Stromabnahmeverträge sind die Zukunft für Regenerativbetreiber, wenn Festpreisvergütungen wegfallen. Im Ausland sind sie längst üblich. Doch wie gelingt die Finanzierung, wenn diese PPA nur fünf oder zehn Jahre laufen? Hartmut Brösamle, Vorstand des Bremer Regenerativexperten WPD AG, wiegelt ab: „Fünf Jahre haben wir für neue Projekte noch nicht gesehen und würden wir auch nicht machen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass je kürzer ein PPA läuft, die Eigenkapitalquote steigt.“ WPD habe bereits 2013 einen PPA in Deutschland mit einem großen Automobilhersteller abschließen können und gehöre somit zu den Pionieren auf dem deutschen PPA-Markt. „Hier haben wir schon früh einen großen Industrieabnehmer direkt, ohne Nutzung des öffentlichen Netzes mit Strom aus unseren Windenergieanlagen versorgen können.“ Im Bereich der Direktbelieferung gibt es also in Deutschland schon länger ein Potenzial für PPAs.
Absicherung gegen Strompreisanstieg
Grüner Windstrom aus der Region mache unter vielen Gesichtspunkten für Unternehmen Sinn, unter anderem die Vorteile in der Darstellung von Unternehmen nach innen und außen. Ganz besonders dann, wenn die Anlagen in direkter Nähe zum Werk oder Unternehmen stehen. „PPAs werden aber auch in den Bereichen Offshore und PV eine sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Förderungen darstellen. Klare Treiber für einen Anstieg der PPA-Abschlüsse in Deutschland werden unserer Meinung nach der Wille bei industriellen Abnehmern sein, sich gegen bevorstehende Strompreisanstiege abzusichern und Grünstrom Made in Germany einzukaufen.“ Zudem böten PPAs die Möglichkeit, dass Abnehmer sich direkt mit einem konkreten Wind- oder PV-Projekt identifizieren können, so Brösamle. „Das ist ein starkes Signal in der Außendarstellung der Unternehmen.“ Für die Post-EEG-Anlagen sei neben einem PPA mit einem Unternehmen aber immer auch der Verkauf am Spotmarkt eine interessante Option. „Hier wird die Zukunft zeigen, ob Unternehmen bereit sind, attraktive PPA-Preise zu zahlen und wir eine Preisbindung eingehen wollen“, sagt Brösamle.
Wirtschaftlicher Weiterbetrieb
Betreiber von Bestandsanlagen sehen wirtschaftlich schweren Zeiten entgegen. Zwar gibt es eine Überbrückungshilfe, doch absehbar müssen sie ohne EEG-Förderung auskommen. Sollte der Börsenstrompreis nicht steigen, wird das Geschäft mit der Windkraft für viele dann zu risikobehaftet. Was ist, wenn man gerade viel Geld in die Instandhaltung für ein „Second Life“ steckt, und dann sinkt der Börsenstrompreis? „Eigentümer von Windkraftanlagen sollten sich frühzeitig damit beschäftigen, wie nach Auslaufen der Förderung ein Konzept aussehen muss, das bei niedrigeren Erträgen eine qualitativ hochwertige, sichere und werterhaltende Betriebsführung ermöglicht“, sagt Hendrik van Ritter, Geschäftsführer Connected Wind Services Deutschland GmbH (CWS). Sein Unternehmen unterstützt Betreiber von Bestandswindparks beim Weiterbetrieb, sodass diese mit dem finanziellen Risiko nicht allein dastehen. „Wir bieten Betreibern zum Beispiel ein Servicekonzept an, das auf den geringeren Ertrag abgestimmt ist und weiterhin – wo möglich – einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage zulässt – oder im Zweifelsfall Alternativen aufzeigt. Schon heute machen wir das zum Beispiel mit unserem Basic-Eco-Vertrag“, erklärt van Ritter. Die EnBW-Tochter hat ihre Angebote speziell auf die Bedürfnisse von Altanlagen-Betreibern ausgerichtet. „Wir werben für diesen Kundenkreis mit einer speziellen Angebotspalette, die insbesondere auf die Zeit nach Auslaufen der EEG-Förderung ausgerichtet ist.“
Dekarbonisierung vor der Haustür
