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Digitale Bürgerbeteiligung als Erfolgsfaktor

In der Energiewende wird mit harten Bandagen gekämpft. Falschinformationen – zumeist aus dem Internet – machen Projektierern und Kommunen das Leben schwer. Kein Argument, so scheint es, ist zu abwegig, um nicht doch vorgebracht zu werden, um Wind- und Solarenergie zu verhindern. Irgendwann tritt Resignation ein oder vor lauter Panik, dass einem der Laden um die Ohren fliegen könnte, tut man dann lieber gleich gar nichts mehr.

Allerdings, und das wissen auch alle, hat die Energiewende ganz allgemein eine große Unterstützerschaft in der Bevölkerung. Je nach Umfrage schwankt der Wert zwischen 60 und 90 Prozent. Doch kommen diese Menschen meist nicht, wenn man ein Projekt vorstellt. Da kommen bloß die, die meckern, die verhindern, die pöbeln wollen. Daher verwundert es auch nicht, wenn Projektierer Beteiligungsprozessen skeptisch bis sehr skeptisch gegenüberstehen. Der Skeptizismus führt auch dazu, dass kaum neue Methoden ausprobiert werden, schon gar keine digitalen. Doch bieten gerade digitale Methoden hervorragende Möglichkeiten, Beteiligung neu zu denken und besser zu organisieren.

Die schweigende Mehrheit

Jede wissenschaftliche Studie, die sich mit Beteiligung auseinandersetzt, besagt, dass man die Akzeptanz für das Vorhaben hinter sich hat, wenn man es schafft, die schweigende Mehrheit zu adressieren. Mit den bisherigen Methoden der Beteiligung vor Ort wird das aber nur indirekt erreicht oder auch gar nicht. Digitale Werkzeuge können das schaffen. „Zücken Sie Ihr Handy, scannen Sie den QR-Code ab, ich habe ein paar Fragen an Sie“, so oder so ähnlich kann man alle Menschen im Raum gleichzeitig erreichen. Dann kommt es darauf an, ob kluge Fragen gestellt werden, die auch einen Bezug zum Ort und zum Projekt vor Ort haben.

Mit Videokonferenzen erreicht man sogar die Menschen, die eigentlich keine oder nur wenig Zeit haben, um vor Ort an einer Projektpräsentation teilzunehmen. Denn so kann man sich problemlos informieren und doch auch gleichzeitig die Kinder betreuen oder auch schon einmal auf dem Sofa vom anstrengenden Arbeitstag entspannen. Die Erfahrung zeigt, dass an Videokonferenzen bedeutend mehr Menschen teilnehmen als an einer Vor-Ort-Veranstaltung. Die schweigende Mehrheit wird damit gesprächiger und durch Um- und Befragungen sichtbarer.

Man darf nur keine Scheu vor den Antworten haben. Man darf und muss unterstellen, dass die allermeisten Menschen konstruktiv mitwirken wollen. Das wird dann auch sichtbar und auch für die Gegner wird sichtbar, dass sie keine Mehrheit im Raum haben. Das Ziel digitaler Formate ist es daher, dass Schweigen der Mehrheit aufzulösen und sie zu aktivieren. Denn wer schweigt, der meint, dass er im Raum nicht Teil der Mehrheit ist. Erst wenn man sieht, dass man Teil der Mehrheit ist, wird man auch seine Stimme erheben, weil man sich der Unterstützung anderer sicher ist. Ebenso werden gegnerische Stimmen leiser, wenn man sich einem großen Block Befürworter gegenübersieht.

Eine Videokonferenz aufsetzen ist das eine, eine gute Videokonferenz machen etwas ganz anderes. Ein schöner Hintergrund ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Also die halb verdorrte Pflanze im Hintergrund weg, dafür ein schönes Kunstwerk oder Bücherregal hin, gute Beleuchtung im Gesicht und eine Kameraeinstellung, die die Schultern auf der Mittellinie des angezeigten Videos zeigt.

Auch bei analogen Veranstaltungen lassen sich digitale Beteiligungsmöglichkeiten einbauen.

Skalierungseffekte nutzen

Haben Sie schon einmal zwei Beteiligungsprozesse an einem Abend gemacht? Vermutlich noch nicht. Durch digitale Tools lässt sich so was aber tatsächlich realisieren. So können ohne Probleme Skalierungseffekte genutzt und auch aufgesetzte Tools mehrfach verwendet werden. Durch eine professionelle – externe – Moderation kann zudem sichergestellt werden, dass man sich selbst nicht überfordert und auf den Projektinhalt fokussiert bleibt. Durch die einfache Wiederholbarkeit der Werkzeuge und Formate kann der Faktor Zeit erheblich reduziert werden, da kein Nacheinander, sondern ein Nebeneinander besser realisiert werden kann. Letztlich wird dies Kosten reduzieren und die Beteiligung wird innerhalb des Projektbudgets damit weniger stark zu Buche schlagen.

Digital bedeutet nicht nur virtuell. Auch bei analogen Veranstaltungen lassen sich digitale Beteiligungsmöglichkeiten einbauen. Je nach Konfliktlage und Projektfortschritt muss abgewogen werden, was besser passt. Es kann auch eine Zweiteilung geben, nämlich, dass das Projekt zu einem frühen Zeitpunkt in einer Videokonferenz präsentiert und dann die Einladung ausgesprochen wird, sich zu einem späteren Zeitpunkt auch vor Ort auszutauschen – wenn der Bedarf dafür von den Teilnehmenden gesehen wird.

Die Liste der digitalen Möglichkeiten ist unerschöpflich

Videokonferenzen, Befragungstools, virtuelle Welten, Augmented Reality, kollaborative Co-Kreation. Die Liste an digitalen Möglichkeiten ist quasi unerschöpflich. Die richtigen Werkzeuge zu den passenden Inhalten auszuwählen ist eine Herausforderung. Und auch ein möglicher Kritikpunkt. Vor allem dann, wenn der Datenschutz nicht berücksichtigt wurde oder Vorkenntnisse notwendig sind, um die Werkzeuge einzusetzen. Eine ausführliche und strategische Planung ist daher erfolgsentscheidend.

Aber man muss bei allen Möglichkeiten auch berücksichtigen, dass nicht jeder für solche Formate zu haben ist. Allerdings gibt es keine Methode, bei der jeder mitmachen wird und kann.

Digitale Methoden bieten viel bessere Möglichkeiten, die Informationen unterhaltsam zu verpacken. Neben guten Bildern und tollen Präsentationen können auf bunten Boards und mit durch Grafiken angereicherten Werkzeugen Ergebnisse erarbeitet werden, die begeistern und mitreißen.

Mit guten Rahmenbedingungen kann digitale Beteiligung einen echten Mehrwert für das Projekt bieten und nicht nur eine Akzeptanzbeschaffungsmaschine sein. Es gehört Mut und Wille dazu, den die Pioniere der Energiewende immer wieder bewiesen haben. Diesen Geist brauchen wir, damit wir die Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien erreichen.

Autor

Michael Krieger,

Foto: privat

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