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Stafan Wippich von Secondsol: „Abschreckung der Diebe ist wichtig“

Secondsol hat mit PV-Diebstahl eine Möglichkeit entwickelt, das Verschwinden von Komponenten aus Solaranlagen zu behindern. Wie funktioniert das?

Stefan Wippich: PV-Diebstahl ist ein zweistufiger Anlagenschutz. Die erste Stufe ist die Sicherung der Komponenten vor Ort. Diesen realisieren wir einerseits mit speziellen Sicherheitsetiketten und andererseits mit großen Schildern am Zaun um die Anlage, dass die Komponenten mit diesen Etiketten versehen sind. Dies wirkt abschreckend auf Diebe. Sie erhöhen zudem den Aufwand, Komponenten weiterzuverkaufen oder weiterzunutzen, wenn diese tatsächlich gestohlen werden sollten. An dieser Stelle kommen wir zur zweiten Stufe des Anlagenschutzes: dem Track and Trace von gestohlenen Komponenten.

Wie funktioniert diese zweite Stufe?

Dazu werden die Module mit Seriennummer und der Nummer auf dem Sicherheitsetikett in unserer Datenbank registriert. Sollten die Komponenten gestohlen werden, kann die Polizei über die Q-Codes auf den Etiketten und/oder der Seriennummer der Module beziehungsweise der Wechselrichter in der Datenbank genau sehen, dass die Module aus einer registrierten Anlage stammen. Sie kann auch sehen, aus welcher Anlage diese stammen und ob sie legal verkauft werden oder gestohlen wurden. In der Datenbank sind die Kontaktdaten der Eigentümer der Komponenten hinterlegt. Mit diesen kann die Polizei dann direkt Kontakt aufnehmen.

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Das ist ein prima Ansatz. Doch die Sicherheitsetiketten kann der Dieb ja abziehen und dann fällt das nicht mehr auf?

Wenn der Dieb die Sicherheitsetiketten abziehen will, zerreißt er dies in winzige Stückchen. Außerdem bleibt immer ein kleines Schachbrettmuster zurück, das man nur mit einer sehr aufwändigen Reinigung entfernen kann. Dadurch erhöhen wir mit dem Etikett einerseits das Entdeckungsrisiko, wenn die Diebe die Komponenten mit dem Label mitnehmen. Mit dem QR-Code ist das Produkt sehr einfach zu identifizieren und die Polizei hätte einen ersten Ermittlungsansatz. Andererseits erhöhen wir mit dem Etikett den Aufwand vor Ort, sollten sich die Diebe entscheiden, die Etiketten vor Ort zu entfernen. Diebe können dann in der gleichen Zeit nicht so viele Komponenten mitnehmen, und das verringert die Schadenshöhe.

Die Module sind mit den Etiketten auch kaum verkäuflich?

Richtig. Auch dann müssten sie aufwändig gereinigt werden, was den Wert der Module und Wechselrichter für die Diebe drastisch verringert. Denn auch die Diebe denken über die Wirtschaftlichkeit ihrer Unternehmung nach und wollen Komponenten mit so wenig Aufwand wie möglich verkaufen. Die Entfernung der Etiketten steigert aber den Aufwand und damit sinkt der Erlös für die Täter. Aber auch ohne Etikett besteht immer noch das Risiko über die Seriennummer der Module oder Wechselrichter entdeckt zu werden. Denn diese sind ja immer noch in der Datenbank hinterlegt. Wir haben damit eine echte Möglichkeit entwickelt, die Herkunft von Komponenten zurückzuverfolgen.

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Reicht die Kennzeichnung mit den Etiketten und die Registrierung aus, einen Diebstahl zu verhindern?

Indirekt, so wie andere Systeme auch. Wir setzen auf massive Abschreckung. Dies ersetzt natürlich keinen Zaun und auch keine Alarmanlage oder ähnliche Sicherungsmaßnahmen, ergänzt diese. Wie bei der Fahrrad-Codierung geht es darum, dass durch Sicherheitsetiketten und Onlinespeicherung Produkte schwerer zu verkaufen sind. Das schreckt ab. Auch beim Fahrrad ist die Codierung effektiver als Diebstahlschutz. Denn wie erwähnt zeigt diese den Eigentümer und erleichtert es der Polizei, aufgefundene Produkte zuzuordnen. Es geht darum, dass die Diebe gar nicht erst auf die Idee kommen, in den Solarpark einzubrechen oder auf das Dach zu steigen.