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen zu können, müssen die Ausbauzahlen für erneuerbare Energien deutlich gesteigert werden. Der im EEG 2021 vorgesehene Ausbaupfad ist hierfür nicht ausreichend. Die Dekarbonisierung der Industrie und die Sicherung der Energieversorgung können nur mit weiterem Zubau gewährleitet werden. „Dazu ist es nötig, dass bestehende politische und bürokratische Hürden beseitigt werden. So ist zum Beispiel eine weitere Standardisierung im Artenschutz wünschenswert. Auch Maßnahmen zur verstärkten Bereitstellung von Flächen und die Genehmigung von Projekten sind erforderlich, da diese das Nadelöhr für einen weiteren starken Ausbau – vor allem der Windenergie – darstellen“, sagt Florian Schemmerer von der Umweltbank. Außerdem sei es wichtig, dass die Politik ehrlicher mit dem Thema und den Kosten umgeht. „Eine Umstellung auf erneuerbare Energien gibt es nicht zum Nulltarif; der Nutzen übersteigt die Kosten jedoch deutlich. Die junge Generation scheint hier schon weiter zu sein“, so Schemmerer. Derweil merken die Planer von neuen Wind- und Solarparks, dass die Luft langsam dünner wird. Viele Planer müssen feststellen, dass sich vor Ort Bürger gegen ihre Projekte aussprechen. Auch wenn sie damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, ist das für die Anwohner kein Grund, Windparkprojekte in der Sichtachse ihrer Häuser zu akzeptieren. Daher ist es wichtig, die Menschen vor Ort frühzeitig in die Planung einzubinden. Außerdem sollten sie finanziell von dem Projekt profitieren. Doch welche Modelle bieten sie an, um Bürger in die Finanzierung von Wind- und Solarprojekten mit einzubeziehen? Dafür gibt es zum Beispiel bei der Umweltbank verschiedene Möglichkeiten. „Am einfachsten ist es, ein Konto zu eröffnen oder ein Sparprodukt zu erwerben. Diese Mittel werden dazu verwendet, die Fremdfinanzierung von Wind- und Solarprojekten sicher zu stellen. Dafür stehen wir mit unserer Umweltgarantie ein“, sagt Florian Schemmerer von der Umweltbank. „Zur Finanzierung einer geplanten Bürgerbeteiligung bieten wir eine Eigenkapital-Zwischenfinanzierung an, sodass der Bau des Windparks weiter voranschreiten kann, auch wenn das benötigte Eigenkapital noch nicht vollständig eingeworben wurde.“ Zudem ließen sich auch Crowdfunding- und andere Bürgerbeteiligungsmodelle in die Finanzierung mit einbeziehen. „So haben wir zum Beispiel mit dem Bürgerwindpark Schönberg den ersten Windpark finanziert, der unter den Vorgaben des in Mecklenburg-Vorpommern eingeführten Bürger- und Gemeinden-Beteiligungsgesetzes, BüGem genannt, errichtet wurde“, erklärt Florian Schemmerer. Die Umweltbank habe sehr gute Erfahrungen mit Windparks gemacht, die direkt von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort initiiert wurden. Meist sind diese dann auch Eigentümerinnen und Eigentümer der benötigten Flächen und vor Ort gut vernetzt. Bei der Umsetzung des Vorhabens würden sie in der Regel von einem erfahrenen Projektsteuerer oder einem Ingenieurbüro unterstützt. Auch kleinere Ärgernisse, wie etwa die Beschädigung von Wegen bei der Anlieferung der Windkraftanlagen, können dann schnell, quasi am Stammtisch, geklärt werden. In der Vergangenheit gab es zwar gelegentlich Projektierer, die lieber die Vorhaben ohne die Bürger vor Ort umsetzen wollten, weil sie dachten, das sei der schnellere Weg. Oft hat sich das jedoch als Fehleinschätzung herausgestellt, denn Proteste können am Ende deutlich mehr Zeit verstreichen lassen. Doch inzwischen ist eigentlich jedem Planer klar, dass die Bürger vor Ort wichtige Mitspieler sind. „Unsere Partnerinnen und Partner in der Windbranche haben die Vorteile einer Bürgerbeteiligung für sich erkannt und stehen dem Thema positiv gegenüber“, sagt auch Schemmerer. Tatsächlich ist es sogar so, dass die Menschen vor Ort durch das Ausschreibungsmodell stark aus der Energiewende herausgedrängt wurden. Vor Einführung der Ausschreibungen im EEG gab es mehr direkt von Bürgerinnen und Bürgern initiierte Windparks. Bürgerenergiegenossenschaften sind durch den Abschied von der Festpreisvergütung und durch erhöhte Risiken hinausgedrängt worden. Umso erfreulicher, wenn sie Beteiligungsangebote von Projektierern erhalten. „Dafür haben wir die Instrumente zur Beteiligung an Windparks deutlich ausgeweitet. So gab es etwa vor zehn Jahren noch kein Crowdfunding oder Bürger- und Gemeinden-Beteiligungsgesetz“, so Schemmerer.
