Der TÜV Rheinland und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) haben einen gemeinsamen Leitfaden zu Brandrisiken bei Photovoltaikanlagen erstellt. Fast vier Jahre lang haben die Experten in Köln und Freiburg zusammen mit Experten aus der Schweiz untersucht, welche Brandrisiken von Solarstromanlagen ausgehen. Jetzt liegen die Ergebnisse in Form eines 300 Seiten dicken Leitfadens vor. In ihm finden die Installateure, Betreiber und Investoren Empfehlungen für die brandschutzgerechte Planung, Installation und Betrieb von Photovoltaikanlagen. „Brandrisiken bei Solaranlagen sind gering, aber sie lassen sich leicht noch weiter reduzieren“, fasst Florian Reil, Geschäftsfeldleiter Solarenergie beim TÜV Rheinland, die Ergebnisse zusammen.
Mit dem Leitfaden wollten die Forscher und Prüfer aber auch die Realität über die tatsächlichen Brandursachen an Solarstromanlagen anhand konkreter Analysen belegen. „Ein wichtiges Ziel des Projekts war es auch, die zum Teil emotional geführte Berichterstattung zum Thema Photovoltaikbrandsicherheit zu versachlichen“, erklärt Hermann Laukamp, beim Fraunhofer ISE zuständig für die Analyse der Schadensfälle. „Dies ist gelungen, und durch die intensive Aufklärungsarbeit konnte auch innerhalb der Feuerwehren manches Vorurteil ausgeräumt werden.“
Lichtbogen ist größtes Risiko
Um die Risiken zu minimieren, empfiehlt Reil die verbesserte Qualifizierung der Installateure, eine technische Abnahme und regelmäßige Überprüfung der Anlagen sowie schließlich technische Entwicklungen wie Detektoren für gefährliche Lichtbogen. Schließlich sind Installationsfehler die häufigsten Brandursachen. Oft führen sie zu sogenannten Lichtbögen. Dies sind Gasentladungen zwischen zwei Elektroden. Sie entstehen, wenn die beiden Kontakte, durch die der Strom fließt, auf der Gleichstromseite der Anlage auseinandergezogen werden. Dadurch steigt der Übergangswiderstand und das Kontaktmaterial schmilzt. „Schließlich explodiert die verbleibende Metallbrücke“, beschreiben die Autoren des Leitfadens die Gefahr. „Aus dem zunächst entstehenden Metalldampflichtbogen kann sich ein stabiler Gasentladungslichtbogen bilden, wenn Strom und Spannung ausreichend hoch sind.“ Der Leitfaden beschreibt ausführlich, wo diese Lichtbögen auftreten und wie sie zu löschen sind. Heikle Stellen an der Anlage sind unter anderem die Steckverbindungen und Verkablungen, die Sicherungen, Freischalter und Trennstellen oder Generatoranschlusskästen. An diesen Stellen muss der Installateur und Planer von vorn herein darauf achten, dass Kontakte auf keinen Fall gedehnt werden.
An zweiter Stelle der Brandursachen bei Photovoltaikanlagen stehen Produkt- und Planungsmängel. Deshalb haben die Forscher konkret das Brandverhalten von Modulen untersucht. Sie wollten dabei herausfinden, wie die Module anfangen zu brennen und wie sich der Brand weiter verhält.
Nur mit Wasser löschen
Zudem enthält der Leitfaden konkrete Hinweise für die Feuerwehr, wie sie sich verhalten soll, wenn ein Gebäude mit einer Photovoltaikanlage brennt. Dabei muss der Brand nicht von der Anlage auf dem Dach ausgegangen sein. Die Autoren des Leitfadens geben Hinweise, wie sich die Einsatzkräfte gegen Gefahren schützen können, die von der Photovoltaikanlage als elektrische Anlage oder als Last auf dem Dach ausgehen. In einer ganzen Versuchsserie haben die Forscher die elektrische Leitfähigkeit beim Löschvorgang ermittelt. Das Ergebnis: Bei ausreichendem Abstand zur Photovoltaikanlagen geht für die Einsatzkräfte keine Gefahr vom Generator aus. Vorausgesetzt, die Feuerwehr löscht mit Wasser. Löschschaum darf bei der Bekämpfung von Bränden an elektrischen Anlagen nicht verwendet werden. Denn der Schaum erhöht die elektrische Leitfähigkeit des Wassers.
Außerdem geben die Forscher konkrete Hinweise darauf, welchen Schadstoffen in der Atemluft die Feuerwehrleute ausgesetzt sein können. Wenn Solarmodule und die gesamte Verkabelung brennt, entstehen nicht nur Atemgifte in grenzwertüberschreitender Konzentration, sonder auch hochtoxische und ätzende wie zum Beispiel Flusssäure entstehen. Der Rat der Experten lautet deshalb: Beim Löschen einer Photovoltaikanlage immer Schutzkleidung und Atemschutzgeräte tragen.
Risiko steigt mit Alter der Anlage
Insgesamt sehen die Forscher das Risiko, dass ein Brand von einer Photovoltaikanlage ausgeht, als gering an. Für die vergangenen Jahre haben sie 210 Fälle ermittelt, in denen Brände durch Photovoltaikanlagen verursacht wurden. Dabei griffen die Brände in 130 Fällen nicht auf das Gebäude über, sondern blieben auf den Generator auf dem Dach beschränkt. Nur in etwa 80 Fällen war das Gebäude betroffen. „In Anbetracht der über 1,5 Millionen in Betrieb befindlichen Photovoltaikanlagen in Deutschland ist das zwar eine geringe Zahl, durch die fortschreitende Alterung der Anlagen ist allerdings mit einem Anstieg in den nächsten Jahren zu rechnen“, warnen die Experten. „Denn mit zunehmender Alterung der Materialien werden Isolationsfehler, Kontaktprobleme und Übergangswiderstände zunehmen.“ Deshalb raten die Forscher, vor allem ältere Anlagen regelmäßig zu überprüfen und gut zu warten.
An der Erstellung des Leitfadens waren neben dem TÜV Rheinland und dem Fraunhofer ISE Experten der Branddirektion München, von Energiebau Solarsysteme in Köln, der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) in Berlin, der Berner Fachhochschule in der Schweiz sowie dem Sicherheits- und Brandschutzdienstleister Currenta mit Sitz in Leverkusen beteiligt. (Sven Ullrich)