Dazu müssen sie wissen, dass die Komponenten der Anlage entsprechend gekennzeichnet sind. Wie erfahren sie das?

Dazu befestigt der Anlagenbetreiber entsprechende Schilder am Schutzzaun um die Anlage. Wobei das Schild am Zaun nur der erste Hinweis ist. Dort kann der Dieb auch erkennen, was PV-Diebstahl ist. Er kann dann auf der Webseite sehen, wie es funktioniert und dass der Aufwand, die Module oder Wechselrichter hinterher zu verkaufen, immens ist und sich der Diebstahl nicht lohnt.

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Wie ist Ihre Erfahrung: Schrecken die Schilder tatsächlich ab?

Ich habe noch nie mit einem Dieb gesprochen, aber ich gehe davon aus, dass die Schilder zumindest verunsichern und dadurch schon abschreckend wirken. Denn die Diebe wissen erst einmal nicht, was dahintersteckt. Hier spielt eine Rolle, wie sich die Diebe eine Anlage aussuchen, die sie bestehlen wollen. Da spielt zunächst das Alter eine Rolle. Eine Anlage, die älter als fünf Jahre ist, ist weniger interessant als eine Anlage mit neuen Modulen und Wechselrichtern. Denn bei älteren Anlagen sind die Komponenten ohnehin nicht mehr so viel wert auf dem Markt. Danach schauen sie sich verschiedene Solarparks an. Wenn da irgendetwas mit Onlineregistrierung der Module steht und einer Kennzeichnung mit einem Label, nehmen sie sicher eher eine Anlage, die keine solche Sicherung hat. Insofern schrecken die Hinweise auf den Schildern, die dort auch in verschiedenen Sprachen stehen, schon ab. Denn Diebe wollen ja nicht geschnappt werden und genau dieses Risiko verringern. Doch wenn Diebe bestimmte Module oder Wechselrichter unbedingt haben wollen, dann nehmen sie diese auch mit. Dann helfen aber auch keine Kamerasysteme und Zäune mehr.

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Dann könnte man auch nur die Schilder aufhängen, ohne die Etiketten anzubringen?

Das geht natürlich. Die Diebe müssten dann schon in den Solarpark eindringen, um zu schauen, ob die Module etikettiert sind. Wenn ein Kamerasystem zusätzlich installiert ist, würde dieses dann schon Alarm schlagen. Allerdings sind die Komponenten dann auch nicht in der Datenbank registriert.

Werden alle Module in einem Solarpark etikettiert oder nur strategisch brisante Bereiche wie etwa die Ränder der Anlage?

Das hängt von der Größe der Anlage ab. Wir empfehlen, alle Komponenten zu etikettieren. Doch das ist natürlich auch ein Aufwand. Einige Betreiber sichern aber auch nur die Randbereiche der Anlage oder den Bereich der Straßen und Wege im Solarpark. Das hängt aber auch immer von der Größe der Anlage und den geografischen Gegebenheiten ab. Denn niemand wird sich den Aufwand machen, Module mitten in der Anlage zu demontieren und über lange Wege zum Fahrzeug zu schleppen.

Wie entwickelt sich die Nachfrage nach den Etiketten?

Diese ist seit vielen Jahren stabil und wachsend. Über hunderttausend Etiketten pro Jahr verschicken wir an die Projektierer oder Anlagenbetreiber. Die Nachfrage hängt natürlich auch davon ab, wie viele neue Anlagen auch gebaut werden. Mit höherem Kostendruck sparen Projektierer auch bei Sicherheitsmaßnahmen ein. Dann setzen die Projektierer nur noch das um, was von den Versicherungen als Mindestmaß verlangt wird.

Kann man etikettierte Module auch wieder verkaufen?

Diese sind ja dann mit Eigentümer in der Datenbank registriert. Dann trägt der Anlagenbetreiber die verkauften Komponenten einfach aus der Datenbank aus und kann sie verkaufen. Der neue Eigentümer kann sie dann wieder für sich in der Datenbank registrieren, wenn er das will.

Wird das System von PV-Diebstahl von den Versicherungen als ausreichender Diebstahlschutz angesehen?

Bei Solarparks ohne Zaun sicherlich nicht. Den individuellen Schutzbedarf muss der Anlagenbetreiber konkret mit der Versicherung absprechen. Es gibt aber einige Versicherungen, die das System von PV-Diebstahl empfehlen. Vor allem bei Dachanlagen. Denn da kann man in der Regel keinen Zaun um die Anlage herumbauen.

Das Gespräch führte Sven Ullrich.