Businesspläne optimieren
Auch Peer Günzel, Gesamtleiter Vertrieb Strukturierte Finanzierungen der DAL, sieht wachsende Herausforderungen bei der Finanzierung von Regenerativprojekten auf Planer zukommen. „Anlässe negativer Strompreise nehmen weiter zu“, so Günzel. Die Phasen, in denen es keine Vergütung gibt, seien eine besondere Herausforderung für die Erlössituation und für die Strukturierung der Finanzierung. „Hier wird sich der Markt regulieren müssen, und die Marktteilnehmer müssen sich in ihren Businessplänen auf die Situation einstellen und Vorsorge treffen“, ist sich Günzel sicher. Die DAL unterstützt Planer und Betreiber bei der Finanzierung von Projekten, indem sie ihr gesamtes Netzwerk, regional und überregional, zur Verfügung stellt. „Wir optimieren Finanzierungsstrukturen auf individuelle Gegebenheiten des Projektes“, so Günzel. Man komme gerne frühzeitig mit den Kunden ins Gespräch, um an bankfähigen Projekt- und Vertragsstrukturen mitzuarbeiten und Erfahrungen mit bestimmten schwierigen Themen einzubringen. Jüngstes Projekt mit der DAL sei der aktuell in Deutschland zu den größten kommunalen Windparks zählende Albertshof mit neun Vestas-Anlagen mit einer Nennleistung von 31,1 MW. „Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren unsere Kompetenz in Frankreich und den Niederlanden ausgebaut und sind hier im Solar- und Windsegment erfolgreich unterwegs“, so Günzel. Er empfiehlt Planern, langfristig zu planen und mit Hürden, aber auch mit gemeinsam lösbaren Problemen zu rechnen. Vorteilhaft sei für Planer die langjährige Asset- und Projektkompetenz der DAL, die dazu führe, dass man von den Kunden nicht als reiner Finanzierer, sondern als Gesprächspartner in fast allen Belangen rund um die Projekte wahrgenommen werde. „Unsere hohe Vernetzung innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe ist ebenfalls ein Vorteil. Wir genießen Glaubwürdigkeit, weil wir vor Ort sind“, so Günzel.
WPD: 70 Kooperationen
Viele kleine Planer haben nicht das Know-how und die finanziellen Mittel, ihre Projekte allein umzusetzen. Entsprechend schließen sie sich mit großen Regenerativexperten wie WPD zusammen. Die Bremer haben bereits über 70 Kooperationen in Deutschland umgesetzt. „Wir haben fast ausnahmslos positive Erfahrungen in unseren Kooperationen gemacht, mit denen wir zahlreiche Projekte umgesetzt haben“, sagt Vorstand Brösamle. Man lerne aus jedem neuen Projekt immer wieder dazu. Von dem Wissenszuwachs würden auch die Kooperationsprojekte profitieren, sodass anstehende Lernkurven abgekürzt werden können. „Zudem beschreiten wir gerne neue Pfade und stellen dabei immer wieder fest, dass nicht der eine Weg zur Genehmigung führt, sondern gemäß dem Spruch `Viele Wege führen nach Rom` unterschiedliche Herangehensweisen in einen gemeinsamen Erfolg münden“, so Brösamle. Insofern stelle WPD schon während der Kooperationsanbahnung fest, wo die Vorstellungen liegen. „Dass unser Ansatz zu passen scheint, zeigt, dass ein Großteil unserer Partner bereits seit vielen Jahren und in der Regel mit mehr als einem Projekt mit WPD zusammenarbeitet“, sagt der Vorstand. Auch Bürgerenergiegenossenschaften sind inzwischen gegenüber Kooperationen aufgeschlossen. In den vergangenen Jahren haben sich diverse Modelle der finanziellen Bürgerbeteiligung etabliert. „Inzwischen gibt es kaum noch Projekte, in denen Beteiligungsmodelle kein Thema wären. Und natürlich kommt es auch vor, dass Bürgergruppen sich an uns wenden, um ihren Windpark gemeinsam zu planen und umzusetzen. Wichtig ist uns jeweils, eine für alle Seiten passende, individuelle Lösung zu finden“, sagt Hartmut Brösamle.
Günstiger Ökostromtarif
Was das Thema Akzeptanz anbelangt, hat WPD immer wieder auch den vergünstigten Stromtarif für Anwohner propagiert. Das Modell ist inzwischen etabliert. „Der günstige Ökostromtarif ist ein Baustein in unserem für jedes Projekt individuell entwickelten Konzept“, so Brösamle. Im Gegensatz zur Investition in eine Windparkbeteiligung, etwa in Form eines festverzinslichen Produktes oder eines Bürgerwindrades, sei seitens der Bürger hier kein Kapital notwendig. Daher lasse sich dieses Instrument auch dann umsetzen, wenn das Interesse der Bürgerschaft an einer eigenen Investition in den Windpark gering ist. „Grundsätzlich beobachten wir gerade in frühen Projektphasen ein hohes Interesse an Ökostromtarifen.“ Ein Wechsel des Stromtarifes stelle für den privaten Verbraucher aber auch eine Hürde dar, die den Wechselanteil in neue Tarife immer beschränke. Das gelte auch für die durch WPD angebotenen Tarife. Unterm Strich muss man also sagen, dass die Aufgaben wachsen. Der Weiterbetrieb von Bestandsanlagen erweist sich als ebenso große Herausforderung wie die Planung neuer Projekte. Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass sich neue Wege auftun. Partnerschaften und Kooperationen werden geschlossen, während Finanzdienstleister immer stärker als Unterstützer auftreten, damit Projekte tatsächlich realisiert werden. Und auch die Anwohner erhalten immer bessere und vielfältigere Angebote, um sich an den Vorhaben zu beteiligen, sodass Proteste künftig abnehmen dürften. Bleibt die Hoffnung auf eine Bundespolitik, die sich endlich zu den erneuerbaren Energien bekennt und anfängt die größten Hürden abzubauen.
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