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„Muss das überhaupt reguliert werden?“

Zu den dezentralen Energiekonzepten mit Solar- und Windenergieanlagen gehören auch On-Site-PPAs. Über regulatorische Pflichten bei dezentralen Energiekonzepten sprechen wir mit Steffen Herz.

Warum unterscheidet man On-Site-PPA von Off-Site-PPA?

Steffen Herz: Als On-Site-PPA wird ein Stromliefervertrag bezeichnet, bei dem die Stromlieferung ohne Nutzung des Stromnetzes erfolgt. Sprich, dass etwa eine Wind- oder PV-Anlage dezentral zum Beispiel an einem Unternehmensstandort Strom erzeugt und der Strom vorrangig vor einer Netzeinspeisung vor Ort vom Unternehmen genutzt wird. Ein Off-Site-PPA ist ein Stromliefervertrag über das Stromnetz, der grundsätzlich eine Belieferung beliebiger Abnehmer erlaubt. Bei einem On-Site-PPA stellen sich insofern andere Fragen, insbesondere muss, wenn eine Lieferung behind the meter, also hinter dem Netzverknüpfungspunkt erfolgt, das Thema Netznutzung nicht adressiert werden.

Welche Bedeutung hat dem gegenüber Eigenverbrauch?

Steffen Herz: Ein On-Site-PPA und Eigenverbrauch sind zwei verschiedene Dinge. Beim Eigenverbrauch errichtet ein Industrieunternehmen selbst zum Beispiel eine PV-Anlage auf seinem Dach, betreibt sie und nutzt selbst die erzeugte Energie. Beim On-Site-PPA wird die PV-Anlage von einem Dritten errichtet und ein Stromliefervertrag zwischen zwei Parteien geschlossen. Erzeuger und Verbraucher sind nicht identisch.

On-Site-PPAs sind noch nicht so etabliert wie Eigenverbrauch, richtig?

Steffen Herz: Lange Jahre wurden eher Eigenversorgungskonzepte umgesetzt, was aber im Kern wohl daran lag, dass für eine Eigenversorgung eine geringere EEG-Umlage fällig wurde, was es wirtschaftlich attraktiver machte, Eigenversorgungskonzepte umzusetzen. Dadurch, dass die EEG-Umlage seit Juli vergangenen Jahres entfallen ist, gibt es diesen wirtschaftlichen Faktor nicht mehr. Einen Unterschied bei der finanziellen Belastung von Eigenversorgung und Lieferung gibt es allerdings noch bei der Stromsteuer, dies betrifft aber nur Anlagen größer zwei MW. Wohl unter anderem aus diesem wirtschaftlichen Grund erleben wir es auch gerade, dass On-Site-PPA-Projekte stärker nachgefragt werden als Eigenversorgungsprojekte, vermutlich auch, weil viele Unternehmen mit der Stromerzeugung eigentlich nicht so viel am Hut haben wollen und lieber beliefert werden, als Anlagen selbst zu projektieren und zu betreiben. Bei einem On-Site-PPA liegen die Risiken des Anlagenbetriebs schließlich beim Anlagenbetreiber beziehungsweise Lieferanten. Ein wichtiger Faktor ist aber sicherlich auch die extreme Preisvolatilität im vergangenen Jahr, die bei vielen Unternehmen Interesse an einer langfristigeren Absicherung von Strompreisen geweckt hat.

Sind denn die gesetzlichen Grundlagen so, dass sich dieser Bereich gut entwickeln kann?

Steffen Herz: Ein Stromliefervertrag ist am Ende des Tages ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen zwei privaten Parteien. Deswegen kann man gerade bei On-Site-PPAs, die außerhalb des öffentlichen Stromnetzes spielen, eher die Frage stellen: Muss das überhaupt reguliert sein? Braucht man dafür viele gesetzlich Vorgaben? Meiner Meinung nach eher nicht, weil der Markt hier das Aushandeln eines für beide Seiten angemessenen Vertrags auf Augenhöhe ermöglicht. Allerdings ist es so, dass das Energiewirtschaftsgesetz für Stromlieferverträge eine Reihe gesetzlicher Vorgaben trifft. Diese zielen zwar eher auf Stromlieferungen über das Netz im Massengeschäft, müssen aber auch bei On-Site-PPAs beachtet werden. Für On-Site-PPAs wäre insofern weniger wohl mehr. Die teilweise recht detaillierten Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes, die im Wesentlichen dem Verbraucherschutz dienen sollen, sind hier eher nicht hilfreich, zumal On-Site-PPAs eigentlich immer zwischen Unternehmen abgeschlossen werden.

Also eine Überregulierung… Gibt es eine Diskussion darüber das zu ändern?

Steffen Herz: Ja. Die gibt es. Aber die Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz haben letztlich einen europarechtlichen Hintergrund. Insofern wäre es schon ein dickes Brett zu bohren, wenn man das ändern wollte. Regulatorisch gibt es auch noch ein weiteres wichtiges Thema: Das EEG enthält mit § 21 b Absatz 4 eine Regelung, die Vorgaben für die Belieferung Dritter aus EEG-Anlagen trifft. Dort ist vorgesehen, dass Erzeugung und Verbrauch in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander erfolgen müssen. Die Regelung wird verschiedentlich so verstanden, dass, wenn diese unmittelbare räumliche Nähe nicht vorliegt, zum Beispiel bei einer Lieferung über mehrere Kilometer, auf die Stromlieferung die Regelungen zur Direktvermarktung nach dem EEG Anwendung finden. Dies hätte die Konsequenz, dass, wenn zum Beispiel ein Windparkbetreiber einen in einiger Entfernung gelegenen Elektrolyseur direkt mit Strom beliefern will und gleichzeitig für den nicht von diesem genutzten Strom eine Förderung nach dem EEG in Anspruch nehmen möchte, er vorab festlegen muss, welcher prozentuale Anteil der Stromerzeugung an den Elektrolyseur geht und welcher in das Stromnetz eingespeist wird. Dieser prozentuale Anteil ist dann jederzeit einzuhalten, da ansonsten eine erhebliche Sanktionierung droht. Diese Vorgabe zu erfüllen ist aber technisch schwer möglich und meines Erachtens auch energiewirtschaftlich nicht sinnvoll, gerade weil bei einem Elektrolyseur ein dargebotsabhängiger Betrieb das sinnvolle Betriebskonzept ist. Diese Rechtsunsicherheit beziehungsweise die hiermit verbundenen rechtlichen Risiken verhindern nach meiner Wahrnehmung gerade eine Reihe sinnvoller Projekte. Hier wäre eine Gesetzesänderung dringend nötig.

Steffen Herz,
Rechtsanwalt, Kanzlei von Bredow Valentin Herz

Foto: malm_stock.adobe.com

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