzen, sprich: mehr Rotordurchmesser, mehr Leistung?
„Wir haben hier das Beste aus drei Plattformen vereint“, sagt Jan Hagen. „MHI Vestas hat bekanntermaßen die V164 im Programm, das ist weiterhin die größte Anlage der Welt. Wir greifen auf die Erfahrungen mit dieser Anlagen zurück.“ Die wesentliche Übernahme an Technologie sei hierbei, dass die neue Plattform einen von der V164 übernommenen mittelschnellen Triebstrang verwendet.
„Offshore hatte sich die Frage gestellt: setzen wir einen schnelllaufenden Triebstrang ein, nutzen wir einen mittelschnelllaufenden Triebstrang oder setzen wir auf einen Direktantrieb? Bei der Offshore-Anlage V164 haben wir früh hergeleitet, dass ein mittelschnelllaufender Triebstrang die beste Lösung ist.“ Daher habe man sich für die neue Plattform für diese Variante mit zweistufigem Getriebe, Vollumrichter und Permanent-Magnet Generator entschieden. „Bezüglich der Elektrik bauen wir auf die Modularität der Umrichtervariante der Vier-Megawatt-Plattform sowie auf die dort eingesetzte Steuerung und Blattarchitektur“, so Hagen. Dadurch dass man bereits Erfahrungen mit dem Bau von Rotorblättern für 164 Meter Rotordurchmesser habe, sei man in einer komfortablen Situation, aber die Offshore-Blätter habe man dennoch nicht als Basis genommen, weil sie für viel größere Lasten ausgelegt sind, um den Windbedingungen auf hoher See gerecht zu werden. Die neuen Rotorblätter für die Onshore-Anlage verfügen wie die Vorgänger über eine Strukturschale und Kohlefaserelemente. „Wichtig ist, wir haben hier ein überschaubares Risiko wegen der Erfahrungen aus dem Bau anderer Anlagen“, betont Hagen.
Der Prototyp der V150-5.6 MW soll in der zweiten Hälfte dieses Jahres im dänischen Østerild installiert werden, die Serienproduktion soll Mitte 2020 starten. Der Prototyp der V162-5.6 MW folgt Mitte 2020, die Serienfertigung schließt sich später im Jahr 2020 an. Produziert wird in den bisherigen Produktionsstätten, unter anderem entsteht das Maschinenhaus im dänischen Ringkøbing. Teile der V162 werden in Spanien gefertigt.
Vestas richtet mit der neuen Plattform sein Augenmerk auf Zentraleuropa. Deutschland sei einer der wichtigen Märkte für die neuen Anlagen. Hagen geht davon aus, dass eine Anpassung der Genehmigung von einer V150-4.2 auf V150-5.6 relativ wenig Zeit in Anspruch nimmt, was deutschen Planern mit Ausschreibungsverfahren zu Gute kommen könnte. Auch der Schallleistungspegel sei relativ gering – ein Thema, das derzeit in Deutschland aufgrund von gesetzlicher Anpassungen an Bedeutung gewonnen hat.
Wie andere Vestas Turbinen auch, beispielsweise die Vier-Megawatt-Plattform, könnten die EnVentus Turbinen über den Vestas Hybrid Power Plant Controller mit Speicherlösungen kombiniert werden, erklärt Hagen. Aber der Markt gibt das in Deutschland bisher nicht wirtschaftlich her.“ Darum sind Speicher hier jetzt kein Thema. In Großbritannien und Australien zum Beispiel sei das etwas anderes, „da haben Speicher in bestimmten Konstellationen eine Daseinsberechtigung. Technisch sind wir bereit, das ist also eher ein Thema der rechtlichen Rahmenbedingungen“