Die Firma Timm hat gemeinsam mit Partnern aus der Windbranche ein digitales Zutrittskontrollsystem für Windenergieanlagen entwickelt, um die Herausforderungen der Windpark-Betreiber in Bezug auf Transparenz, Kontrolle und Effizienz beim Zugang ihrer Anlagen zu lösen. Das Zutrittskontrollsystem erhöht die physische Sicherheit der Windkraftanlagen deutlich und vereinfacht operative Prozesse der Betreiber. Das Entwicklungsprojekt wurde durch das Land Schleswig-Holstein gefördert. Aber warum ist es überhaupt wichtig, die Anlagen besser zu schützen? Dafür gibt es verschiedene Gründe.
1. Eine Million Euro pro Megawatt fast ungeschützt
Je größer und leistungsstärker Windenergieanlagen werden, desto teurer werden sie. Während die Investitionskosten für Windparks onshore bei etwas über einer Million Euro pro Megawatt installierter Kapazität liegen, sind die Beträge im Offshore-Bereich mit drei bis vier Millionen Euro pro Megawatt deutlich höher. Trotz dieses hohen Werts sind Windenergieanlagen typischerweise nur mit handelsüblichen Tür- oder Vorhängeschlössern gesichert, die sich in kürzester Zeit mit Geschick oder einem Bolzenschneider öffnen lassen.
2. Fehlende Kontrolle, wer die Anlagen betritt
Die Anlagenhersteller verwenden bereits lange das gleiche Generalschließsystem. Dass im Laufe der Zeit Generalschlüssel verloren oder nicht zurückgegeben wurden, ist unvermeidbar. Eine effektive Kontrolle, wer heute Zugang zu Anlagen hat, ist deshalb nur noch schwer möglich. Ein beispielhaftes Resultat: Auf YouTube existieren mehrere Videos, auf denen Basejumper von Windenergieanlagen springen – die sich in einigen Aufzeichnungen sogar noch in Betrieb befinden. Da die Generalschlüssel Windpark-übergreifend auf alle Anlagen eines Herstellers passen, ist prinzipiell kein Betreiber vor unbefugtem Zutritt sicher – selbst wenn er die eigenen Schlüssel vollständig unter Kontrolle hat.
3. Windpark als Geisel und Lösegeldforderung
Insbesondere das Thema IT-Security wird immer wichtiger, da Sicherheitsforscher gezeigt haben, wie verwundbar Windenergieanlagen und die sie verbindenden Netzwerke sind. Mit vergleichsweise geringem Aufwand lassen sich ganze Windparks über die Kontrollnetzwerke als Geiseln nehmen und – bei ausbleibender Lösegeldzahlung – durch mehrmaliges Notausschalten hintereinander signifikant beschädigen. Wer jedoch annimmt, dass es sich hierbei um ein reines IT-Thema handelt, der irrt: Auch die beste Firewall ist wirkungslos, wenn man wie im Falle der Forscher mehr oder weniger ungehindert physischen Zugang zu den Anlagen bekommt.
4. Der Betreiber muss manchmal selbst haften
Der Betreiber ist grundsätzlich verantwortlich für den sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage. Für jeglichen Schaden, der durch den Betrieb der Anlage entsteht, haftet er. Zwar sind Betreiber versichert (gegen Schäden an der Anlage, gegen Betriebsausfall, gegen Schäden an Dritten), doch auch Versicherungen können die Zahlung verweigern oder Rückforderungen stellen, wenn bestimmte Anforderungen nicht oder nur unzureichend beachtet wurden. Dazu zählen auch physische Sicherheitsvorkehrungen. Windenergieanlagen sind elektrische Betriebsstätten und müssen deshalb verschlossen gehalten werden. Sorgt der Betreiber nicht dafür, dass seine Anlagen ordnungsgemäß verschlossen sind, riskiert er seinen Versicherungsschutz. Im Schadensfall kann für den Betreiber allein durch die Betriebsunterbrechung an einer Anlage schnell ein Ertragsausfall in fünfstelliger Höhe entstehen, die ihm die Versicherung nicht ersetzen würde. Darüber hinaus ist es unwahrscheinlich, dass eine Versicherung für Schäden aufkommt, wenn sich ein Unbefugter gar mit einem passenden Schlüssel Zutritt verschafft hat.
5. Kosten sparen mit mehr Effizienz
Um die Betriebskosten so gering wie möglich zu halten, muss jeder Betreiber Wert auf schlanke, effiziente und möglichst automatisierte Prozesse legen. In Bezug auf die Zutrittskontrolle gibt es an vielen Stellen noch Optimierungspotenzial. Die Verwaltung, Ausgabe, Rücknahme und Nachverfolgung von physischen Schlüsseln bindet jeden Tag Kapazitäten und erzeugt zusätzliche Kosten, etwa wenn ein Schlüssel per Post an Dritte geschickt wird. Insbesondere bei einer hohen Anzahl von Anlagen, die zentral von einem Betriebsführer verwaltet werden, führt dies zu signifikantem Aufwand, Verwechslungen und daraus resultierenden Verzögerungen im Betriebsablauf. Auch in Offshore-Parks ist die Verwendung von normalen, schlüsselbasierten Systemen problembehaftet, etwa wenn der passende Schlüssel fehlt oder der Schließzylinder verrostet, mit Salz zugesetzt oder vereist ist. Im Offshore-Business, in dem der Grundsatz „Zeit ist Geld“ durch die anspruchsvollere Logistik noch einmal mehr Gewicht hat als an Land, führen Verzögerungen im Betriebsablauf direkt zu signifikanten Kosten.
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