Nicole Weinhold
Spezialchemikalien soll erzeugt werden – aus Kohlendioxid (CO2) und Wasser, außerdem Strom aus erneuerbaren Quellen und Bakterien, so das Ziel beim Forschungsprojekt Rheticus II. In Rheticus I haben die beiden Unternehmen zwei Jahre lang die Grundlagen für die technische Machbarkeit dieser künstlichen Photosynthese aus Bioreaktor und Elektrolyseur entwickelt. Evonik und Siemens führen nun die beiden bislang noch getrennten Anlagenteile in einer Versuchsanlage am Evonik-Standort Marl in Nordrhein-Westfalen zusammen. Rheticus II hat eine Laufzeit bis 2021. Die Fördersumme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) beträgt rund 3,5 Millionen Euro.
Die Technologie habe das Potenzial, zum Gelingen der Energiewende beizutragen, sagt Thomas Haas, der bei Evonik für Rheticus verantwortlich ist. „Die Plattform könnte künftig überall dort installiert werden, wo CO2 vorhanden ist – etwa an Kraftwerken oder Biogasanlagen. Wir nutzen dabei vorhandenes CO2 als Rohstoff, um über künstliche Photosynthese wertvolle Chemikalien zu erzeugen.“ Siemens bringt in Rheticus den weltweit ersten CO2-Elektrolyseur ein. „Wir entwickeln ein flexibles System, das Antworten auf mehrere Fragen der Energiewende geben kann“, sagt Karl-Josef Kuhn, der bei Siemens die Power2X-Forschung leitet. So machten die Unternehmen erneuerbare Energie speicherbar, indem sie sie in Wertstoffe wie Spezialchemikalien oder Treibstoffe umwandeln. "Wir tragen zur Netzstabilität bei – denn wir produzieren so variabel, dass wir auf Stromschwankungen reagieren können.“
CO2-Elektrolyseur und Bioreaktor
Anfang 2020 soll die Versuchsanlage ihren Testbetrieb aufnehmen. Sie besteht aus einem CO2-Elektrolyseur und einem Bioreaktor. In Elektrolyseuren werden in einem ersten Schritt Kohlendioxid und Wasser mit Strom in Kohlenmonoxid (CO) und in Wasserstoff umgewandelt. Aus dem dabei entstehenden Synthesegas wandeln spezielle Mikroorganismen die CO-haltigen Gase zu Chemikalien um. Mit der Elektrolysetechnik und der Biotechnologie bringen Siemens und Evonik jeweils ihre Kernkompetenzen in diese künstliche Photosynthese ein. Dabei werden chemische und biologische Schritte so kombiniert, dass mit Hilfe von elektrischer Energie aus CO2 und Wasser verwertbare Chemikalien entstehen. Pflanzen machen es bei der natürlichen Photosynthese ähnlich: Sie nutzen Chlorophyll, Enzyme und Sonnenlicht, um damit Glucose herzustellen – einen lebenswichtigen und energiereichen Nährstoff.
Die Technologie trägt zudem dazu bei, die Kohlendioxidbelastung der Atmosphäre zu reduzieren, da CO2 als Rohstoff verwendet wird. So würde beispielsweise die Herstellung einer Tonne Butanol drei Tonnen Kohlendioxid benötigen.