Im Juli 2023 wurden das Recht für die Nutzung von Flächen in der deutschen Nord- und Ostsee zur Eröffnung von Windparks versteigert. 12,6 Milliarden Euro haben die Bieter um BP oder Total Energies gezahlt, um diese Rechte zu erwerben. Dass die Gebiete jenseits der deutschen Küste damit eine wichtige Rolle bei der Energiewende einnehmen sollen, ist unbestritten. Dass die Beurteilung der steuerlichen Folgen hierfür jedoch teilweise auf Verwaltungsgrundsätzen beruhen, die noch aus dem alten Jahrtausend stammen, dürfte jedoch nicht der Anspruch der Politik sein und kann bei Unternehmen der Branche unbeantwortete Fragen hinterlassen.
Ungeklärte steuerliche Fragen bestehen dabei weniger bei der tatsächlichen Ausbeutung, wie zum Beispiel bei der Gewinnung von Wind- und Solarenergie, als bei der Exploration des Meeresgrundes für geeignete Flächen für die Errichtung von Windparks.
Die wirtschaftlichen Nutzungsrechte der Gebiete der Nord- und Ostsee sind vollständig auf die Anrainerstaaten aufgeteilt. Deutschland beansprucht hierbei sowohl Teile des deutschen Festlandsockels als auch der sog. ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) für sich. Diese Gebiete stellen auch für steuerliche Zwecke Inland dar, sodass der deutsche Fiskus entsprechende Erträge, sofern diese durch „Betriebsstätten“ in diesen Gebieten erzielt werden, besteuern will. Die Zurechnung von Erträgen zu statischen Betriebsstätten, wie etwa Windparks es sind, ist dabei relativ unkritisch.
Verwaltungsgrundsätze aus dem alten Jahrtausend
In der Praxis haben sich jedoch Unklarheiten für Unternehmen ergeben, die für Energieerzeuger Explorationstätigkeiten in der Nord- und Ostsee durchführen, um z. B. den Meeresgrund für geeignete Flächen zur Errichtung von Windparks zu Untersuchen. Die sog. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze der deutschen Finanzverwaltung stammen vom 24. Dezember 1999. Die Ausführungen zu Explorationstätigkeiten beziehen sich dem Zeitgeist geschuldet auf die Gewinnung von Bodenschätzen und Rohstoffen. Die deutsche Finanzverwaltung nimmt nach diesen Grundsätzen eine sog. Montagebetriebsstätte an, wenn solchen Explorationstätigkeiten eine Dauer von mehr als 6 Monate überschreiten. Führt also ein ausländisches Unternehmen (z. B. ein britisches) für ein deutsches Energieunternehmen Explorationstätigkeiten von einer Dauer von mehr als sechs Monaten in deutschen Gewässern durch, könnte der deutsche Fiskus eine Steuerpflicht des ausländischen Unternehmens in Deutschland annehmen. Gleiches kann ggfs. auch im umgekehrten Fall passieren, sprich wenn ein deutsches Unternehmen in ausländischen Hoheitsgebieten tätig wird. Die Folgen sind nicht nur, dass das Unternehmen plötzlich in einem anderen Staat Steuern bezahlen muss (in Deutschland ca. 30 %), sondern auch, dass diverse Registrierungs- und Deklarationspflichten des Unternehmens bestehen. Bei Nichterfüllen dieser Pflichten besteht zudem das Risiko von Steuerverkürzung oder -hinterziehung.
Hierbei bestehen eine Reihe ungeklärter steuerlichen Fragen: Liegt eine einheitliche Explorationstätigkeit vor, wenn ein Unternehmen den Meeresgrund für die potentielle Errichtung von Windparks zuerst vor Helgoland und dann vor Sylt oder den Ostfriesischen Inseln erkundet? Welche Gemeinde oder welches Bundesland ist für die Erhebung der Gewerbesteuer zuständig, wenn ein Schiff sowohl in schleswig-holsteinischen als auch in niedersächsischen Gewässern tätig ist? Und überhaupt stellt sich die Frage einer Aufgriffswahrscheinlichkeit.
Immerhin soll kein steuerliches Problem vorliegen, wenn Energieunternehmen selbst Explorationstätigkeiten durchführen, da entsprechende Tätigkeiten als Nebenleistungen keine selbstständige Betriebsstätte begründen sollen. In übrigen Fällen empfiehlt sich die Einzelfallprüfung, um bei Offshore-Tätigkeiten nicht in unerwünschte steuerliche Fallen zu tappen. W