Bis April 2017 wurde der selbst verbrauchte Strom von Erneuerbare-Energien-Anlagen-Betreibern als stromsteuerbefreit behandelt. Noch nicht einmal eines Antrages bedurfte es dafür. Infolge einer Rechtsprechungsänderung sahen die Hauptzollämter, den Anwendungsbereich der betreffenden Befreiungsvorschrift für grüne Netze sodann nicht länger als gegeben an. Zwar bestand die Möglichkeit, aufgrund anderer Befreiungsvorschriften weiterhin die Stromsteuerfreiheit in Anspruch zu nehmen, die hätte entweder damals gleich beantragt oder nachträglich – maximal zwei Jahre zurück –als Entlastung beantragt werden müssen. Das war vielen Betreibern nicht bewusst.
Konzertierte Aktion der Hauptzollämter im Herbst 2021
Im Herbst 2021 schrieben die Hauptzollämter im großen Umfang insbesondere Biomassenanlagenbetreiber an, die keine Befreiungsanträge gestellt und weder Steuererklärungen noch Entlastungsanträge seit 2017 abgegeben hatten. Die Hauptzollämter glichen ihre Daten mit denen des Marktstammdatenregister zu diesem Zwecke ab. Biomassenanlagen haben regelmäßig einen erheblichen eigenen Verbrauch. Bei einer Zwei-MW-Anlage fielen danach Stromsteuern in Höhe von bis zu 50.000 Euro an. Ende 2021 konnte zwar noch der Entlastungsantrag für 2020 und 2021 gestellt werden, wegen Fristablauf nicht jedoch für die Jahre 2017 bis 2019. Die nunmehr erstmals angemeldeten Stromsteuern für diese Jahre wurden final. Das dachte man wenigstens.
Aktuelle Entwicklung
Der Zoll hat am 30. November 2022 dargelegt, wie er eine im Sommer ergangene Bundesfinanzhof-Entscheidung umzusetzen gedenkt, mit dem der Bundesfinanzhof die Ausschlussfristen wegen Verstoßes gegen EU-Recht zumindest für den sog. Kraftwerksverbrauch als irrelevant einstufte und auch die Festsetzungsverjährung im konkreten Fall mangels Kenntnis der Steuerpflichten von der Stromsteuerpflicht als noch nicht eingetreten erachtete.
Ausweislich der Veröffentlichung knüpft der Zoll für den Zeitpunkt, ab dem die einjährigen Festsetzungsfrist zu laufen beginnt, zukünftig an das Ende des Kalenderjahres an, in dem erstmalig Strommengen als steuerpflichtig durch den Steuerpflichtigen behandelt wurden. Für die Biomasseanlagenbetreiber, die im Herbst 2021 vom Schreiben ihres Hauptzollamts überrascht wurden, bedeutet dies nach Einschätzung von Michael Stopper, Rechtsanwalt bei Sterr-Kölln & Partner, dass infolgedessen die Abgabe der ersten Steueranmeldung diesen Zeitpunkt markiert. Dr. Stopper empfiehlt, das sich geöffnete zeitliche Fenster jetzt schnell zu nutzen. Wenn noch nicht geschehen, müssen die betreffenden entlastungsfähigen Strommengen noch ermittelt und umfangreiche Dokumentationen erstellt werden. (nw)