Den Auftrag für das 700-Megawatt-Windkraftfeld auf See haben demnach das Joint Venture Ocean Winds aus Madrid und der litauische Partner Ignitis erhalten. Sie zahlen nun 20 Millionen Euro dafür, in dem 30 bis 36 Kilometer vor der Küste gelegenen 120-Quadratkilometer-Areal bis 2030 den Windpark zu entwickeln und in Betrieb zu nehmen. Die erst im November beschlossenen Ausschreibungsregeln sahen Null-Cent-Gebote für einen Zuschlag ohne feste Vergütungsabsicherung vor. Außerdem mussten die Bieter eine von den Ausschreibungsteilnehmern anzubietende Gebühr für die Projektierungsrechte vorschlagen. Und sie müssen die Untersuchungen für Umweltauswirkungen ebenso wie den Netzanschluss selbst in die Hand nehmen. Ocean Winds ist das gemeinsame Offshore-Windenergie-Unternehmen des portugiesischen Energiekonzerns EDP und des französischen Engie.
Die europäische Windenergieorganisation Wind Europe lobte die Vergabepremiere für Offshore-Windpark-Projektrechte im ersten Land des Baltikums mit der Bewertung, Litauen sei das erste Land der drei Baltischen Staaten, das seine Offshore-Windenergie-Pläne in die Realität umsetze. Das Land bewege sich damit in die richtige Richtung. Zugleich kritisierte die europäische Windkraftallianz, dass Vilnius in der ersten Ausschreibung das falsche Auktionsdesign angewandt habe. Die Auflagen und die nicht vom Staat vorweg geleistete Voruntersuchung des Meeresbodens und fehlende Netzanschlussvorarbeiten sorge für Unsicherheit und werde das Projekt für die Stromkunden unterm Strich verteuern. Die Unsicherheitsfaktoren hätten dazu geführt, dass sich nur zwei Parteien an der Ausschreibung beteiligt hätten.
Der zweite Offshore-Windpark-Tender für ebenfalls 700 Megawatt (MW) Erzeugungskapazität, dessen Regeln die litauische Politik schon früher als die der jetzigen Ausschreibungsrunde beschlossen hatte, soll als Differenzvertragsprojekt den Zuschlag erhalten. Die Bieter dürfen die Einspeisung ihres Windparks zu garantierten Preisen im Bereich von 6,4 bis 10,7 Cent pro Kilowattstunde (kWh) anbieten. Für den Fall, dass im Stromhandel der Marktpreis unterhalb den dann bezuschlagten Wert fällt, muss der spätere Betreiber des Windparks die im Stromhandel erzielten Überschüsse an den Staat überweisen. Fällt der Stromhandelspreis darunter, bekommt er die fehlenden Beträge bis zum bezuschlagten Fixpreis dagegen vom Staat ausgezahlt.
Das polnische Energieunternehmen Polenergie sagte allerdings schon Ende Juli an, dass es seine Entscheidung zur Teilnahme an der zweiten Offshore-Windkraft-Ausschreibung in der zweiten Jahreshälfte 2023 zurückziehe. Es beende vorerst die Zusammenarbeit mit dem litauischen Partnerunternehmen für das Projekt, Modus Energy, in gegenseitigem Einvernehmen. Der zulässige Höchstgebotspreis sei nicht wirtschaftlich.
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