Im Jahr 2020 hatte die Photovoltaik einen Anteil von rund 10,4 Prozent an der Nettostromerzeugung in Deutschland. Diese hohe Einspeiseleistung erfordert zuverlässige Lösungen an der Schnittstelle von elektrischer Anlage und Verteilungsnetz, um die in Deutschland – und über das Verbundnetz in Europa – übliche Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dazu gehört auch eine stabile Netzfrequenz von etwa 50 Hertz, die aus einem Gleichgewicht von Energienachfrage und Energieangebot resultiert. Leichte Frequenzschwankungen im Bereich sind üblich und werden von den Netzbetreibern beherrscht. Problematisch sind allerdings starke Unter- und Überschreitungen jenseits von 49,8 beziehungsweise 50,2 Hertz. Hatten früher die verhältnismäßig wenigen PV-Anlagen noch einen geringen Einfluss auf das elektrische Versorgungssystem, sieht dies heute anders aus. Die gleichzeitige Abschaltung vieler PV-Erzeuger könnte zum großräumigen Ausfall des Stromnetzes führen.
Um eine für ganz Europa einheitliche Anforderung zu erarbeiten, wurde der Network Code „Requirements for Generators“ verfasst. Der Network Code beschreibt die Netzanschlussbedingungen für Stromerzeuger in allen Spannungsebenen – und musste bis zum 27. April 2019 auf Länderebene umgesetzt werden. Daraus hat die Deutsche Kommission Elektrotechnik eine neue Richtlinie erstellt und 2018 die in Fachgremien erarbeiteten VDE-AR-N 41xx Regelwerke in Kraft gesetzt. Die aktuellen Anwendungsregeln VDE-AR-N 4105:2018-11 „Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz – Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ und VDE-AR-N 4110:2018-11 „Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz – Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz“ beschreiben die Vorgaben für den Netzanschluss einer dezentralen Energieerzeugungsanlage wie etwa einer Photovoltaikanlage, welche in Deutschland an das öffentliche Netz angeschlossen werden soll.
Festgelegt ist dort unter anderem eine frequenzabhängige Wirkleistungssteuerung, um die Systemstabilität bei Überfrequenz zu gewährleisten, ebenso wie die Wiederzuschaltverfahren.
Ergänzend zu den Regelstrategien enthält die VDE-AR-N 4105:2018-11 für alle Neuanlagen zudem Anforderungen an eine Inselnetzerkennung, eine Abrechnungsmessung, an den Nachweis der elektrischen Eigenschaften sowie an den Kuppelschalter beziehungsweise an die Schutzeinrichtungen für den Kuppelschalter. So müssen ein Ausfall der Hilfsspannung am zentralen Netz- und Anlagenschutz (der sogenannte NA-Schutz) zum unverzögerten Auslösen des Kuppelschalters führen, die Schutzfunktionen auch bei einem Fehler der Anlagensteuerung erhalten bleiben und die Einfehlersicherheit gewährleistet sein. Ddas heißt: Der NA-Schutz und Kuppelschalter müssen redundant ausgeführt sein. Der NA-Schutz ist dabei im Gerät intern redundant ausgeführt.
Netz- und Anlagenschutz
Die Anwendungsregel VDE-AR-N 4105:2018-11 brachte viele Betreiber von Erzeugungsanlagen in Zugzwang. Die Regel, die für alle dezentralen Energieerzeugungsanlagen am Niederspannungs- und Mittelspannungsnetz gilt, schreibt eine frequenzabhängige Wirkleistungssteuerung vor, um insbesondere die Systemstabilität im Fall von Über- und Unterfrequenz sicherzustellen. Ziel ist ein sicherer Netz- und Systembetrieb mit hoher Versorgungsqualität.
Um sicherzustellen, dass die Forderungen der VDE-AR-N 4105:2018-11 durch den NA-Schutz eingehalten werden, bietet ABB Betreibern von dezentralen Energieerzeugungsanlagen das Netzeinspeiseüberwachungsrelais CM-UFD.M31 sowie passende Kuppelschalter wie Schütze und Leistungsschalter. Speziell für den Einsatz in dezentralen Energieerzeugungsanlagen entwickelt, erkennt das Relais Über- und Unterspannung sowie Veränderungen der Netzfrequenz. Sobald sich die Messwerte außerhalb des Bereichs der eingestellten Schwellwerte befinden, etwa bei instabilem Netz, bei Fehlern oder Wartungen am Netz, löst das CM-UFD.M31 die Kuppelschalter aus. Dadurch wird die Anlage vom öffentlichen Netz getrennt.
Überwachungsfunktionen
Das multifunktionale Netzeinspeiseüberwachungsrelais übernimmt verschiedene Überwachungsfunktionen gemäß der Anwendungsregel VDE AR-N 4105:2018-11 für den Netz- und Anlagenschutz dezentraler Erzeugungsanlagen. Für die VDE AR-N 4110:2018-11 hat das CM-UFD.M31 einen sogenannten untergeordneten Entkupplungsschutz. Es kann in allen Niederspannungs- und Mittelspannungsnetzen verwendet werden und ist werksseitig bereits auf die Standardwerte gemäß der Anwendungsregel eingestellt.
Das CM-UFD.M31 überwacht die Spannung und Frequenz in ein- oder dreiphasigen Netzen. In Verbindung mit Wechselrichtern, die über eine integrierte Inselnetzerkennung verfügen, erfüllt es die Anforderungen für den Netz- und Anlagenschutz gemäß VDE-Anwendungsregel 4105 für die Nieder- und gemäß VDE-Anwendungsregel 4110 für die Mittelspannung.